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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Schaufenster.
    Edward verstand zwar nichts von Damenmode, aber sein sicherer Instinkt sagte ihm, dass all diese Auslagen irgendwie in die Rubrik protziger Kitsch gehörten. Nein, fand er, der Laden ist Midge nicht wert. Irgendjemand muss da etwas unternehmen – Lady Angkatell vielleicht.
    Mit einem Ruck überwand er seine Scheu, straffte die leicht hängenden Schultern und ging hinein.
    Er war augenblicklich starr vor Verlegenheit. Zwei platinblonde junge Dinger mit schrillen Stimmen beäugten eben die Kleider in einer Vitrine, während eine dunkelhaarige Verkäuferin danebenstand und wartete. Hinten im Laden stritt sich eine kleine Frau mit einer dicken Nase, hennaroten Haaren und einer unangenehmen Stimme über Änderungen an einem Abendkleid mit einer konfusen molligen Kundin. In der Umkleidekabine daneben quengelte jemand: »Grässlich, ganz und gar grässlich – können Sie mir nicht mal etwas Anständiges zum Anprobieren bringen?«
    Als Antwort hörte er Midges sanft murmelnde Stimme – eine ehrerbietige, überzeugende Stimme. »Dieses weinrote Modell ist doch wirklich sehr schick. Ich glaube, das würde Ihnen stehen. Wenn Sie mal hineinschlüpfen möchten – «
    »Ich verschwende doch nicht meine Zeit mit Anprobieren, wenn ich schon von vornherein sehe, dass die Sachen nichts taugen. Geben Sie sich gefälligst ein bisschen Mühe. Ich sagte Ihnen schon, dass ich kein Rot will. Wenn Sie zuhören würden, was man Ihnen sagt – «
    Die Zornesröte schoss Edward den Nacken hoch. Er hoffte, dass Midge dieser widerwärtigen Person das Kleid an den Kopf schmiss.
    Aber sie murmelte nur: »Ich sehe noch einmal nach. Aus Grün machen Sie sich wohl nichts, Madam? Oder dies Pfirsichgelb?«
    »Scheußlich – ganz und gar scheußlich! Nein, ich will gar nichts mehr sehen. Reine Zeitverschwendung – «
    Inzwischen hatte Madame Alfrege die mollige Kundin stehen lassen und war zu Edward gekommen. Jetzt sah sie ihn fragend an.
    Er nahm sich zusammen. »Ist – könnte ich – ist Miss Hardcastle wohl da?«
    Madame Alfreges Stirn runzelte sich, aber dann fiel ihr der Schnitt von Edwards Anzug ins Auge, eine Maßanfertigung von der Savile Row, und sie zeigte ein Lächeln, dessen Freundlichkeit womöglich noch widerlicher war, als ihre Übellaunigkeit hätte sein können.
    Aus der Umkleidekabine drang wieder die empörte Stimme: »Passen Sie doch auf! Wie ungeschickt Sie sind. Jetzt haben Sie mein Haarnetz zerrissen.«
    Danach Midge mit gar nicht fester Stimme: »Das tut mir sehr leid, Madam.«
    »So eine Tollpatschigkeit – «, es kam irgendwie gedämpft, »– nein, das mache ich selbst. Meinen Gürtel, bitte.«
    »Miss Hardcastle ist in einer Minute frei«, sagte Madame Alfrege. Ihr Lächeln war jetzt ein anzügliches Schielen aus dem Augenwinkel.
    Eine Frau mit sandfarbenen Haaren und deutlich schlechter Laune schob sich mitsamt etlichen Kartons aus der Umkleidekabine und ging aus dem Laden. Midge riss ihr die Tür auf. Sie trug ein strenges schwarzes Kleid und sah blass und unglücklich aus.
    »Ich wollte dich zum Essen abholen«, sagte Edward ohne jede Vorrede.
    Midge warf einen gequälten Blick auf die Uhr. »Ich kann hier erst um Viertel nach eins raus«, fing sie an.
    Es war zehn nach eins.
    Madame Alfrege erklärte gnädig: »Sie dürfen schon gehen, wenn Sie möchten, Miss Hardcastle, wo Ihr Freund Sie extra abholt.«
    »Ach, danke, Madame Alfrege«, murmelte Midge, und zu Edward gewandt: »Ich bin in einer Minute fertig.« Dann verschwand sie hinten im Laden.
    Edward war zusammengezuckt, weil Madame Alfrege das Wort Freund so mächtig betont hatte, und stand hilflos und wartend herum.
    Madame Alfrege wollte ihn eben in ein kokettes Gespräch verwickeln, als die Tür aufging und eine nach Geld aussehende Dame mit einem Pekinesen hereinkam, die Madame Alfreges Geschäftssinn sofort anregte.
    Dann kam Midge im Mantel wieder, und Edward schob sie am Ellbogen rasch aus dem Laden und auf die Straße.
    »Mein Gott«, sagte er, »mit derlei musst du dich abgeben? Ich habe mit angehört, wie diese verdammte Frau hinter dem Vorhang mit dir geredet hat. Wie hältst du das bloß aus, Midge? Wieso hast du der die verdammten Klamotten nicht an den Kopf geschmissen?«
    »Ich wäre meine Stelle schnell los, wenn ich so was täte.«
    »Aber du hast doch auch manchmal Lust, der Sorte Frauen etwas an den Kopf zu werfen, nicht?«
    Midge holte tief Luft. »Ja, selbstverständlich. Es gibt auch Tage, vor allem am Ende einer heißen

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