Das Erwachen
Träume. Glaube ich zumindest. Ich wüsste nicht, was dich sonst dazu bringen könnte, dich im Schlaf so seltsam zu verhalten.«
»Megan, vielleicht war das dein Traum.«
»Nein … Finn, ich hatte wirklich entsetzliche Angst vor dir!«
»Wie gesagt, an deinem Hals ist nichts zu sehen.«
»Finn …«
»Megan – schon gut. Ich fahre dir hinterher zu Tante Martha, um zu sehen, dass du unbeschadet dort ankommst.«
Sie senkte den Blick. »Also gut. Danke«, murmelte sie halblaut.
Er begleitete sie zu Marthas Wagen, und dort beschloss sie, ihn zu seinem Wagen zu fahren. Dann sagte sie unglücklich: »Das Komischste ist wirklich, dass es das Zusammenschlafen ist, was mir so Angst macht.«
»Na, das ist ja großartig«, kommentierte er sarkastisch.
Sie lachte. »Ich habe nicht gesagt, der Sex. Nur das Zusammenschlafen.«
»Aber das ist doch Sex, wenn wir miteinander schlafen«, sagte er.
»Wir könnten uns ja nachmittags treffen«, meinte sie leichthin. Zu ihrer Überraschung und ihrem Ärger erwiderte er darauf nicht sofort etwas, sondern starrte zum Fenster hinaus. Und während sie ihn beobachtete, ärgerte sie sich über das plötzliche Verlangen, das sie durchströmte, nur weil er da war. Sie war viel zu sehr daran gewöhnt, ihm zu gehören, seinen Geruch einzuatmen, sein starkes Profil zu sehen, seine Hände zu spüren, seine Größe, seine Muskeln und Sehnen, sogar die Art und Weise, wie er atmete …
»Ich besuche morgen ein paar Leute.«
»Ach? Wen denn?«
»Die zwei, die diese tolle Kritik über uns geschrieben haben, die landesweit gedruckt wurde. Sie sind aus New Orleans, wie du weißt, aber sie kommen für Halloween hierher und wollen von dem Treiben hier berichten. Wir treffen uns auf einen Kaffee.«
»Willst du nicht, dass ich mitkomme?«
»Ich nehme an, du triffst sie morgen Abend. Sie bleiben eine Weile hier.«
Nein, er wollte nicht, dass sie mitkam!
»Wie eigenartig«, sagte sie und beobachtete ihn dabei.
»Wieso?«
»Haben sie sich mit dir in Verbindung gesetzt?«
»Nein, äh … ich habe sie angerufen.«
»Tatsächlich? Weshalb?«
»Erinnerst du dich noch an das Buch, das ich versehentlich aus Morwennas Laden mitgenommen habe? Ich muss es noch bezahlen – gut, dass ich gerade daran denke. Jedenfalls, auf dem Buchrücken war eine Telefonnummer. Ich rief sie an …«
»Warum in aller Welt hast du denn das gemacht?«
»Ich wollte mich bedanken.«
Megan fragte sich, ob er nicht einen Moment gezögert hatte, bevor er antwortete.
»Bedanken?«
»Die tolle, landesweit verbreitete Kritik, Megan. Schon vergessen?«
»Ach ja, richtig. Aber natürlich würde ich mich auch ganz gern bedanken.«
»Sie bleiben ja eine Weile hier«, wiederholte er und stieg dann aus. Megan fühlte sich absolut zurückgestoßen, frustriert, unwohl.
Doch ehe er die Tür zuschlug, machte er eine Pause.
»Ich liebe dich, Megan«, sagte er leise. »Zweifle nie daran.«
Die Tür fiel zu. Er ging zu seinem Wagen, und Megan hörte, wie er den Motor startete. Sie fuhr aus der Parklücke heraus.
Ein paar Minuten später kamen sie bei Martha an. Megan parkte, Finn ebenfalls, dann kam er zu ihr. »Ich bringe dich noch zur Tür.«
Martha hatte das Licht auf der Veranda für sie angelassen. Es erhellte den Hof ziemlich gut, doch Finn runzelte die Stirn.
»Was ist denn?«
»Hinter diesem Haus ist nichts als Wald«, stellte er fest.
»Ganz Neuengland ist voller Wälder«, erinnerte sie ihn.
»Sie sollte einen großen Schäferhund haben oder einen Rottweiler.«
Megan lächelte. »So weit draußen sind wir nun auch wieder nicht! Tante Martha hat Nachbarn – und du weißt selbst, dass das Hotel auch nicht weit von hier ist.«
Er nickte. Sie berührte seinen Arm. Anscheinend wurden sie nun schon beide geradezu lachhaft paranoid. »Willst du mit reinkommen – die Schränke durchsehen?«, fragte sie leise, halb neckisch, halb ernst.
Er überlegte, bevor er antwortete. »Gut, aber nur für eine Minute.«
Ganz die Umsichtige, hatte Martha auch das Licht in der Küche brennen lassen. Als sie durch den dunklen Flur und das Wohnzimmer gingen, zögerte Finn plötzlich. »Bleib nicht hier«, flüsterte er.
»Was?«
»Ich glaube … es ist der Wald«, murmelte er.
Sie musterte ihn. »Finn, wir sind hier in Tante Marthas Haus. Apple Pie und amerikanische Flagge.«
»Ich … ich weiß nicht, wieso, aber irgendetwas beunruhigt mich. Ich glaube, es gefällt mir einfach nicht, dass es hier so abgelegen ist.« Er hob die
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