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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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nicht auf Mum gehört und längst einen Tanzkurs belegt hatte. Im Gegensatz zu Henry, der mich mit seiner Fähigkeit, Wiener Walzer zu tanzen, ziemlich überraschte. Nicht, dass es ihm bei mir besonders viel half. Meine Tanzfähigkeiten beschränkten sich leider auf das, was Mum, Lottie und Youtube mir beigebracht hatten, überdies musste ich die ganze Zeit »eins, zwei, drei«, vor mich hin murmeln, um nicht aus dem Takt zu kommen, was wiederum der Kommunikation nicht besonders zuträglich war. Zugegeben, an der Stelle hätte Cinderella vermutlich eher gepunktet, die konnte von Natur aus tanzen.
    Ich war ganz froh, als Henry vorschlug, die Zeit bis zur »richtigen Musik« zu überbrücken, indem wir etwas vom vielgepriesenen Buffet zu uns nahmen, das im Vorraum aufgebaut war. Dort trafen wir auch Jasper wieder, der es irgendwie geschafft hatte, beschwipst zu werden, obwohl es überhaupt keine alkoholischen Getränke gab.
    Ich hatte mir gerade eine Blätterteigstange genommen, als Henry plötzlich neben mich trat, mir die Stange aus der Hand nahm und meinen Arm packte. »He«, beschwerte ich mich. »Tanzen macht mich immer hungrig.«
    »Mich auch«, murmelte er und zerrte mich hinter eine der Säulen, die den Vorraum vom Eingangsbereich abtrennten. Er legte mir die Hände auf die Schultern, zog mich zu sich und sah mir in die Augen. »Weißt du eigentlich, wie verdammt schön du bist, Liv Silber?«, fragte er und fing an, zuerst meinen Mund und dann meinen Hals mit kleinen Küssen zu bedecken. Schlagartig hatte sich mein Appetit auf Essen gelegt. Wer hätte denn ahnen können, dass Küsse eine derart erstaunliche Wirkung …
    Ich schmolz förmlich in seine Arme. Keine Ahnung, wie er das anstellte, aber wenn er mich küsste, war mir alles andere egal. Meine Hand glitt in seinen Nacken. Ich konnte die Wärme seiner Haut spüren. »Vielleicht sollten wir die Sache mit dem Dämon und seinem blöden jungfräulichen Blut heute ein für alle Mal ad acta legen«, murmelte ich.
    »Du meinst, damit du nicht wie deine Tante Gertrude endest?« Henry rückte einen Moment von mir ab, bevor er mich noch enger an sich zog und wieder küsste, diesmal deutlich heftiger. »Gleich hier und jetzt?«, erkundigte er sich dann.
    Ich schaffte es nicht mehr zu antworten, weil in diesem Augenblick Grayson um die Säule herumkam. »Ach, hier seid ihr«, sagte er und musterte uns stirnrunzelnd, während ich hastig einen Schritt zurücktrat und hoffte, dass meine Haare nicht so zu Berge standen wie Henrys.
    »Ich suche euch schon überall. Henry, Jasper ist da drinnen kurz davor, sich mit Nathan anzulegen. Er hat ihn gerade schon kleine Knackwurst genannt. Du musst mir helfen, ihn ein bisschen auszunüchtern.«
    »Diese blöde Knackwurst.« Widerstrebend ließ Henry mich los. »Ist das okay, wenn ich dich mal kurz allein lasse, Liv?«
    »Ich wollte sowieso gerade mal … ähm … auf die Toilette«, sagte ich verlegen.
    »Ja«, sagte Grayson, und ich konnte nicht umhin, den missbilligenden Ton in seiner Stimme zu registrieren. »Ein bisschen kaltes Wasser könnte dir sicher auch nicht schaden.«
    Was fiel ihm ein? Hatte er nicht neulich auf Arthurs Party noch viel heftiger rumgeknutscht? Da hatte ich ja auch nichts gesagt. Ich bedachte ihn mit einem kühlen Blick, raffte meine Röcke zusammen und rauschte möglichst würdevoll davon.
    Im Mädchenklo musste ich beim Blick in den Spiegel über dem Waschbecken allerdings feststellen, dass Grayson recht hatte: Ich sah wirklich so aus, als könnte ich eine Ladung kaltes Wasser im Gesicht gebrauchen. Vom Lipgloss keine Spur mehr, dafür waren die Wangen unnatürlich rot. Ich hätte mich gern ein bisschen abgepudert, aber Puder hatte nicht mehr in die Tasche gepasst. Es war wirklich ein winzig kleines Abendtäschchen: Lipgloss, Taschentuch, Pfefferminzdrops, zwei Zehn-Pfund-Noten und der Hausschlüssel hatten gerade so reingepasst. Und ich hatte gar nicht erst versucht, auch noch mein klobiges Handy einzupacken. Hinter mir klappte eine Klotür ins Schloss, und Emilys Gesicht tauchte über meiner Schulter im Spiegel auf.
    »Hi«, sagte ich und rang mir ein Lächeln ab. Ich mochte sie nicht besonders, und möglicherweise war sie ja auch Secrecy, das boshafteste Wesen unter der Sonne, aber sie war immerhin die Freundin meines zukünftigen Stiefbruders, also musste ich mir wenigstens Mühe geben.
    »Ach, hier bist du, Liv«, sagte sie, schien aber nicht besonders erfreut. Sie trug ein schlichtes schwarzes

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