Das Erbe in den Highlands
Genevieve legte ihm die Arme um den Hals und drückte ihr Gesicht in sein Haar.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Wegen letzter Nacht.«
Er wich zurück, um sie ansehen zu können. »So gut wir uns auch kennen, es hat uns nicht darauf vorbereitet, Liebende zu sein, nicht wahr?«
Sie schüttelte bedächtig den Kopf.
»Dann werden wir uns auch darum kümmern.« Sanft drückte er ihr die Lippen auf die Stirn. »Lass mich erst mein Schlachtross versorgen, danach komme ich zu dir hinein.«
»Ich komme mit«, bot sie an.
Ein schiefes Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Du hast mich also heute Morgen vermisst?«
»Sehr sogar.«
Mit einem Kniedruck wendete er das Pferd und schnalzte mit der Zunge. Genevieve schlang die Arme um Kendricks Hals und klammerte sich fest.
»Wir werden nicht galoppieren, Liebste.«
»Nein, aber wir sind sehr weit vom Boden entfernt.«
»Und ich dachte, du wolltest mich nur davon abhalten, zu fliehen.«
»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du viel angelst, Kendrick?«
»Angeln?«
»Nach Komplimenten.«
»Das tue ich nicht.«
»Doch, das machst du. Die ganze Zeit. Geize ich so damit?« Sie blickte ihm in die blassgrünen Augen und stöhnte. »Nein, fang nicht wieder an zu schmollen. Ich mache dir mehr Komplimente, als gut für dich ist. Du kannst dich nicht beklagen.«
»Ein Ritter kann nie zu viele Komplimente von seiner Herzensdame bekommen«, sagte er ernst.
Als sie den Stall erreichten, saß er ab, streckte ihr die Arme entgegen und hielt inne. Er hob den Saum ihres Kleides an, wurde ihrer Pantoffeln ansichtig und grinste.
»Meine Ehefrau, die Modepuppe.«
Seine Ehefrau. Vielleicht wurde es ihr allmählich bewusst,
oder es lag daran, dass er seine unbequeme Rüstung angezogen hatte, damit sie sich wie eine Jungfrau in Nöten fühlte, oder an seinem Grübchen, das ihr so spitzbübisch zugewandt war. Aus welchem Grund auch immer, sein Ausdruck klang himmlisch, und sie konnte gar nicht aufhören zu lächeln.
»Ich hatte es eilig.«
Er zog an einem ihrer Zehen. »Um jemanden zu sehen, den ich kenne?«
»Du angelst schon wieder.«
»Ich kann nicht anders.« Er hob sie vom Pferd. »Bleib auf diesem Heuballen sitzen und und bewundere meine edle Gestalt, während ich mein Schlachtross versorge. Und halt die Füße hoch. Du möchtest doch nicht, dass deine Häschen nass werden.«
Genevieve lehnte sich an die Boxentür und fühlte sich um viele hundert Jahre in der Zeit zurückversetzt. Um sie herum war die Luft erfüllt vom Klirren der Kettenglieder und dem Knirschen des Leders, vom leisen Schnauben und Stampfen der Pferde und Kendricks tiefem Geflüster, während er auf Französisch mit seinem Pferd sprach. Die erste Sprache ihres Mannes war normannisches Französisch; wie erstaunlich! Das weckte in ihr den Wunsch, dass die Grenzen der Zeit lange genug durchlässig wären, damit sie mit ihm in seine Welt zurück entfliehen könnte. Wie wäre es gewesen, Kendrick tatsächlich als ihren Ritter zu haben? Zu wissen, dass ihre Sicherheit, ja sogar ihr Leben von seinen Fähigkeiten abhing?
Und wie wäre es gewesen, mit ihm nach Artane zu reiten und seine Familie kennenzulernen? Hätten seine Eltern sie überhaupt gemocht, oder hätten sie sich gewünscht, Kendrick hätte eine andere gewählt? Sie war fast versucht, ihn zu bitten, sie trotzdem dort hinzubringen, damit sie sehen konnte, wo er aufgewachsen war. Doch leider würde die Burg vermutlich kaum mehr so aussehen wie im Mittelalter. Für ihn könnten die Veränderungen schmerzlich sein.
»Genevieve?«
Sie blickte auf und schnappte nach Luft. Was nichts damit zu tun hatte, dass ihr sein gutes Aussehen oder sein gut gebauter Körper fremd waren. Das waren sie nicht. Ebenso war sie vertraut mit seinem verführerischen Lächeln, bei dem ihr die Knie weich wurden. Nein, ihre plötzliche Atemlosigkeit hatte mit all dem nichts zu tun. Oder gerade.
Dieser Mann gehörte ihr.
Und er wollte um sie werben.
Zielstrebig kam er auf sie zu, hob sie auf seine Arme und runzelte in gespieltem Ernst die Brauen.
»Ich habe Hunger, Weib.«
Sie legte die Arme um seinen Hals. »Nun? Und was wirst du uns zum Essen jagen?«
»Ich werde ein paar Steaks aus dem Tiefkühlschrank erlegen.«
»Du bist so tapfer.«
»Ah, ein Kompliment«, sagte er und klang überaus erfreut. »Davon hätte ich gern noch mehr. Vielleicht, während ich dabei bin, mir den Kühlschrank mit meinem Schwert gefügig zu machen. Mein Heldenmut in der Schlacht wurde
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