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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»es geht an David. Ach, deshalb – «
    »Deshalb was?«
    »Deshalb hat Lucy ihn hierher eingeladen… David und ›Ainswick‹?« Sie schüttelte den Kopf. »Das passt irgendwie nicht zusammen.«
    Poirot zeigte auf den Pfad direkt vor ihnen. »Ist es dieser Pfad, Mademoiselle, auf welchem Sie gestern zum Schwimmbecken kamen?«
    Sie erschauerte kurz. »Nein, auf dem anderen, dichter am Haus. Edward kam hier entlang.« Sie drehte sich abrupt zu Poirot um. »Müssen wir weiter darüber sprechen? Ich hasse das Schwimmbecken. Ich hasse sogar das ›Eulenhaus‹ da unten in der Mulde.«
    Poirot murmelte:
     
    »Ich hasse die schaurige Mulde da hinter dem kleinen Hain,
    ihr Rand auf dem Felde zerfranst von Heide wie Blut so rot,
    ihr rot geäderter Schlund hallt schweigend von blut’ger Pein.
    Und Echo gibt drunten, was immer man fragt, nur eine Antwort: ›Tod!‹«
     
    Henrietta sah ihn verwundert an. »Tennyson.«
    Poirot nickte stolz. »Die Poesie Ihres Lord Tennyson.«
    Henrietta wiederholte: »Und Echo gibt drunten, was immer man fragt…« Und fuhr eher zu sich selbst fort: »Aber natürlich ja sicher – das ist es – Echo!«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Echo – der Ort hier, das ›Eulenhaus‹ selbst! Ich habe es genauso fast schon einmal gesehen – am Samstag, als Edward und ich den Hügel hoch zum Kamm gegangen sind. Ein Echo von ›Ainswick‹. Und das sind wir alle, wir Angkatells – Echos!
    Wir sind nicht wirklich – nicht so wirklich, wie John es war.«
    Wieder sah sie Poirot an. »Wenn Sie ihn doch kennen gelernt hätten, Monsieur Poirot. Verglichen mit John sind wir alle Schatten. John war wirklich lebendig.«
    »Ich wusste das sogar, als er starb, Mademoiselle.«
    »Ja. Man konnte es fühlen… Und jetzt ist John tot, aber wir, die Echos, leben… Das klingt doch wie ein ganz schlechter Scherz.«
    Alle Jugendlichkeit war wieder aus ihrem Gesicht gewichen.
    Ihre Lippen hatten einen bitteren Schwung wie von plötzlichem Schmerz.
    Als Poirot sie etwas fragte, war sie einen Moment lang abwesend und bekam die Frage nicht mit. »Entschuldigen Sie, Monsieur Poirot, was haben Sie gesagt?«
    »Ich wollte wissen, ob Ihre Tante, Lady Angkatell, Dr. Christow mochte.«
    »Lucy? Sie ist übrigens meine Kusine, nicht meine Tante. Ja, sie mochte ihn sehr gern.«
    »Und Ihr – ist er auch ein Cousin, Mr Edward Angkatell? Hat er Dr. Christow gemocht?«
    Er fand, dass sie ein bisschen verlegen klang, als sie darauf antwortete.
    »Nicht besonders – aber er kannte ihn auch kaum.«
    »Und Ihr – Ihr anderer Cousin? Mr David Angkatell?«
    Henrietta lächelte. »David hasst uns, glaube ich, allesamt. Er vergräbt sich die meiste Zeit in der Bibliothek und liest die Encyclopedia Britannica.«
    »Ah, ein ernsthafter junger Mann.«
    »David tut mir leid. Er hatte es sehr schwer zuhause. Seine Mutter war nervenleidend – gebrechlich. Und sein ganzer Selbstschutz besteht darin, sich aller Welt überlegen zu fühlen. Das ist in Ordnung, solange es funktioniert, aber hin und wieder tut es das nicht, und dann blitzt der verletzliche David durch.«
    »Hat er sich auch Dr. Christow überlegen gefühlt?«
    »Er hat es versucht – aber ich glaube nicht, dass es geklappt hat. John Christow war vermutlich genau der Typ Mann, der David gern wäre. Infolgedessen verachtete er John.«
    Poirot nickte nachdenklich. »Ja – Selbstsicherheit, Selbstvertrauen, Virilität – all die starken männlichen Eigenschaften. Das ist interessant – sehr interessant.«
    Henrietta sagte nichts.
    Unten beim Schwimmbecken sah Hercule Poirot durch die Bäume hindurch einen Mann, der sich bückte und etwas suchte oder zu suchen schien. »Ich möchte wissen – «, murmelte er.
    »Wie bitte?«
    »Das ist einer von Inspektor Granges Männern«, sagte Poirot, »er sieht aus, als ob er etwas sucht.«
    »Spuren, nehme ich an. Suchen Polizisten nicht immer nach Spuren? Zigarettenasche, Fußstapfen, abgebrannte Streichhölzer.« In ihrer Stimme schwang eine Art bitterer Spott mit.
    Poirot antwortete ganz ernst. »Mais oui, sie suchen nach so etwas – und sie finden es auch manchmal. Aber die wirklichen Spuren in einem Fall wie diesem, Miss Savernake, liegen in den persönlichen Beziehungen der betroffenen Leute.«
    »Ich glaube, ich verstehe Sie nicht.«
    »Kleinigkeiten.« Poirot legte den Kopf in den Nacken und schloss halb die Augen. »Keine Zigarettenasche, kein Abdruck von einem Gummiabsatz – aber eine Geste vielleicht, ein Blick, eine unerwartete

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