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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bekommen hoffe.«
    »Oh, ich verstehe Sie sehr gut – der Eindruck eines Augenzeugen kann auch etwas sehr Nützliches sein. Aber ich schäme mich, sagen zu müssen, dass meine Eindrücke wertlos sind. Ich war dank der visuellen Beweislage der irrigen Auffassung, dass Mrs Christow auf ihren Mann geschossen hatte – deshalb kam mir, als Dr. Christow die Augen öffnete und ›Henrietta‹ sagte, gar nicht der Gedanke, das könnte eine Anschuldigung sein. Und jetzt in der Rückschau ist es verführerisch, etwas in die Szene hineinzulesen, das gar nicht da war.«
    »Ja, das verstehe ich«, sagte Grange. »Trotzdem finde ich, da ›Henrietta‹ Christows letztes Wort war, muss es eine von zwei Bedeutungen haben. Entweder sollte es den Mörder beschuldigen oder es war – sagen wir: die reine Emotion. Sie ist die Frau, die er liebt, und er liegt im Sterben. Wenn Sie sich das alles vor Augen führen, nach welchem von beiden klang es für Sie?«
    Poirot seufzte wieder unruhig, schloss die Augen, öffnete sie wieder und rang sichtbar verdrossen die Hände. »Die Stimme klang dringlich«, sagte er, »das ist alles, was ich sagen kann – dringlich. Sie kam mir weder beschuldigend noch emotional vor – aber dringlich, doch! Und ich weiß noch etwas mit Sicherheit: Er war im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Er sprach wie – ja, er sprach wie ein Arzt, ein Arzt, der, sagen wir mal, plötzlich eine Notoperation vor sich hat, einen Patienten, der gerade verblutet, vielleicht.« Poirot zuckte die Schultern. »Das ist alles, was ich Ihnen bieten kann.«
    »Ziemlich medizinisch, was?«, sagte der Inspektor. »Nun ja, das wäre tatsächlich ein dritter Blickwinkel. Er war angeschossen, er ahnte, dass er sterben würde, er brauchte schnelle Hilfe. Und wenn Miss Savernake, wie Lady Angkatell sagt, der erste Mensch war, den er sah, als er die Augen öffnete, dann hätte er sie darum gebeten. Sehr befriedigend ist das allerdings nicht.«
    »Bei diesem Fall ist gar nichts befriedigend«, sagte Poirot mit einer gewissen Bitterkeit.
    Eine Mordszene, die extra zur Täuschung von Hercule Poirot inszeniert und aufgeführt worden war – und sie hatte ihn tatsächlich getäuscht! Nein, das war nicht befriedigend.
    Inspektor Grange sah aus dem Fenster. »Hallo, da kommt ja Clark, mein Sergeant. Sieht aus, als hätte er etwas herausgekriegt. Er hat die Dienstmädchen bearbeitet – ganz auf die freundliche Tour. Sieht ja gut aus, der Bursche, kommt gut an bei Frauen.«
    Sergeant Clark war ein bisschen außer Atem, aber deutlich stolz auf sich, obwohl er das hinter respektvoll amtlichem Benehmen verbarg. »Dachte, ich komme gleich mal vorbei und erstatte Bericht, Sir, da ich ja wusste, wo Sie sind.«
    Er zögerte und sah skeptisch in Richtung Poirot, dessen exotische, ausländische Erscheinung so gar nicht seiner Vorstellung von amtlicher Diskretion entsprach.
    »Heraus damit, mein Junge«, sagte Grange. »Keine Sorge wegen Monsieur Poirot hier. Er hat von diesem Spiel schon mehr vergessen, als Sie in vielen Jahren lernen werden.«
    »Jawohl, Sir. Folgendermaßen, Sir. Ich habe etwas aus dem Küchenmädchen – «
    Grange unterbrach ihn und wandte sich triumphierend zu Poirot. »Was habe ich Ihnen gesagt? Wo ein Küchenmädchen ist, da ist Hoffnung. Der Himmel sei uns gnädig, wenn das Hauspersonal eines Tages so zurückgeht, dass kein Mensch mehr ein Küchenmädchen hat. Küchenmädchen reden, Küchenmädchen plappern. Die werden so geknechtet und geknebelt von der Köchin und den höheren Dienstboten, da ist es einfach menschlich, dass sie alles, was sie wissen, ausplaudern, wenn das jemand hören will. Weiter, Clark.«
    »Folgendes sagt das Mädchen, Sir. Nämlich dass sie am Samstagnachmittag Gudgeon, den Butler, gesehen hat, wie er durch die Eingangshalle ging und einen Revolver in der Hand hatte.«
    »Gudgeon?«
    »Jawohl, Sir.« Clark griff zu einem Notizbuch. »Folgendes sind ihre Worte: ›Ich weiß nicht, was ich machen soll, aber ich muss, glaube ich, sagen, was ich an dem Tag gesehen habe. Ich habe Mr Gudgeon gesehen, und der hat mit einem Revolver in der Hand in der Halle gestanden. Mr Gudgeon hat wirklich sehr merkwürdig ausgesehen.‹ Ich glaube allerdings nicht«, schloss Clark, »dass der Satz mit dem merkwürdigen Aussehen irgendetwas zu bedeuten hat. Das hat sie wahrscheinlich einfach so dazugefügt. Aber ich dachte, Sie sollten das sofort erfahren, Sir.«
    Inspektor Grange stand auf, zufrieden wie ein Mann, der sich vor

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