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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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antwortete Sir Henry steif.
    »Man macht manchmal Sachen«, sinnierte Lady Angkatell nachdenklich vor sich hinstarrend weiter, »und hinterher weiß man gar nicht mehr, warum. Aber, Herr Inspektor, ich finde ja, dass es immer einen Grund gegeben hat, man muss ihn nur finden. Ich muss ja irgendetwas im Kopf gehabt haben, als ich die Mauser in meinen Eierkorb gelegt habe.« Sie sah Grange flehentlich an. »Was glauben Sie denn, was das gewesen sein könnte?«
    Wieder starrte Grange sie nur an. Er konnte keinerlei Verlegenheit bei ihr erkennen – nur kindlichen Eifer. Es verschlug ihm die Sprache. Er war noch nie jemandem wie Lucy Angkatell begegnet, und einen Augenblick lang wusste er nicht, was er machen sollte.
    »Meine Frau«, erläuterte Sir Henry, »ist ausgesprochen vergesslich.«
    »Den Anschein hat es, Sir«, sagte Grange schließlich, und es klang nicht sehr freundlich.
    »Aber was denken Sie denn nun, warum ich die Pistole genommen habe?«, fragte Lady Angkatell treuherzig.
    »Ich habe keine Ahnung, Lady Angkatell.«
    »Ich kam hier ins Zimmer«, sinnierte sie weiter, »ich hatte vorher mit Simmons gesprochen, über die Kissenbezüge… ich kann mich schwach erinnern, dass ich zum Kamin gegangen bin… und noch gedacht habe, wir brauchen einen neuen Feuerhaken – also, den kleinen, nicht den – «
    Inspektor Grange starrte vor sich hin. Ihm drehte sich der Kopf.
    » – und ich weiß noch, dass ich die Mauser genommen habe… das war ja so ein handliches kleines Ding, die habe ich immer schon gemocht… ich habe sie in den Korb getan – den Korb hatte ich gerade aus dem Blumenzimmer geholt… Aber ich hatte ja so viel im Kopf – Simmons, nicht, und die Winde, die da zwischen den Strandastern wuchert – und dass Mrs Medway hoffentlich einen richtig schön üppigen Mohr im Hemd macht – «
    »Einen Mohr im Hemd?«, platzte Inspektor Grange dazwischen.
    »Na, aus Schokolade und Eiern – und obendrauf Schlagsahne. Genau das richtige Dessert nach dem Mittagessen für einen Ausländer.«
    Jetzt wurde Inspektor Grange heftig. Er kam sich vor wie ein Mann, der Spinnweben wegwischt, die ihm die Sicht versperren, als er brüsk fragte: »Haben Sie die Pistole geladen?«
    Er hatte gehofft, sie aufschrecken zu können – oder ihr wenigstens ein bisschen Angst einzujagen.
    Aber Lady Angkatell dachte fast verzweifelt über die Frage nach. »Habe ich das? Es ist doch zu dumm. Ich weiß es nicht mehr. Aber ich will doch meinen, dass ich sie geladen haben muss, nicht wahr, Herr Inspektor? Ich meine, wozu soll eine Pistole ohne Munition denn gut sein? Wenn ich mich doch nur erinnern könnte, was ich in dem Moment im Kopf hatte.«
    »Meine liebe Lucy«, sagte Sir Henry, »die Frage, was in deinem Kopf vorgeht oder eben nicht, hat noch jeden zur Verzweiflung getrieben, der dich ein paar Jahre kennt.«
    Sie schenkte ihm ein sehr liebliches kurzes Lächeln. »Ich versuche doch mich zu erinnern, Henry, mein Lieber. Man macht ja so merkwürdige Sachen. Gestern Morgen habe ich zum Beispiel den Hörer vom Telefon genommen und ihn nur fassungslos angestarrt. Mir fiel einfach nicht mehr ein, was ich mit dem eigentlich wollte.«
    »Vermutlich wollten Sie jemanden anrufen«, sagte der Inspektor kühl.
    »Nein, komischerweise nicht. Hinterher habe ich mich erinnert – ich hatte Mrs Mears, die Gärtnersfrau, gesehen, und die hatte ihr Baby so drollig gehalten, und da habe ich den Hörer genommen und wollte das ausprobieren, also, wie man ein Baby hält. Mir war natürlich klar, dass es nur deshalb drollig aussah, weil Mrs Mears linkshändig ist und das Köpfchen andersrum in der Hand hielt.«
    Triumphierend sah sie von einem zum anderen.
    Tja, dachte der Inspektor, kann schon sein, dass es solche Leute gibt.
    Aber ganz sicher war er nicht.
    Das Ganze, fiel ihm ein, könnte auch ein Lügengewebe sein. Das Küchenmädchen zum Beispiel hatte klar und deutlich ausgesagt, dass Gudgeon einen Revolver in der Hand gehabt hatte. Andererseits durfte man das nicht überbewerten. Das Mädchen hatte keine Ahnung von Feuerwaffen. Sie hatte gehört, dass im Zusammenhang mit dem Verbrechen von einem Revolver die Rede war, und für sie waren Revolver und Pistole sowieso dasselbe.
    Gudgeon und Lady Angkatell hatten dagegen beide auf die Mauser-Pistole verwiesen – nur gab es für diese Aussage keinen Beweis. Es könnte sehr wohl auch der fehlende Revolver gewesen sein, den Gudgeon in der Hand gehabt hatte, und er könnte ihn durchaus

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