Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Und außerdem …
    »Arthur war immer schon schrecklich eifersüchtig auf Tom, er hat ihn gehasst«, sagte Anabel. »Weil er der erste Junge war, der mich geküsst hat.«
    »Und jetzt ist Tom tot ?« Als ich das sagte, kroch eine Gänsehaut über meine Arme.
    »Ja«, bestätigte Anabel leise. »Er ist im Juni bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Es war nicht seine Schuld, ein betrunkener LKW-Fahrer hat ihn erwischt.«
    Die Gänsehaut breitete sich über meinen ganzen Körper aus.
    All die anderen Ereignisse mal herausgerechnet, erschien mir das nun doch ein merkwürdiger Zufall zu viel.
    Anabel rückte die Picknickkissen gerade. »Wie gesagt, ich bereue zutiefst, was ich getan habe«, sagte sie. »Und ich versuche seitdem alles, damit es zwischen Arthur und mir wird wie früher. Er behauptet zwar, er hat mir verziehen, aber manchmal, wenn ich in seine Augen sehe …« Sie schlang die Arme um sich. »Ich erkenne darin immer noch den Schmerz, den ich ihm zugefügt habe. Und eine Kälte, die mir wie ein Messer ins Herz fährt.« Augenscheinlich hatte sie dieselbe Vorliebe für pathetische Formulierungen wie Arthur. Trotzdem tat sie mir leid. Sie machte einen wirklich zutiefst unglücklichen Eindruck. »Und dann habe ich Angst, dass er mich nie wieder so ansehen wird wie früher«, flüsterte sie. »Ich … Oh, da kommt er ja!«
    Ich drehte mich um. Es war tatsächlich Arthur, der gerade durch das Portal auf den Rasen trat, eine Flasche Wein in seiner Hand. Die Sonne ließ sein Haar wie pures Gold glänzen. Und irgendwie verspürte ich plötzlich das Bedürfnis wegzulaufen.
    »Sag ihm bitte nicht, worüber wir geredet haben!« Mit einem nervösen Lächeln strich Anabel sich eine Locke aus dem Gesicht.
    »Ist das jetzt der echte Arthur, oder träumst du nur von ihm?«
    Sie lachte. »Der echte Arthur liegt in seinem Bett in Hampstead, hoffe ich doch.« »Und zwar allein!«, versicherte Arthur.
    Anabel lief ihm drei Schritte entgegen und fiel ihm um den Hals. »Guck mal, wer hier ist«, sagte sie dann und zeigte auf mich. »Ich wollte mich bei ihr bedanken.«
    »Hi, Liv.«. Bildete ich mir das nur ein, oder blitzte da so etwas wie Triumph in seinen Augen auf? »Wie fühlt man sich denn als Heldin der Stunde?« Arthur hatte die Weinflasche abgestellt und Anabel mit beiden Händen von hinten umfasst. Zärtlich schob er ihr schweres Haar aus dem Nacken und begann, ihre Halswirbel mit Küssen zu bedecken. »Ich hab dich so vermisst, meine Süße.«
    Ich schaute peinlich berührt zur Seite.
    »Entschuldige, Liv«, sagte Anabel. »Es ist nur … ich wohne seit drei Wochen in in der Schweiz, über tausend Kilometer entfernt. Wir können uns lediglich in unseren Träumen treffen.«
    »Ja, aber das ist so viel besser, als zu skypen.« Mit einem Lachen zog Arthur Anabel noch fester an sich. »Möchtest du mit uns picknicken?«
    »Ähm, nein, ich will wirklich nicht stören.« Ich hatte zwar noch jede Menge offene Fragen, aber fürs Erste auch genug Stoff zum Nachdenken.
    Arthur zog Anabel auf die Picknickdecke herab. »Sehr vernünftige Einstellung«, sagte er, und Anabel schickte noch ein »Bis bald, Liv« hinterher. Davon, wie ich die Tür öffnete und durch Anabels Portal wieder in den Korridor hinaustrat, bekamen sie beide nichts mehr mit.

25.
    Schon von weitem sah ich Henry vor der grünen Tür stehen und hörte ihn mit Lottie diskutieren, die im Türrahmen stand und ihn augenscheinlich nicht eintreten lassen wollte. Sie hatte die Hände in ihre Hüften gestemmt und trug ihr Festtagsdirndl mit der schwarzen Taftschürze.
    »Die Anwesenheit der Götter?«, fragte Henry.
    Lottie schüttelte den Kopf. »Sehr hübsch, aber nein. Nicht so was Elegisches. Versuch es noch einmal. Also, was ist nicht gewiss?«
    Henry seufzte. »Ist es was von Goethe?«
    »Nein.« Lottie legte den Kopf schief und zupfte kokett an der monströsen Taftschleife in ihrer Taille. »Weder Goethe noch Schiller.«
    »Du sollst bloß die Frage stellen, Lottie, keine Hinweise geben«, wies ich sie zurecht, während Henry zu mir herumwirbelte und »Da bist du ja endlich« sagte.
    »Ach, ich unterhalte mich gern mit ihm. Er ist so ein höflicher Junge …« Lottie strahlte mich an. »Und er kommt jede Nacht her. Dieser hinterhältige Türknauf von Eidechse hat ihn in den Finger gebissen, also musste ich ihn ein bisschen verarzten, und so sind wir Freunde geworden.«
    »Ja, das ist wirklich ein heimtückisches Detail deiner Barriere«, sagte Henry zu mir. »Seit

Weitere Kostenlose Bücher