Das Eulenhaus
Wenn Sie sich hier entlang bemühen wollen?«
Die Passion der Engländer für das Herumsitzen im Freien ärgerte Poirot. Im Hochsommer mochten derlei Marotten ja angehen, dachte er, aber Ende September sollte man damit doch wohl verschont werden! Gewiss war es ein milder Tag, aber er hatte doch wie alle Herbsttage schon eine gewisse feuchte Kühle. Da würde man sich unendlich viel lieber in einen behaglichen Salon bitten lassen, dazu vielleicht ein Feuerchen im Kamin. Aber nein, er wurde durch die Terrassentür hinausgeleitet, dann über ein abschüssiges Stück Rasen, an einem Steingarten vorbei, durch ein kleines Tor und einen engen Pfad entlang durch eine dichte Kastanienschonung.
Die Angkatells luden Mittagsgäste gewohnheitsmäßig für ein Uhr ein und nahmen Cocktails und Sherry an schönen Tagen gern im Pavillon neben dem Schwimmbecken. Das Essen selbst war für halb zwei eingeplant. Bis dahin würden auch die unpünktlichsten Gäste den Weg gefunden haben, sodass sich Lady Angkatells exzellente Köchin ohne allzu große Befürchtungen an Soufflés und ähnliche auf die Sekunde genaue Köstlichkeiten machen konnte.
Hercule Poirot hielt das Verfahren für nicht sehr überzeugend. Noch ein Minütchen, und ich bin fast wieder da, wo ich hergekommen bin, dachte er.
Er spürte auch seine Füße immer schmerzhafter in den Schuhen, während er hinter dem großen Gudgeon herging.
Genau in diesem Augenblick hörte er nicht weit vor sich einen kurzen Schrei. Was sein Missbehagen irgendwie noch steigerte. Er klang widersinnig, in gewisser Weise unpassend. Aber er versuchte nicht, ihn einzuordnen, er dachte auch gar nicht weiter darüber nach. Deshalb konnte er sich hinterher auch nur mit Mühe daran erinnern, welche Gefühlsregung der Schrei transportiert hatte – Entsetzen? Überraschtheit? Erschrecken? Poirot konnte nur sagen, dass er etwas eindeutig Unerwartetes ausdrückte.
Gudgeon trat aus der Kastanienschonung und ehrerbietig beiseite, um Poirot den Vortritt zu lassen und sich währenddessen vorbereitend zu räuspern. Dann murmelte er: »Monsieur Poirot, Mylady«, in angemessen respektvollem Dienstbotenton. Aber seine Eilfertigkeit erstarrte urplötzlich, und er schnappte nach Luft. Es war ein sehr unbutlerhafter Ton.
Hercule Poirot trat ebenfalls auf die offene Fläche um das Schwimmbecken herum und erstarrte gleichermaßen jäh, allerdings vor Zorn.
Das war zu viel – das war doch wirklich zu viel! Derart billige Witze hatte er von den Angkatells nicht erwartet. Erst dieser lange Fußmarsch, die Enttäuschung im Haus – und jetzt das! Engländer hatten wirklich einen ungehörigen Humor!
Er war verärgert, und es langweilte ihn – und wie ihn das langweilte. Tod hatte für ihn nichts Amüsantes, aber die Leute hier hatten extra für ihn einen solchen Scherz inszeniert!
Denn er sah direkt auf eine ausgesprochen künstliche Mordszene. Die Leiche lag hübsch arrangiert mit einem hingeworfenen Arm neben dem Schwimmbecken, und über den Rand tröpfelte sogar etwas rote Farbe in das Wasser. Die Leiche war imposant – ein gut aussehender Mann mit blonden Haaren. Über der Leiche stand mit einem Revolver in der Hand eine Frau, eine nicht sehr große, stämmige Frau in mittleren Jahren mit einem merkwürdig leeren Gesichtsausdruck.
Dann waren da noch drei weitere Schauspieler. Am anderen Ende des Beckens stand eine große junge Frau, deren braune Haare zum Herbstlaub passten und die einen Korb voll Dahlienblüten in der Hand hielt. Etwas weiter weg stand ein hochgewachsener, aber unauffälliger Mann mit Jagdwams und Gewehr. Direkt links daneben stand die Gastgeberin Lady Angkatell, die einen Eierkorb hielt.
Hercule Poirot war sofort klar, dass hier am Schwimmbecken verschiedene Wege zusammenliefen und alle Personen jeweils auf einem anderen gekommen waren.
Die ganze Szene hatte etwas sehr Mathematisches und Künstliches.
Er seufzte. Enfin – was erwarteten sie von ihm? Sollte er so tun, als ob er an dieses »Verbrechen« glaubte? Sollte er Entsetzen registrieren – oder Angst? Oder sollte er sich vor der Hausherrin verbeugen und ihr gratulieren? »Mais c’est charmant, was Sie hier haben arrangiert für mich.«
Das Ganze war ausgesprochen dumm – ganz und gar nicht spirituell ! Pflegte nicht Queen Victoria gern zu sagen: »We are not amused«? Er war geneigt, das auch zu tun. »I, Hercule Poirot, am not amused!«
Lady Angkatell ging jetzt zu der Leiche, und er folgte ihr mit Gudgeon, der immer
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