Das erste Gesetz der Magie - 1
andere Seite.
Als sie endlich mit ihm fertig war und die Kette vom Haken löste, brach er auf dem Boden zusammen. Er glaubte, zu keiner Bewegung mehr fähig zu sein, doch als sie ihm mit dem Strafer das Zeichen zum Aufstehen gab, gehorchte er.
»Das wäre für heute alles, mein Kleiner.« Richard hätte vor Freude sterben können. »Ich werde jetzt etwas schlafen. Heute war nur ein halber Tag, morgen werden wir dich den ganzen Tag ausbilden. Ein ganzer Tag wird dir qualvoller erscheinen.«
Richard war zu erschöpft, um sich um den nächsten Tag zu scheren. Er wollte sich nur hinlegen. Selbst der Steinboden würde ihm wie das beste Bett vorkommen, in dem er je geschlafen hatte. Er betrachtete ihn sehnsüchtig.
Denna zog den Stuhl heran, nahm die Kette, die an seinem Halsband befestigt war, und hakte sie an den Eisendorn am Balken. Verwirrt beobachtete er sie, zu matt, ihre Absicht zu erkennen. Als sie fertig war, ging sie zur Tür. Richard stellte fest, daß die Kette zu kurz war, um sich hinzulegen.
»Herrin Denna, wie soll ich schlafen?«
Sie drehte sich um und lächelte ihn herablassend an. »Schlafen? Ich kann mich nicht erinnern, dir das Schlafen erlaubt zu haben. Schlaf ist eine Gunst, die man sich verdienen muß. Das hast du nicht getan. Hast du schon vergessen? Heute morgen wolltest du mich noch mit deinem Schwert töten. Hast du schon vergessen, wie ich dir gesagt habe, es würde dir noch leid tun? Gute Nacht, mein Kleiner.« Sie wollte schon gehen, drehte sich aber noch einmal um. »Und solltest du auf die Idee kommen, die Kette vom Haken zu ziehen, damit du vor Schmerzen ohnmächtig wirst, das würde ich an deiner Stelle nicht versuchen. Ich habe den Zauber verändert. Du kannst nicht mehr in Ohnmacht fallen. Wenn du die Kette abziehst oder aus Versehen vom Stuhl fällst, werde ich nicht da sein, um dir zu helfen. Dann wirst du die ganze Nacht über mit deinen Schmerzen alleine sein. Denke darüber nach, wenn du schläfrig wirst.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging. Die Fackel nahm sie mit.
Richard stand in der Dunkelheit und weinte. Nach einer Weile zwang er sich, damit aufzuhören und dachte an Kahlan. Das war etwas, was Denna ihm nicht nehmen konnte. Wenigstens nicht heute abend. Kahlan war in Sicherheit und hatte Leute, die sie beschützten. Der Gedanke tat Richard gut. Er sah sie vor sich, in diesem Augenblick, irgendwo bei einem Nachtlager, mit Siddin und Rachel, um die sie sich kümmerte, denen sie Geschichten erzählte, die sie zum Lachen brachte. Die Vorstellung brachte ihn zum Lächeln. Er genoß die Erinnerung an ihren Kuß, das Gefühl ihres Körpers, der sich an seinen schmiegte. Kahlan brachte ihn selbst dann noch zum Lächeln und machte ihn glücklich, wenn er nicht bei ihr war. Was aus ihm wurde, spielte keine Rolle. Sie war in Sicherheit. Nichts sonst zählte. Kahlan, Zedd und Chase waren in Sicherheit, und sie hatten das letzte Kästchen. Darken Rahl würde sterben und Kahlan überleben.
Was spielte es für eine Rolle, was aus ihm wurde, wenn erst alles vorbei war? Er konnte ebensogut tot sein. Dafür würden Denna und Darken Rahl schon sorgen. Er mußte nur die Schmerzen aushalten, bis es soweit war. Das war zu schaffen. Was spielte es für eine Rolle? Nichts, was Denna tat, kam der Qual gleich, zu wissen, nicht bei Kahlan sein zu können. Der Frau, die er liebte. Der Frau, die er liebte und die einen anderen erwählen würde. Er war froh, daß er tot sein würde, wenn es soweit war. Vielleicht ließ sich die Sache beschleunigen. Denna wütend zu machen, war schließlich nicht schwer. Wenn er sich beim nächsten Mal bewegte, wenn sie ihm den Strafer ins Ohr bohrte, wäre er für immer geschädigt. Vielleicht wäre er dann nutzlos für sie. Vielleicht würde sie ihn dann töten. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er sich so allein gefühlt.
»Ich liebe dich, Kahlan«, flüsterte er in die Dunkelheit.
Wie Denna versprochen hatte, wurde der nächste Tag schlimmer. Sie wirkte ausgeruht und schien darauf bedacht, einen Teil ihrer Kraft darauf zu verschwenden, ihn abzurichten. Er wußte, daß er auf eine Sache Einfluß hatte. Er wartete darauf, daß sie den Strafer wieder an sein Ohr legte, damit er mit aller Kraft seinen Kopf herumreißen und sich ernsthaften Schaden zufügen konnte. Doch sie tat es nicht, ganz so als spürte sie, was er vorhatte. Das gab ihm einen Funken Hoffnung. In diesem Punkt konnte er sie beeinflussen. Er hatte sie dazu gebracht, den Strafer nicht
Weitere Kostenlose Bücher