Das erste Mal und immer wieder
freute mich auf das Kind und war wie von Sinnen, wenn ich daran dachte, einen Sohn zu bekommen, einen Sohn von Jörg. Betrüblich war einzig meine Schwiegermutter, die keine Zweifel daran ließ, dass sie mich für unfähig hielt, eine gute Mutter zu sein, und der Meinung war, dass ihr Sohn die falsche, labile Frau geheiratet hatte. Mir war das alles egal. Ich war glücklich, so wie es war, sprach stundenlang mit dem Ungeborenen in meinem Bauch, fand alsbald Freundinnen, die ebenfalls Mütter waren oder wurden und bei mir um die Ecke wohnten. Mein Leben war perfekt, und hätte sich Jörg zu seiner werdenden Familie bekennen können, ich glaube, mehr hätte ich in jenen Tagen nicht gewollt. Aber er fand mich abstoßend, so fett und unförmig, wie er zu sagen pflegte, und ich hatte nur selten die Freude seiner Anwesenheit oder gar seiner ehemals liebevollen Zuwendung.
Als die Fruchtblase eines Morgens platzte, geriet ich in Panik. Ich hatte Furchtbares über Geburten gehört und erwartete Schmerzen und stundenlange Wehen. Jörg fuhr mich zum Krankenhaus. Er setzte mich allerdings nur ab. Die Hebamme erklärte ihm, dass ich als Erstgebärende noch mit mindestens 20 Stunden zu rechnen hätte. Sie würde mich aber schon vorbereiten und baden. Ich war ganz alleine in meinem Bett und wartete auf die Schwester.
Die Schmerzen kamen in Wellen und waren für mich unerträglich. Ich schrie, was das Zeug hielt, und ganz plötzlich musste ich auf die Toilette. Ich bekam Panik, wollte aufstehen, konnte aber nicht. Die Schwester, alarmiert von meinem ständigen Kreischen, kam ins Zimmer gestürmt und teilte mir mit, es würde noch Stunden dauern, aber sie wolle sich um einen Arzt kümmern.
Nur 30 Minuten nach meiner Einlieferung schwankte ich gebückt unter größten Schmerzen in Richtung Toilette. Und da war er, dieser riesige Druck in meinem Unterleib, eine stechende Welle, dass ich mich hinhockte und automatisch presste. Der kleine Kopf kam noch auf dem Flur ans Licht, und einige Schwestern, die vorbeikamen, hievten mich im letzten Moment in den Kreißsaal, sonst wäre das Kind auf den Flurboden gerutscht.
Da war er, mein Sohn, klein, verklebt und schmierig. Sie legten ihn auf meinen Bauch, und sofort begann er an meiner Brust zu saugen, ein Auge zugekniffen, als trüge er ein Monokel. Ich war unglaublich stolz und fand meinen Säugling am schönsten von allen. Etwas später, als Jörg mit seinem Vater zurück in die Klinik kam, waren sie erstaunt, dass schon alles vorbei war. Der Opa hielt als Erster den Kleinen.
Das Baby war wunderbar. Den ganzen Tag lag es neben mir in einem Glasbettchen und ließ sich von allen Freunden und Bekannten bestaunen. Im Gegensatz zu den anderen Neugeborenen auf der Station war es immer ruhig und friedlich.
Oft nahm ich meinen Sohn zu mir ins Bett und erzählte ihm von den großartigen Dingen, die wir zusammen unternehmen würden, und von dem tollen Leben, das vor ihm lag. Ich sagte ihm, wie glücklich er mich mache und dass ich es kaum erwarten könne, bis er größer sei, um mit mir all das zu unternehmen, was mein Vater mit mir getan hatte.
Als Jörg mich schließlich im Auto nach Hause brachte, dachte ich nur daran, wie schön es sein würde, den Kleinen endlich ganz für mich zu haben und nicht mehr mit den Schwestern teilen zu müssen.
Mein Ehemann war mittlerweile in unsere Stadt versetzt worden. Die Kaserne war nur wenige Kilometer von unserer Wohnung entfernt, so kam er sogar dann und wann nach Hause. Das erste gemeinsame Weihnachtsfest mit dem Baby war auch unser letztes.
Im selben Jahr, nur wenige Tage später, zog er es vor, Silvester mit Freunden in einer anderen Stadt zu verbringen. Ich rutschte auf den Knien hinter ihm her und versuchte, ihn zum Bleiben zu bewegen. Ich flehte ihn an, nicht zu gehen. Es war sinnlos. Als er an diesem Morgen das Haus verließ, wurde mir bewusst, dass unsere Ehe schon fast zu Ende war.
Mein Leben war sehr anstrengend, da ich mich alleine um das Kind und alle anfallenden Arbeiten kümmern musste. Geld war fast nie vorhanden, alles wurde knallhart kalkuliert und reichte dennoch nicht. Das Telefon wurde immer öfter abgestellt, ständig musste ich irgendjemanden um Hilfe bitten, und der Haushalt wuchs mir über den Kopf.
Immer öfter ließ Jörg mich alleine, ich verzog mich mit dem Säugling ins Bett, schlief tagelang und versorgte außer ihm nichts weiter.
Meine Schwiegermutter nutzte die Gunst der Stunde, den Säugling ab und an zu sich zu
Weitere Kostenlose Bücher