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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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eigentlich so sicher, dass Gerda John getötet hat?«, fragte sie.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Midge spürte, wie die Stimmung wechselte. Eine eigenartige Verwirrung und Anspannung machte sich breit, schließlich schienen alle auf der Hut.
    Dann antwortete Lady Angkatell mit ausdrucksloser Stimme: »Das scheint mir – auf der Hand zu liegen. Oder was würdest du vorschlagen?«
    »Könnte Gerda nicht auch zum Schwimmbecken gekommen sein, John da liegen sehen und den Revolver einfach hochgenommen haben – als wir dazukamen?«
    Wieder herrschte Schweigen.
    »Erzählt Gerda das so?«, fragte Lady Angkatell endlich.
    »Ja.«
    Das war keine schlichte Bejahung. Dahinter saß Kraft. Es kam wie aus der Pistole geschossen.
    Lady Angkatell zog die Augenbrauen hoch und erklärte anscheinend beiläufig: »Es gibt Sandwiches und Kaffee im Esszimmer.«
    Sie brach mit einem kleinen Japser ab, als Gerda durch die offene Tür hereinkam.
    »Ich… ich hatte das Gefühl, ich kann nicht länger liegen. Man ist… man ist so schrecklich unruhig«, beeilte sie sich zu erklären.
    »Sie müssen sich hinsetzen – Sie müssen sich sofort hinsetzen!«, rief Lady Angkatell. Sie verscheuchte Midge vom Sofa, schob Gerda auf ihren Platz und stopfte ihr ein Kissen in den Rücken.
    »Sie Ärmste«, sagte sie mit Nachdruck. Aber die Wörter schienen keine rechte Bedeutung zu haben.
    Edward ging zum Fenster und starrte hinaus.
    Gerda strich sich die aufgelösten Haare aus der Stirn. Ihre Stimme klang aufgeregt und bestürzt. »Ich… ich fange erst ganz allmählich an zu begreifen. Also, ich habe das gar nicht fühlen können… ich fühle es immer noch nicht, dass es alles wirklich ist… dass John… tot ist.« Sie fing an zu zittern. »Wer kann ihn getötet haben? Wer kann ihn denn bloß getötet haben?«
    Lady Angkatell holte tief Luft und drehte den Kopf abrupt zur Tür zum Herrenzimmer. Sie war aufgegangen. Sir Henry kam in Begleitung von Inspektor Grange, einem großen, stattlichen Mann mit einem nach unten gebogenen, pessimistischen Schnurrbart.
    »Meine Frau – Inspektor Grange.«
    Grange verbeugte sich. »Lady Angkatell, ob ich wohl eben ein, zwei Worte mit Mrs Christow wechseln – «
    Er hielt inne, als Lady Angkatell auf die Gestalt auf dem Sofa deutete. »Mrs Christow?«, fragte er dann.
    »Ja, ich bin Mrs Christow«, sagte Gerda eilfertig.
    »Ich möchte Sie nicht quälen, Mrs Christow, aber ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Sie können selbstverständlich Ihren Anwalt hinzuziehen, wenn Sie das lieber – «
    »Das ist manchmal klüger, Gerda«, warf Sir Henry ein.
    Sie fiel ihm ins Wort. »Meinen Anwalt? Warum denn einen Anwalt? Was soll denn ein Anwalt über Johns Tod wissen?«
    Inspektor Grange hustete. Sir Henry schien etwas sagen zu wollen. Aber Henrietta kam ihm zuvor.
    »Der Inspektor möchte nur wissen, was heute Mittag passiert ist.«
    Gerda wandte sich an den Inspektor. »Das ist alles wie ein böser Traum«, erzählte sie, noch immer erstaunt, »irgendwie nicht wirklich. Ich… ich konnte nicht einmal weinen oder so etwas. Man fühlt einfach nichts.«
    Grange beschwichtigte sie. »Das ist nur der Schock, Mrs Christow.«
    »Ja, ja – das ist es wohl. Aber wissen Sie, es kam alles so plötzlich. Ich bin aus dem Haus gegangen und den Weg zum Schwimmbecken entlang – «
    »Um welche Uhrzeit, Mrs Christow?«
    »Es war kurz vor eins – ungefähr zwei Minuten davor. Das weiß ich, weil ich auf die Uhr da gesehen hatte. Und als ich zum Schwimmbecken kam, da – lag John da – und Blut war auf dem Betonrand.«
    »Haben Sie einen Schuss gehört, Mrs Christow?«
    »Ja – nein – ich weiß nicht. Ich wusste doch, dass Sir Henry und Mr Angkatell draußen schießen waren. Aber ich – ich habe nur John gesehen – «
    »Ja, Mrs Christow?«
    »John und – Blut und – einen Revolver. Ich habe den Revolver genommen – «
    »Warum?«
    »Entschuldigung bitte?«
    »Warum haben Sie den Revolver genommen, Mrs Christow?«
    »Ich – ich weiß nicht.«
    »Sie hätten ihn eigentlich nicht anfassen dürfen.«
    »Ach nein?« Gerda war zerstreut, ihr Gesicht leer. »Das habe ich aber. Ich habe ihn in meinen Händen gehalten.« Sie sah jetzt auf ihre Hände, als sähe sie in ihrer Einbildung den Revolver noch immer darin liegen. Dann drehte sie sich heftig zu Inspektor Grange um. Auch ihre Stimme klang plötzlich heftig – und gequält.
    »Wer könnte John getötet haben? Das kann doch kein Mensch gewollt haben.

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