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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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war Florence unterwegs zu einem Ballkomitee-Treffen, und Mum und Ernest waren mit Butter in den Park gegangen. Lottie, Mia und ich nutzten Butters Abwesenheit, um uns mit Spot, dem roten Kater, anzufreunden. Nach dem Vorbild von Mrs Dimbleby bestachen wir ihn mit Fleischstückchen und waren sehr zufrieden, dass er sich von uns streicheln ließ und dabei so laut schnurrte, dass das ganze Sofa zu vibrieren schien.
    Mia strahlte Grayson an. »Spot mag uns«, sagte sie stolz.
    »Der mag jeden, sogar meine Grandma«, sagte Grayson im Vorbeigehen.
    Ich folgte ihm in die Küche. »Und – habt ihr gewonnen?«, erkundigte ich mich.
    »Ja. Natürlich.« Grayson schraubte eine Flasche Wasser auf und leerte sie in einem Zug. »Hundertvier zu zweiundsechzig. Wir haben sie vernichtet .«
    »Ach stimmt ja, ich habe ganz vergessen, dass ihr jedes Spiel gewinnt, weil ihr ja einen Pakt mit einem Dämon geschlossen habt, echt praktisch«, sagte ich, während ich zusah, wie das ganze Wasser in Grayson hineingluckerte. Was war er – ein Kamel? »Ähm, wegen heute Abend …«
    Grayson setzte die Flasche ab. »Du hast es dir anders überlegt«, sagte er erleichtert.
    »Nein, hab ich nicht. Ich wollte nur wissen, was ich anziehen soll.«
    »Was?« Er verdrehte die Augen. »Lass einfach das an, was du gerade trägst. Das sieht doch prima aus.«
    »Nicht dein Ernst, oder?« Ich sah an meinen total verdreckten Umzugsklamotten hinab. Das T-Shirt mit der Aufschrift Freak out and call Mom war obendrein mindestens eine Nummer zu klein.
    »Es ist doch vollkommen egal, was du anhast«, sagte Grayson. »Seit wann bist du denn so ein Mädchen ? Die Klamotten sind jetzt wirklich dein geringstes Problem.«
    Da hatte er natürlich recht. Ich verwendete trotzdem eine Menge Zeit darauf, mich für den Abend zurechtzumachen. Wenn ich schon ein Date mit einem Dämon hatte, dann wollte ich doch bitte schön auch gut aussehen. Abgesehen von anderen Anwesenden, für die ich gern ein bisschen Aufwand betrieb. Der Trick war allerdings, dass niemand auf die Idee kommen sollte, ich hätte mir besonders viel Mühe gegeben. Immerhin trug ich heute Kontaktlinsen statt Brille. Deshalb wischte ich auch das Lipgloss wieder ab. Zu offensichtlich. Henry sollte sich bloß nichts einbilden.
    Je näher der Abend rückte, desto aufgeregter wurde ich, und so richtig konnte ich nicht einordnen, woran das lag. An Henry? Oder eher an der Tatsache, dass nun endlich all meine Fragen beantwortet werden würden? Als Grayson Ernests Mercedes um halb neun vor dem hübschen Reihenhaus von Jaspers Eltern in der Pilgrim’s Lane parkte, merkte ich jedenfalls zu meinem eigenen Entsetzen, dass ein gar nicht so kleiner Teil von mir begonnen hatte, sich auf den Abend zu freuen.
    Der wahnsinnige Teil, vermutlich.

23.
    Das Buch sah lange nicht so alt aus, wie ich es mir vorgestellt hatte, und auch nicht so dick. Es war nicht viel mehr als eine Kladde mit abgegriffenen Kanten und vergilbten Seiten. Wer immer dort die Anweisungen zur Befreiung des Dämons aus der Unterwelt hineingeschrieben hatte, hatte das nicht im finsteren Mittelalter mit einer angespitzten Krähenfeder getan, sondern sehr viel später. Vielleicht sogar mit Kugelschreiber – aber das konnte ich wegen des Kerzenlichts nicht mit Sicherheit sagen. Das Siegel, das die letzten Seiten des Buches zusammenhielt, wirkte allerdings sehr alt und kostbar. Und es war blutrot, wie es sich gehörte, genauso wie die Reste der bereits gebrochenen Siegel, die noch an den Seiten hingen.
    »Es ist eine Abschrift aus den siebziger Jahren«, sagte Arthur, als habe er meine Gedanken gelesen.
    »Aha«, erwiderte ich. »Und es stand einfach so bei Anabel zu Hause im Bücherregal?«
    »Natürlich nicht«, sagte Arthur. »Sie hat es in einem alten Sekretär gefunden, einem Erbstück.«
    »Natürlich«, sagte ich. In einem alten Sekretär, na klar. Vermutlich in einem Geheimfach, zusammen mit einem magischen Ring und einem Brief vom Weihnachtsmann.
    »Und – hast du dir einen Wunsch überlegt, Liv?«
    Der Herzenswunsch, ja. Ich musste zugeben, dass das ein Detail dieser Dämonenbeschwörungskiste war, das ich wirklich knifflig fand. Die letzten Tage hatte ich versucht, die Geschichte mit Graysons Wunsch und der Huntington-Krankheit zu verdrängen. Aber jedes Mal, wenn ich Grayson gesehen hatte, war mir wieder eingefallen, was er mir erzählt hatte, und jedes Mal hatte ich eine Gänsehaut bekommen. Auch wenn es eine absolut wasserdichte und logische

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