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Das Erbstueck

Das Erbstueck

Titel: Das Erbstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B Ragde
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leicht.
    »Das alles haben wir studiert, mein Sohn. Hier in diesem Zimmer. Du und ich.«
    Mogens konnte nur nicken und dabei lächeln.
    Der Vater gab Mogens seine eigene braune Ledertasche und legte Bücher und Schreibausrüstung zu dem Brief. Das alles verstaute er langsam in der Tasche. Die hundert Kronen verschwanden in einem ledernen Geldbeutel.
    »Ich verlasse mich darauf, dass du das restliche Geld sinnvoll anwendest, da du es doch deiner seligen Mutter verdankst«, sagte der Vater. »Für Kost und Logis ist die Schule zuständig.«

    Elise weinte wieder. Diesmal um Mogens.
    »Wann kommst du zurück?«, fragte Frode.
    »Sicher im Sommer«, antwortete Mogens und schaute in eine andere Richtung.

    An einem Morgen Anfang Februar nahm er Abschied von seinem Vater. Dessen Hand war feucht und stark. Mogens starrte den grau gesprenkelten Bart an.
    Suche deine Ehre nicht in deines Vaters Schande, denn deines Vaters Schande gereichet dir nicht zur Ehre.
    »Ich schreibe bald«, flüsterte er. Das war nicht gelogen. Er würde schreiben, damit der Vater sich keine Sorgen um ihn zu machen brauchte. Das zu allem anderen hätte er wirklich nicht verdient.
    »Geh mit Gott, mein Sohn.«

    Er sollte zuerst vom Postwagen mitgenommen werden. Elise und Frode brachten ihn zur Posthalterei. Elise hatte ihm ein Bündel mit Proviant zurechtgemacht. Die tief stehende Sonne schien. Das Licht bohrte sich schmerzhaft in seine Augen. Er wäre lieber nachts gereist. Das Meer wogte wie immer. Frode blieb verlegen vorn bei den Pferden stehen, bis der Wagen sich in Bewegung setzte, dann trat er zurück und winkte erwachsen und steif. Und das war das Letzte, was Mogens sah: Frode Nicolais winkenden Arm im Friesärmel, der bis zum Ellbogen hochgeglitten war.

    In Villebro stieg er vom Wagen, zitternd vor Kälte, am ganzen Leib wie gerädert. Er erkundigte sich beim Postmeister. Drei Stunden darauf saß er auf einem anderen Wagen, vor den andere Pferde gespannt waren.
    Unterwegs nach Kopenhagen.

Teil V
    O sprich noch einmal, holder Engel! Denn über
meinem Haupt erscheinst du in der Nacht so glorreich
wie ein Flügelbote des Himmels!
    W. Shakespeare, Romeo und Julia

M alie war eingehüllt in Fischgestank. Sein Atem stank nach Fisch, sein struppiger, zottiger Schnurrbart, seine Fingerknöchel, die er tief ins Kissen bohrte; die Haare, der Schweiß, seine Kleidung und der Teil des Oberkörpers, den er von der Kleidung befreit hatte, um sich besser an ihr reiben zu können. Sie klammerte sich am Bettende an, um nicht gegen das Holz zu schlagen. Er schob sie immer die Matratze hoch, bis sie ihren Kopf scharf zur Seite knicken musste. Seine Gürtelschnalle schlug gegen das Holz. In Gedanken sang sie, während sie den Rhythmus seiner Stöße auszählte, um festzustellen, wie weit er schon gekommen war: Fünf Freunde an den Händen beide, wer die nicht kennt, der tät mir Leide, der erste wird der Daumen genannt, der schüttelt die Pflaumen im ganzen Land ... fünf Freunde an den Händen beide, wer die nicht kennt...

    Haut. Zwischendurch legte sie im Spruch über die fünf Finger eine Pause ein und vertiefte sich nur noch in den Gedanken an Haut. Die Haut in ihrem Gesicht und die zwischen ihren Beinen gehörte allerdings ihm. Es war eine Haut, die sie nicht freiwillig berührte, aber dennoch ... es gab im Alltag viel zu wenig davon. Gesicht und Hände. Im Sommer Fesseln, Ellbogen und Unterarme, wenn die Frauen am Mühlbach die Decken ausspülten. Aber das alles war Haut, die oft der Luft begegnete, und die von Sonne
und Wind angegriffen wurde und durch die Entblößung Falten und Flecken bekam.
    Die andere dagegen, die weiß schimmernde mit Farben wie das Perlmutt in den Muscheln. So schön an einem erwachsenen Mann wie an einem neugeborenen Kind. Sogar er hatte diese Art Haut oben an den Oberschenkeln, bis hinauf zu den Lenden, und unter den Armen, unmittelbar vor der struppigen und ungastlich zustechenden Haarbürste. Solche Haut ist das Schönste auf der Welt, dachte sie kindlich dramatisch, ja, es kam sogar vor, dass sie es laut flüsterte, ohne dass er reagierte. Er hatte gewöhnlicherweise einen ganzen Bembel Schnaps im Bauch, wenn er in sie losstieß und sie ihren Kopf vor dem Bettgestell schützen musste. Solche Haut hat noch nie die Sonne gesehen und hofft doch, dass die sie eines Tages wärmen wird ...
    Ihr eigener dreizehn Jahre alter Körper war fast ganz von solcher Haut bedeckt, und sie streichelte sie gern und oft. Aber sie wollte sie

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