Das erste Mal und immer wieder
wussten. An der Theke saßen einige Männer, Bauarbeiter. Man konnte es an ihren Klamotten deutlich erkennen. Sie waren direkt von der Baustelle hierher gekommen. Niemand Besonderes fiel mir in diesen ersten Stunden auf. Ich saß und lachte mit allen, trank, und der ganze Stress fiel von mir ab.
Bald fing ich sogar an zu flirten und vergaß über dem Alkohol für einige Stunden meine eigentlich schlimme Situation. Als ich das dritte oder vierte Mal von der Toilette zurückkam, stand ein volles Glas an meinem Platz. Mein Bruder lachte mir zu und deutete mit seinem Kopf auf einen der Bauarbeiter, die an der Theke saßen. »Von ihm«, sagte er. Dann wandte er sich wieder seinem Knobelbecher zu.
Ich schaute auf meinen Gastgeber. Viel konnte ich nicht sehen. Er hatte eine Mütze auf, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. Er schien groß zu sein und wirkte sehr stämmig in seinem ausgewaschenen, dicken Flanellhemd; dazu trug er eine dieser Bauarbeiterhosen. »Dankeschön, aber eigentlich habe ich genug.« Ich lallte schon etwas, nahm aber trotzdem einen kräftigen Schluck.
»Kaffee gab es leider keinen mehr«, hörte ich ihn sagen, und sofort fiel mir der tiefe Klang seiner Stimme auf. Es war eine wunderbar ruhige Stimme. Ich war fasziniert. »Vielleicht ist woanders noch einer zu bekommen«, sagte ich keck und fand mich irrsinnig mutig. »Ja, bei mir!« Ich hörte, was er sagte, und überlegte. Meine Bekanntschaften mit Männern waren seit meiner Trennung dünn gesät und unbefriedigend gewesen. Meine sexuellen Kontakte beschränkten sich auf einen verheirateten Polizisten, ein paar Zufallsbekanntschaften und meine eigene Hand.
Es war nicht so, dass ich bisher etwas vermisst hätte, aber als ich so dort saß, angeheitert und animiert von dieser schönen Stimme, da erwachten plötzlich ganz deutlich meine weiblichen Gelüste. Wohl auch, weil sie so lange unter Kummer und Sorgen erstickt gewesen waren.
Ich schaute nun genauer hin. Unter der Mütze, die er immer noch trug, lugten rechts und links blonde Haarbüschel hervor. Um seinen Hals war ein dicker Schmutzrand zu sehen. Er kam auf mich zu, und es roch extrem nach warmem Teer. Aber das war mir nicht unangenehm, im Gegenteil. Es hatte eine geradezu animalische Wirkung. Mein Körper reagierte so heftig, wie ich es noch gar nicht kannte. Ja, ich hatte große Lust, diesen unbekannten, großen Blonden zu begleiten. »Ja, o.k., ich komme mit!«
Er wirkte nicht überrascht, und schon hatte er ein Taxi bestellt. Mein Bruder verdrehte die Augen, hielt sich aber dann doch zurück. So verließen wir beide gemeinsam die Kneipe meines Bruders. Ich war wieder mitten im Leben.
Geredet haben wir nicht. Eigentlich wollte ich auch nichts sagen. Ich war mit meinen Gedanken schon im Bett dieses Mannes. Er führte mich tief hinein in das Herz der Stadt, bis wir endlich vor einem kleinen, ganz schmalen Haus standen. »Hier wohne ich, mit einem Freund. Der ist aber nicht da«, sagte er und schloss die Tür auf. Ich ging hinter ihm die Treppen hoch und schwankte dabei schon bedenklich. Ich kicherte über mich selbst und überlegte, was wohl in ihm vorging. Wahrscheinlich hielt er mich für eine sehr leichte Beute. Aber das war mir egal. Ich wollte etwas Spaß und den wollte ich im Bett. Was er darüber denken würde, war mir gleich, zumal er ja beteiligt war.
Oben angekommen, gingen wir ins Wohnzimmer. Es war alles sehr einfach eingerichtet, weder Decken noch Vorhänge oder sonst irgendetwas, das auf Gemütlichkeit hindeutete. Mir war es egal. Alles, was wir brauchten, war ja vorhanden, ich kicherte wieder angetrunken vor mich hin.
»Ich glaube, du brauchst erst mal einen Kaffee!«, er grinste dabei, und mir kam es spöttisch vor. Aber nein, dachte ich. Ich wollte mir den Rausch unbedingt erhalten. Bloß nicht nachdenken! Während er in die Küche verschwand, überlegte ich, wie ich die Sache forcieren könnte. Ich ging ihm nach. Mittlerweile hatte er die Mütze abgelegt, und ich konnte ihn jetzt endlich ganz betrachten.
Seine Haare waren blond und wirr und strubbelten um seinen Kopf. Er war größer, als ich gedacht hatte, ca. 1,90 m. Aus der Nähe wirkte er noch kräftiger und breiter. Ich hatte das Bedürfnis, mich an ihn zu schmiegen, gab dem aber nicht nach. »Bloß nicht weich werden«, nahm ich mir vor und so fragte ich beiläufig nach dem Bad.
Er drehte sich um, und ich schaute in die himmelblausten Augen, die ich je gesehen hatte. Wieso fiel mir das erst jetzt auf? Ich
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