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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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des Dunstes die Berührung zarter Finger.
    Er war nicht allein. Frauen verfolgten jeden seiner Schritte, streichelten ihn, lobten ihn. Er wusste, dass er zu einem bestimmten Ort ging und dass ihn dort die größte Verzückung erwartete. Geschöpfe von überirdischer Schönheit schienen vor ihm zu schweben, im wabernden Dunst Gestalt anzunehmen, ihn zu locken. Er musste ihnen folgen, verleitet, verführt, denn jedes Streicheln schien ihn näher und näher an jene Macht zu bringen, die so orgiastisch war, dass er imstande sein würde, die ganze Welt mit all ihren Genüssen zu erobern, mit all ihren fleischlichen Freuden, und dazu mit der schieren Ekstase totaler Beherrschung all dessen, das lebte und atmete.
    Er hielt inne, denn vor ihm war der Altar. Eine Erscheinung mit langem Haar war direkt hinter ihm, rieb sich an seinem Rücken, liebkoste sein Fleisch mit ihrem Haar, ihren Händen, ließ diese Hände über seinen Körper nach unten gleiten, ergriff seine Erektion, streichelte. Eine zweite trat vor ihn, brachte ihm ein Messer dar, das trotz der Schatten und des Nebels glänzte.
    Nimm es, nimm es, nimm es … sie ist hier, nimm sie, nimm sie dir, tu, was du willst. Dann vergieße das Blut der Unschuldigen, schmecke es, komm, komm, komm …
    Er trat vor und sah sie, Megan, ihr Haar wie ein Netz aus gesponnenem Gold und Silber, hing an der Seite des Altars herab. Ihre nackte Gestalt, hingestreckt, gefesselt … ihr Hals, so wunderschön, und mehr noch, ihr Körper, so sehr vertraut, nun aber neu, und auch sie wurde von Nebelhänden gestreichelt, ihm dargebracht, und doch …
    Ein Schrei, gedämpft, von irgendwo …
    Das Opfer, das Blutopfer …
    Er wusste nicht, ob der Laut von woandersher kam …
    Oder von Megan.
    Sean Canady lehnte sich zurück und starrte auf den Computer. »Das ist lächerlich, aber andererseits auch gar nicht so ungewöhnlich, fürchte ich. Sie haben nichts, aber auch wirklich gar nichts darüber, wer diese Frau in Boston ermordet haben könnte. Ich habe mir sämtliche Akten angesehen, sogar die, die eigentlich nur für die mit diesem Fall befasste Spezialeinheit der Polizei einsehbar sind, und sie haben es nicht fertiggebracht, irgendetwas zu erfahren. Sie war mit jemandem in der Bar zusammen – aber niemand kann auch nur annähernd beschreiben, ob dieser jemand hell oder dunkel, groß oder klein war … ein Schwarzer oder Weißer, Latino, Asiate – nichts!«
    Maggie, die neben ihrem Mann saß, blickte auf. »Finn war da«, murmelte sie.
    »Ja, aber er hat es vielleicht nicht getan, selbst wenn er von dem Dämon besessen ist. Jeder hätte von hier aus in weniger als einer Stunde in Boston sein können. Es hätte sogar einer abends zu Bett gehen können, dann heimlich das Haus verlassen, das Mädchen umbringen und die sterblichen Überreste beseitigen, um dann rechtzeitig wieder zurück zu sein und am Morgen neben seiner Frau aufzuwachen«, sagte Sean.
    »Hey, hey! Ich hab’s!«, rief Jade und sprang fast von ihrem Stuhl auf. Freude und Triumph blitzten aus ihren Augen. »Finns Vorfahr hat nicht versucht, den Dämon zurückzubringen! Seht … die Tinte hier ist verschmiert, und das ist aus einem alten Buch mit Geistergeschichten aus dem achtzehnten Jahrhundert, aber, hört zu! ›Obwohl mein Großvater den Toten nicht gesehen hat, hörte er, dass es der Douglas war – der solch heidnische Bräuche durch die alten Geschichten seiner Familie aus dem schottischen Hochland sehr wohl kannte –, der die Klinge zog und den Mann niederstreckte, welcher bereitwillig seine sterbliche Hülle mit dem Dämon geteilt hätte. Und so starb Cabal Thorne und mit ihm alle Hoffnung des Bösen.‹«
    »Dann ergibt es alles einen Sinn«, stellte Maggie fest. »Finns Vorfahren zerstörten damals Bac-Dals Hoffnungen auf eine Rückkehr. Und Finn wurde nach Boston gelockt – und dann hierher –, sowohl aus Rache als auch, weil es gerade passte.«
    »Sieht so aus«, stimmte Sean zu.
    »Das wird Megan freuen«, meinte Ann lächelnd und schaute auf den Sessel vor dem Kamin.
    Im nächsten Moment sprang sie auf.
    »Sie ist nicht da!«
    Auch Sean stand auf. Alle starrten auf den leeren Sessel.
    »Megan!«, rief Brent Malone.
    Tara stürzte zu der Tür, die ins Schlafzimmer führte, und schaltete das Licht an. »Megan!«
    »Mist!« Brent fluchte. »Die Haustür ist angelehnt.«
    »Du meinst … sie ist einfach aufgestanden und hinausgegangen, und wir alle haben nichts gemerkt?«, fragte Jordan ungläubig.
    Sean fluchte

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