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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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getan, Lucy?«
    Lady Angkatell stand wieder auf. Sie zog zwei ausgeblühte Blumen aus einer Vase. »Aber Schatz«, sagte sie dann, »denkst du etwa auch nur einen Moment lang, dass ich John Christow erschossen habe? Ich hatte zwar diese alberne Idee mit dem Unfall, aber weißt du, dann ist mir wieder eingefallen, dass wir John Christow ja doch hierher eingeladen hatten – das kam ja nicht von ihm. Und man kann doch nicht jemanden bitten, sein Gast zu sein, und dann Unfälle arrangieren. Gastfreundschaft ist ja sogar bei Arabern hoch geachtet. Also, mach dir keine Sorgen, Henry, ja?«
    Sie stand da und sah ihn mit ihrem strahlenden, liebevollen Lächeln an.
    »Ich mache mir immer Sorgen um dich, Lucy.«
    »Das musst du doch nicht, Schatz. Und sieh mal, es ist ja dann doch alles gut ausgegangen. John ist tatsächlich weg, ohne dass wir damit etwas zu tun haben. Da fällt mir ein«, sagte sie in Gedanken, »weißt du noch, dieser Mann in Bombay, der sich so schrecklich rüpelhaft mir gegenüber benommen hat – der ist ja auch drei Tage später von der Straßenbahn überfahren worden.« Sie hakte die Terrassentürflügel auf und ging hinaus in den Garten.
    Sir Henry blieb still sitzen und sah hinter ihrer großen schlanken Gestalt her, wie sie den Weg hinunterging. Er wirkte alt und müde und hatte den Gesichtsausdruck eines Mannes, der auf Tuchfühlung mit der Angst lebt.
     
    In der Küche sank die tränenüberströmte Doris Emmott unter dem strengen Tadel von Gudgeon in sich zusammen. Mrs Medway und Miss Simmons gaben eine Art griechischen Chor dazu.
    »Sich so wichtig zu machen und so voreilig Schlüsse zu ziehen, das macht nur ein völlig unerfahrenes Mädchen.«
    »Ganz recht«, sagte Mrs Medway.
    »Wenn du mich mit einer Pistole in der Hand siehst, dann gehört es sich, dass du zu mir kommst und sagst: ›Mr Gudgeon, wären Sie so freundlich, mir das zu erklären?‹«
    »Zu mir hättest du auch kommen können«, warf Mrs Medway ein, »ich bin stets gern bereit, einem jungen Mädchen, das wo die Welt nicht kennt, zu sagen, wo es langgeht.«
    »Was du jedenfalls nicht hättest tun dürfen«, polterte Gudgeon weiter, »ist, alles einem Polizisten auszuplappern – und obendrein einem, der bloß Sergeant ist! Lass dich mit der Polizei nie mehr ein als unbedingt nötig. Es ist schon schlimm genug, dass man die überhaupt im Haus hat.«
    »Unbeschreiblich schlimm«, murmelte Miss Simmons. »Ich habe so was noch nie erlebt.«
    »Wir alle wissen, wie ihre Ladyschaft ist«, fuhr Gudgeon fort. »Ich wundere mich über gar nichts, was ihre Ladyschaft tut – aber die Polizei kennt ihre Ladyschaft nicht so wie wir, und es wäre unerhört, wenn ihre Ladyschaft mit albernen Fragen und Argwohn belästigt würde, bloß weil sie mit Feuerwaffen herumspaziert. So etwas tut sie eben einfach, aber die Polizei sieht ja überall gleich Mord und solche scheußlichen Dinge. Ihre Ladyschaft gehört zu der Art zerstreute Damen, die keiner Fliege etwas zu Leide tun können, aber es lässt sich nicht bestreiten, dass sie Dinge an kuriosen Stellen platziert. Ich werde nie vergessen«, erinnerte er sich jetzt gerührt, »wie sie einmal einen lebenden Hummer mitgebracht und in die Schale für die Visitenkarten gelegt hat. Ich dachte, ich habe Halluzinationen!«
    »Das war wohl vor meiner Zeit?« Simmons klang neugierig.
    »Ein andermal«, unterband Mrs Medway weitere Enthüllungen mit einem Blick auf die in Ungnade gefallene Doris. »Sieh mal, Doris, wir sagen dir das alles zu deinem eigenen Besten. Mit der Polizei zu tun zu haben ist ordinär, merk dir das. Du kannst jetzt mit dem Gemüse weitermachen, und sei mit den Feuerbohnen gefälligst vorsichtiger als gestern Abend.«
    Doris schniefte, sagte: »Jawohl, Mrs Medway«, und schlurfte zum Ausguss zurück.
    Und Mrs Medway sagte in düsterer Vorahnung: »Ich habe das Gefühl, dass mir die Pasteten nachher gar nicht leicht von der Hand gehen. Dieser grässliche Gerichtstermin morgen. Immer wenn ich daran denke, dreht sich mir der Magen um. So was aber auch – dass uns das passieren muss.«

22
     
    D ie Torklinke schnappte ein, und Poirot sah gerade noch rechtzeitig aus dem Fenster, um zu erkennen, wer da den Weg zur Haustür entlangkam. Er wusste sofort, dass sie es war. Er war gespannt, was Veronica Cray dazu brachte, ihn zu besuchen.
    Mit ihr kam ein feiner Parfümhauch ins Zimmer, ein Duft, den Poirot wieder erkannte. Sie trug ein Tweedkostüm und feste flache Schuhe, genau wie

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