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Das Erbstueck

Das Erbstueck

Titel: Das Erbstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B Ragde
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und sich
planlos an den Schuppen zu schaffen machte, durfte er zu ihr kommen. Ihr Widerstand saß nur im Mundwerk, und auch dort nicht so sehr, wenn er erst mit ihr in Gang gekommen war. Dieser arme Knabe aus Kopenhagen, unverheiratet und sicher nur selten in der Lage, den frischen Schweiß aus der weichen Achselhöhle einer Frau zu schnuppern. Aber das mit der Konfirmation wollte er doch noch genauer wissen. Komischer Vogel.
    »Vielleicht ... auch vom ganzen ... Werk? Von hier ... oben aus?«, schlug Sivert atemlos vor, umklammerte seine lauwarme Pfeife und versuchte, mit dem Städter Schritt zu halten.
    Der Däne fuhr herum, knöpfte seinen Mantel auf und zog ihn über den Kopf, als Schutz für den Skizzenblock.
    »Ja! Das ist eine hervorragende Idee. Großartig. Danke, Sivert. Hältst du mal das Federmäppchen, damit ich eine rasche Skizze machen kann?«

    Mogens wollte nicht zu viel an seine Heimkehr denken, an die Fabrik, an den Moment, in dem Energie und Ideen vielleicht verpuffen würden. Oder ... niemand könnte ihn doch daran hindern, auf eigene Faust zu malen? Seit achtzehn Jahren arbeitete er pflichtbewusst an seinen Muschelmustern. Wenn er sich jetzt für sein erspartes Geld unbemalte Teller kaufte oder Teller zweiter Wahl nahm, dann müssten sie ihn die doch brennen lassen. Und danach sofort entdecken, was diese Serie für eine hervorragende Idee war?
    Der alte Mann drückte im strömenden Regen das Federmäppchen an sich. Er hielt es in den Händen wie ein neugeborenes Kind, zusammen mit seiner erloschenen Pfeife. Mogens wusste, dass der Alte seine Feder nicht aus den Augen ließ. Die Feder auf dem Papier.
    »Das wird sicher gut«, sagte Mogens mit der Zungenspitze im Mundwinkel.
    »Ja, schöner Teller, das da. Man kriegt ja vom bloßen Anblick schon einen Wahnsinnshunger«, meinte Sivert.

M alie überzeugte sich zweimal davon, dass sie die Tür abgeschlossen hatte, nachdem der Mann gegangen war, dann füllte sie die Waschschüssel mit Wasser, stellte sie auf den Boden und ging darüber in die Hocke. Sie feuchtete den Schwamm an, tunkte ihn in Essig und schob ihn in sich hinein. Das wahnwitzige Brennen ließ sie wie ein Kaninchen durch das Zimmer hüpfen und mit dem Unterleib seltsame Bewegungen durchführen, während sie laut und langsam zählte und allerlei Kraftausdrücke unter die Zahlen mischte.
    Bei fünfundzwanzig riss sie den Schwamm heraus und wusch sich gründlich mit Seife. Er hatte nicht gerade Fanfaren erschallen lassen, aber man wusste ja nie. Oder hatte er nicht doch ... als sie in der Nacht zuvor auf das Zimmer gekommen waren? Sie konnte sich nicht erinnern.
    Tutt konnte jeden Moment hereinkommen. Mit den Zeitungen. Die Götter mochten wissen, wo Tutt in dieser Nacht geblieben war. Ab und zu durfte eine von ihnen das Zimmer für sich haben. Die andere saß derweil in einem Nachtcafé, wanderte durch die Straßen oder suchte sich einen eigenen Unterschlupf. Normalerweise teilten sie das breite Bett, so, wie sie Erfolge und Enttäuschungen teilten, Roggenbrot, Wurst und Wein, Puder, Gürtel und Ohrringe. Und ab und zu auch Liebhaber.

    In einer Ecke piepste etwas.
    »VERDAMMT!«
    Das hatte sie vergessen. Aber was war das auch für ein Einfall – ihr ein Kätzchen zu kaufen. Indigoblaue Seidenschleife um den Hals hin oder her. Was um Himmels willen sollte sie denn mit einer Katze? Das Tier lag auf einem Haufen schmutziger Wäsche und kniff die Augen zu. Es war nicht größer als eine Handfläche. Sie holte ein Stückchen Wurst und warf es ihm zu, und nach weiterem Nachdenken stellte sie noch ein Schälchen Wasser dazu. Sie mochte das Kätzchen nicht streicheln, es würde sie ja wohl doch nur beißen. Sollte Tutt sich darum kümmern. Und wenn sie die Schleife sorgfältig aufbewahrten, könnten sie die Katze selber irgendwann als Geschenk verwenden. Aber warum kam Tutt nicht? Vermutlich war sie beleidigt. So wie Malie das auch war, in den Nächten, in denen sie Tutt das Zimmer überließ. Sie wollten ja auch nicht mit Dirnen verwechselt werden, wenn sie sich nachts auf den Straßen herumtrieben.
    Obwohl eigentlich ... Malie hatte schon einige Male mit dem Gedanken gespielt. Wenn sie sich einen großen, dunklen und feschen Freier aussuchen dürfte, und wenn der für den Spaß bezahlte, und wenn es auch für sie wirklich einer wäre, warum dann nicht? Was sie zurückhielt, war die Möglichkeit, dass er sie vom Theater her erkennen könnte. Und das ginge nicht. Nein, das wäre ganz einfach

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