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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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fühlte sich niedergeschlagen
     genug, um es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Seit sie mit den Cha’ori über die weiten Graslande zogen, hatte er nicht
     mehr mit ihr gesprochen. Er vermisste sie, er vermisste sogar ihr für gewöhnlich so spöttisches Gehabe.
    Er holte tief Luft und ging tapfer zu ihr hin. »Hallo!«, sagte er mit kratziger Stimme.
    Sie sah zu ihm hoch, und ihre Miene war ein einziger Tadel. Dann, als er es schon nicht mehr erwartete, rutschte sie beiseite
     und klopfte auf den Platz neben sich. »Setz dich, Junge«, forderte sie ihn auf. »Du siehst erschöpft aus.«
    Hastig kam er der Einladung nach
. Das Glück ist mit den Tapferen,
sagte er sich.
    »Wie steht’s um die Reitkunst?«, erkundigte sie sich beiläufig – und hatte sein Hochgefühl mit einem Streich ins Trudeln gebracht.
    »Schrecklich«, gestand er frei heraus. »Auf Dauer wäre das Cha’ori-Leben nichts für mich, soviel steht fest.«
    Sie lachte und zog den Wetzstein in einer einzigen glatten Bewegung über die Klinge. »Dich sah ich noch nie dein Schwert pflegen«,
     sagte sie. »Eine solch noble Klinge hat es verdient, gut behandelt zu werden.«
    Sie hatte recht. Es
war
sein Schwert, wenigstens solange die Reise andauerte. Er sollte lernen, angemessen damit umzugehen.
    Sie musste sein Zaudern spüren. »Gib’s mir«, forderte sie. »Ich zeige dir, wie’s geht.«
    Langsam, als gelte es, Zeit zu gewinnen, zog er die Waffe |376| aus der über seinen Rücken gegürteten Scheide. Gut lag sie in seiner Hand. Ein Ruck durchlief seinen Körper, und seine Gedanken
     beruhigten sich. Plötzlich glaubte er wieder, alles vollbringen zu können, was er sich vornahm.
    Der schwarze Stahl schimmerte kaum sichtbar im Lodern der Abendsonne. Diese Klinge sah überhaupt nicht danach aus, als habe
     sie den Wetzstein nötig.
    Karas Augen leuchteten auf; fasziniert legte sie ihre Hand auf die Waffe. Skips Blick wechselte von der schwarzen Klinge hoch
     zu Karas Gesicht. Der Ausdruck in ihren Augen war   ... berauschend. Er hätte fast alles darum gegeben, diesen Blick für alle Zeiten darin sehen zu können.
    Sie umklammerte den lederumwickelten Griff; sie ruckte das Schwert hoch, vor das Gesicht, schwang es, wechselte es von der
     Rechten in die Linke, rasend-schnell, schwang es abermals – bis die Klinge sirrend die Luft durchschnitt.
    »Hübsch«, flüsterte sie, und in ihren Augen irrlichterte etwas, das wie die Spiegelung der Klinge aussah. Skip wusste, dass
     es mehr war. Gleich, welche Magie dem Schwert innewohnen mochte – Kara nahm sie wahr, genau wie er.
    Nach einigen weiteren versuchsweisen Streichen gab sie ihm das Schwert zurück. »Du kannst dich glücklich schätzen, Skip«,
     sagte sie ruhig. »Solch ein Schwert als erste Waffe tragen zu dürfen, ist eine Auszeichnung.«
    Nachdenklich legte sie den Wetzstein an die Klinge in seiner Hand. Skip starrte den Schleifstein an; starrte Kara an. Ihre
     Nähe machte ihn schwindelig. Ihr schwacher Blumenduft, ihre Wärme an seiner Schulter – tausend Kobolde schlugen Purzelbäume
     in seinem Kopf. Als sie ihm den Wetzstein in die Hand legte, als sie
ihre
Hand darüberschmiegte und seinen ersten ungeschickten Versuch dirigierte, dieser Waffe die ihr angemessene Achtung zukommen
     zu lassen, fühlte er sich in eine Million Schmetterlinge verwandelt und wie von einer Million Bienen gestochen – alles zugleich.
    |377| »Kommt ihr denn nicht zum Fest?«
    Erles Stimme!
    Skip hob den Kopf mit einem Ruck und sah den Bruder und Ellah Hand in Hand vor sich stehen. Auch Ellah schien von vielen,
     vielen Bienen gestochen worden zu sein – so fiebrig rot, wie ihre Wangen glänzten. Sie hatte sich eine flaumige blaue Sternblume
     hinter’s Ohr gesteckt und sah sehr hübsch aus. Wie ein schützender Fels ragte Erle neben ihr auf.
    Skip zögerte. Um nichts in der Welt wollte er diesen Platz gegen einen anderen eintauschen. Doch wusste er auch, wie vermessen
     es von ihm war, zu glauben, Kara würde seine Gesellschaft einer Cha’ori-Mittsommerfeier vorziehen. Er senkte den Blick auf
     die Klinge. Dann hörte er Karas Stimme.
    »Später«, beschied sie Erle. »Geht ihr beiden nur vor. Wir kommen auch bald.«
    Skip gewahrte Anerkennung in den Augen des Bruders. Auch ein klein wenig Verwunderung blitzte darin, da er sie beide so gemütlich
     Seite an Seite sitzen sah. Doch schaute er nur und eilte mit Ellah davon.
    Skip drehte sich halb zu Kara herum. Sie lachte. »Wenn du diese Klinge weiterhin

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