Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Waschbecken, sowie Dusche und Badewanne ausgestattet war, plädierte Florence für die Aufstellung eines Bad-Plans, damit es nicht zu morgendlichen Engpässen käme, wie sie sich ausdrückte. Da es im Haus genügend Toiletten gab und Lottie unterm Dach über ein eigenes Badezimmer verfügte, machte ich mir um Engpässe keine Sorgen. Sorgen hatte ich nämlich wirklich schon genug. Mal abgesehen davon, dass ich heute Abend zum ersten Mal in meinem Leben einen Dämon beschwören würde, meine ich.
    Mum hatte ich erzählt, dass Grayson und ein paar Freunde einen Spiele-Abend veranstalteten und mich dazu eingeladen hatten. Das war ja gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, und solange Mum mich nicht nach der Art des Spiels fragte (»Ach, so eins mit Dämonen und Blut und so«), musste ich nicht mal lügen. Mum hatte natürlich keine Sekunde gezögert, mir die Erlaubnis zu erteilen. Sie wurde nicht müde zu wiederholen, wie wunderbar es doch war, dass meine Mauerblümchen-Ära nun zu Ende sei.
    Die Woche war unglaublich schnell vergangen. Gleich am Dienstag hatte der Tittle-Tattle-Blog ganz groß berichtet, dass ich mit Henry zum Ball gehen würde. »Was hat sie, was andere nicht haben? Ist Henry Harper tatsächlich ihrem Charme erlegen, oder wurde er von Grayson genötigt?« Davon, dass Sam mich vorher gefragt hatte, war keine Rede gewesen. Ein weiterer Grund, Emily zu verdächtigen, hinter Secrecy zu stecken. Denn natürlich würde sie nichts schreiben, das ihren Bruder in einem schlechten Licht erscheinen ließ.
    Dass die Neuigkeit nun in aller Öffentlichkeit breitgetreten wurde, war das eine, fast schwerer wog allerdings der Umstand, dass Florence Mum von der Sache erzählt hatte. Und die hatte sich erwartungsgemäß vor Freude nicht mehr eingekriegt und sich von ihr sofort zwei Adressen für Läden geben lassen, die angeblich hinreißend schöne Ballkleider verkauften. Jetzt hatte ich ein doppeltes Problem: Donnerstagnachmittag war es Mum nämlich gelungen, mich in einen dieser Läden zu zerren, und richtig: die Ballkleider waren wirklich hinreißend. Vor allem, wenn man auf die Preisschilder sah. Aber Mum hatte Tränen der Rührung vergossen, als ich in einem rauchblauen Tüllmonster vor ihr stand, und ich brachte es nicht über mich, ihr zu erklären, dass das mit dem Ball ein Fake war, weil Henry mich doch nur vor Pickel-Sam hatte retten wollen. Tja, und jetzt wusste ich nicht, wie ich Henry erklären sollte, dass meine Mum ein dreihundert Pfund teures Ballkleid für mich erworben hatte … Ich hatte ja selber keine Ahnung, wie das hatte passieren können.
    Wie ich überhaupt noch Geheimnisse würde haben können, solange ich mit Grayson und Petze Florence unter einem Dach lebte und die Informationen ungebremst in beide Richtungen fließen konnten, war mir ebenfalls ein Rätsel.
    Aber es war durchaus auch Gutes passiert in dieser Woche: Ich hatte mich im West-Hampstead-White-Crane-Kung-Fu-Club angemeldet und für eine Fortgeschrittenen-Klasse eingetragen. Die erste Trainingsstunde gestern hatte großen Spaß gemacht, der Lehrer, Mr Arden, war zwar nicht so gut wie Mr Wu, aber dafür ging er verschwenderischer mit Lob um und nervte nicht mit chinesischen Sprichwörtern. Und er legte mehr Wert auf den Aspekt der Selbstverteidigung als auf die von Mr Wu ständig beschworene Einheit von Körper und Geist, und das war genau das, was ich brauchte.
    Trotz aller Ablenkung hatte ich mich mit jedem Tag ein bisschen mehr zu fürchten begonnen – in erster Linie, weil ich nicht so recht wusste, was heute Abend auf mich zukam. In Erinnerung an den Friedhofstraum war meine größte Angst, dass ich nicht ernst würde bleiben können, wenn ich schwülstige Sprüche nachsprechen oder Drudenfüße auf den Boden zeichnen sollte. Ich war nicht mehr sicher, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, dieser Sache zuzustimmen. Nicht, weil ich mich inzwischen vor dem Dämon fürchtete, den es gar nicht gab, sondern weil Menschen, die derartige Rituale ausübten, nun mal einfach kein guter Umgang waren.
    Im Schlaf hatte ich mich bewusst vom Korridor ferngehalten. Ich träumte zwar seit der »Hamlet«-Aufführung jede Nacht alberne Theater-Träume, in denen Florence die Ophelia spielte, aber in der Gewissheit, dass niemand meine Traumbarriere überwinden und mir einen Überraschungsbesuch abstatten konnte, hatte ich trotzdem immer ganz gut geschlafen.
    Als Grayson am frühen Abend bestens gelaunt von seinem Spiel nach Hause kam,

Weitere Kostenlose Bücher