Das erste Gesetz der Magie - 1
Sie würden lieber sterben, als sich unterjochen zu lassen. Wie gesagt, sie verfügen über magische Kräfte und könnten sogar diesem Kerl aus D’Hara einige Schwierigkeiten machen. Für eine Weile wenigstens. Es wäre ihnen sogar egal, wenn er mit einem seiner Zauber ihr Leben bedrohte. Eher würden sie sterben, als sich beherrschen zu lassen. Sie würden ganz einfach bis zum Tod kämpfen – ihrem eigenen oder dem ihres Gegners.« Sie beugte sich zu ihm vor und senkte bedeutungsschwer die Stimme.
»Es ist schon sehr merkwürdig, wenn einer von ihnen Darken Rahl auf seinem Rücken trägt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand über einen roten Drachen gebietet.«
Sie sah ihn einen Augenblick lang an, richtete sich dann auf und kratzte an der Flechte auf dem Felsen.
»Können uns diese Drachen gefährlich werden?« Er kam sich bei der Frage ein wenig dumm vor.
»Eigentlich nicht. Bis jetzt habe ich nur einige rote von nahem gesehen. Ich war auf einer Straße unterwegs, als einer auf das Feld neben mir herunterstieß und sich zwei Kühe schnappte. Er trug sie beide gleichzeitig davon. Wenn wir einem roten begegnen und er ist schlecht gelaunt, könnte es ziemlichen Ärger geben. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich.«
»Wir sind schon einem roten begegnet«, erinnerte er sie ruhig. »Und das war ziemlich übel.«
Sie antwortete nicht. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war die Erinnerung für sie ebenso schmerzhaft wie für ihn.
»Ach, da seid ihr zwei ja!« rief eine fremde Stimme.
Die beiden schreckten hoch. Richard sprang auf und griff nach dem Schwert. Kahlan blieb halb in der Hocke.
»Setzt euch, bleibt sitzen«, beschwichtigte sie der Mann mit erhobenen Händen, während er den Pfad herab auf sie zukam. »Ich wollte euch nicht erschrecken!« Beim Lachen schüttelte sich sein weißer Bart. »Ich bin’s nur, Old John. Ich habe euch gesucht. Setzt euch, setzt euch.«
Sein Bauch wölbte seinen Umhang und bebte beim Lachen. Das weiße Haar war genau in der Mitte gescheitelt, seine langen, lockigen Brauen und seine schweren Lider verdeckten die Augen. Wenn er lachte, legte sich sein fröhliches, rundes Gesicht in tausend Falten. Kahlan setzte sich vorsichtig wieder hin. Richard nur halb. Er hockte sich auf die Kante des Felsens, an dem er gelehnt hatte. Die Hand behielt er am Schwert.
»Was soll das heißen, du hast nach uns gesucht?« fragte Richard in einem Ton, der alles andere als freundlich klang.
»Mein Freund, der alte Zauberer, hat mich geschickt…«
Richard sprang auf die Beine. »Zedd! Zedd hat dich geschickt?«
Old John hielt sich den Bauch vor Lachen. »Wie viele alte Zauberer kennst du denn, mein Junge? Natürlich war es der alte Zedd.« Er strich sich durch den Bart und zwinkerte den beiden zu. »Er hatte etwas Wichtiges zu erledigen, aber jetzt braucht er euch. Sofort. Also bat er mich, euch zu holen. Ich hatte gerade nichts Besseres zu tun, daher war ich einverstanden. Er hat mir erklärt, wo ich euch finden würde. Sieht aus, als hätte er recht behalten, wie gewöhnlich.«
Richard mußte schmunzeln. »Und, wie geht es ihm? Wo steckt er, und wozu braucht er uns?«
Old John zupfte ein wenig fester an seinem Bart und nickte. »Er hat mich gewarnt. Er hat mich gewarnt, du würdest eine Menge Fragen stellen. Es geht ihm gut. Ansonsten weiß ich auch nicht, wozu er euch braucht. Wenn Zedd gereizt ist, stellt man keine Fragen, sondern tut, was er sagt. Genau das habe ich getan. Und jetzt bin ich hier.«
»Wo steckt er? Wie weit ist es?« Die Aussicht, Zedd wiederzusehen, versetzte Richard in helle Aufregung.
Old John kratzte sich am Kinn und beugte sich ein Stück vor. »Kommt darauf an. Wie lange willst du noch rumstehen und Volksreden schwingen?«
Grinsend schnappte sich Richard seinen Rucksack. Die Müdigkeit war vergessen. Kahlan verzog amüsiert die Mundwinkel, als sie Old John den steinigen Pfad hinauf folgten. Richard ließ Kahlan vorgehen. Er wollte den Wald im Auge behalten, denn sie hatte ihm erzählt, daß es nicht mehr weit sei bis zu der Hexe. Er freute sich auf Zedd. Er hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ihn die Sorge um seinen alten Freund innerlich angespannt hatte. Adie hatte sich bestimmt gut um ihn gekümmert, aber auch sie hatte nicht versprechen können, daß er wieder gesund würde. Hoffentlich hatte sich auch Chase erholt. Die Freude, Zedd wiederzusehen, überwältigte ihn. Er mußte ihm so viel erzählen und
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