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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Herzenswunsch eingetauscht habe. Als ich gegen die Regeln verstoßen habe, hat er ihn mir genommen.«
    Ich konnte meinen Blick nicht von dem kleinen schlaffen Körper im Gras wenden. Der Hund war das Liebste und Kostbarste, was Anabel hatte? Ich meine, ich liebte Buttercup heiß und innig, aber Mia, Mum und Lottie liebte ich noch mehr (wenn auch nicht zwingend in dieser Reihenfolge). Und Papa auch, wenn ich so drüber nachdachte. Aber selbst wenn Anabel kein so gutes Verhältnis zu ihrer Familie hatte, was war mit Arthur? Hatte sie bei unserer ersten Begegnung nicht gesagt, er sei ihre ganz, ganz große Liebe?
    Ich versuchte mich zu konzentrieren. »Was genau ist denn passiert?«, fragte ich und schwor mir insgeheim, laut und ausgiebig zu schreien, wenn sie sich wieder in ihren üblichen Andeutungen und Halbsätzen erging, die sie niemals zu Ende führte.
    Aber Anabel überraschte mich. »Ich hatte Sex«, sagte sie und sah mir dabei direkt in die Augen. »Ich hatte geschworen, meine Jungfräulichkeit bis zum Ende des Spiels zu bewahren, aber … ich habe nicht gedacht, dass das so wichtig wäre. Und ich war auch überzeugt davon, niemand würde es je erfahren. Aber vor ihm kann man keine Geheimnisse haben. Er war so zornig, er hat mich ausgestoßen …«
    »… und deinen Hund ermordet«, vervollständigte ich den Satz. Und das alles nur, weil sie keine Jungfrau mehr war? Das erschien mir eine wirklich strenge Reaktion. Seit wann waren Dämonen denn katholisch? Unfair war es obendrein, schließlich gehörten immer zwei dazu. »Wieso war der Dä… äh … er denn nicht zornig auf Arthur?«
    »Arthur«, hauchte Anabel, und wieder traten Tränen in ihre Augen. »Das war das Schlimmste … Dass ich Arthur weh getan habe. Ich werde nie vergessen, wie er mich angesehen hat.«
    »Wieso Arthur …?« Ich starrte sie verwirrt an. Und dann begriff ich plötzlich. »Es war gar nicht mit Arthur!«, sagte ich. »Du hast mit jemand anderem geschlafen!« Jetzt ergab ihr ganzes Rumgedruckse endlich Sinn, und es war so simpel: Anabel hatte heimlich Sex gehabt, der Dämon hatte es gemerkt und gepetzt. Die Frage war nur, mit wem sie geschlafen hatte. Und warum, wenn Arthur doch … wie hatte sie es noch formuliert? … der Tsunami ihres Lebens war?
    Dann war wohl doch etwas an den Gerüchten dran, die der Tittle-Tattle-Blog über die sprühenden Funken zwischen ihr und ihrem verstorbenen Ex-Freund vermeldet hatte.
    Anabel sah mich durchdringend an. »Wie gesagt – ich wollte, dass du Bescheid weißt. Das bin ich dir schuldig. Denn ich bin es ja schließlich, die das den Jungs und jetzt auch dir alles eingebrockt hat.«
    Ja doch! Das hatte ich inzwischen wirklich verstanden. Das ist alles meine Schuld gehörte in jedem Fall zu Anabels Lieblingssätzen.
    Aber offenbar tat es ihr gut, darüber zu sprechen. Sie wirkte seltsam erfrischt. Mit einer Handbewegung ließ sie den toten Hund vom Rasen verschwinden und zauberte aus dem Nichts eine Picknickdecke herbei, die sie auf dem Rasen ausbreitete. Ein Picknickkorb und ein paar Kissen vervollständigten das Ensemble.
    »Was …?«, murmelte ich.
    »Glaub mir, wenn ich es irgendwie rückgängig machen könnte, würde ich es tun«, sagte Anabel, während sie eine kleine Vase mit Blumen auf die Picknickdecke platzierte. »Ich bereue es jeden Tag. Arthur und ich sind wie diese Liebespaare aus der Literatur, unabänderlich füreinander bestimmt, über den Tod hinaus. Romeo und Julia, Tristan und Isolde …«
    Sie hätte bestimmt auch eine gute Ophelia abgegeben, sie hatte genau die richtige Dosis Tragik in der Stimme. Weil sie gerade so abgelenkt wirkte, schien mir der richtige Augenblick für eine Fangfrage gekommen zu sein. Ich stellte die erstbeste, die mir einfiel.
    »Dieses Buch, das du bei euch zu Hause im Keller gefunden hast, wo kommt das eigentlich her?«
    Anabel hob den Kopf. »Oh, das Buch! Arthur wusste sofort, dass wir auf einen echten Schatz gestoßen waren. Dass das Buch unser Leben verändern würde.«
    Okay. Darauf musste ich später unbedingt noch einmal zurückkommen. Aber vorher gab es da noch ein Detail, das ich klären wollte.
    »Dein Exfreund, dieser Tom …«, begann ich.
    »Oh, Tom ?« Anabel sah erstaunt aus. Dann nickte sie. »Verstehe, du hast sicher im Tittle-Tattle-Blog darüber gelesen, und jetzt denkst du …« Sie machte eine kleine Pause. »Na klar, alle denken das. Auch Arthur.«
    Wie jetzt? Hieß das, dass sie gar nicht mit Tom geschlafen hatte? Mit wem dann?

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