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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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das muss es wohl sein. Sie standen auch schon mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür. Inspektor Grange hat sich sehr entschuldigt, der war ja fast schüc h tern, aber ich habe ihm natürlich erklärt, das uns das ein Vergnügen ist. Es war wirklich höchst interessant. Sie haben buchstäblich überall gesucht. Ich bin ja mitgegangen und habe sie noch auf ein, zwei Stellen gebracht, auf die sie gar nicht gekommen waren. Aber gefunden haben sie nichts. Eine ziemliche Enttäuschung. Der arme Inspektor Grange, er wird immer dünner und zerrt und zerrt an seinem Schnurrbart herum. Seine Frau müsste ihm mal etwas extra Stärkendes kochen, bei all den Sorgen, die der Mann hat – ich habe allerdings den leisen Verdacht, dass sie wohl zu diesen Frauen gehört, die sich mehr dafür interessieren, dass das Linoleum auf Hochglanz poliert ist, als ein leckeres Essen zu kochen. Ach, da fällt mir ein, ich muss dringend mit Mrs Medway sprechen. Komisch, dass Dienstboten die Polizei so gar nicht ertragen. Ihr Käsesoufflee gestern Abend war ungenießbar. An Soufflés und Gebäck kann man immer erkennen, wenn jemand aus dem Gleichgewicht ist. Wenn Gudgeon sie nicht alle bei Laune halten würde, ich glaube, die Hälfte hätte schon gekündigt. Ach, ihr zwei könntet doch einfach einen schönen Spaziergang machen und der Polizei suchen helfen.«
     
    Hercule Poirot saß auf der Bank oberhalb des Schwimmbeckens, von der aus man einen Blick über die Kastanienschonung hatte. Er kam sich nicht mehr wie ein unbefugter Eindringling vor, seitdem ihn Lady Angkatell ganz liebenswürdig gebeten hatte, jederzeit überall herumzuspazieren. Über Lady Angkatells Liebenswürdigkeit dachte er in diesem Augenblick gerade nach.
    Ab und zu hörte er Zweige im Wäldchen über sich knacken oder sah eine Gestalt sich durch die Kastanien unter ihm bewegen.
    Jetzt kam Henrietta den Weg von der kleinen Straße hoch. Als sie Poirot sah, blieb sie kurz stehen, dann ging sie zu ihm und setzte sich. »Guten Morgen, Monsieur Poirot. Ich wollte Sie gerade besuchen. Aber Sie waren nicht da. Sie sehen so olympisch aus – sind Sie der neue Jagdaufseher? Der Inspektor ist ja schwer aktiv. Was suchen die eigentlich? Den Revolver?«
    »Ja, Miss Savernake.«
    »Und finden sie ihn, was glauben Sie?«
    »Ich glaube schon. Und zwar ziemlich bald, würde ich sagen.«
    Sie sah ihn fragend an. »Haben Sie denn eine Ahnung, wo er ist?«
    »Nein, aber ich glaube, dass er bald gefunden wird. Es wird einfach Zeit, dass er gefunden wird.«
    »Sie sagen ja seltsame Dinge, Monsieur Poirot!«
    »Hier passieren seltsame Dinge. Sie sind recht schnell aus London zurück, Mademoiselle.«
    Ihr Gesicht bekam etwas Hartes. Sie lachte bitter auf. »Der Mörder kehrt zurück zum Tatort, was? So heißt doch der Aberglaube, nicht? Also, Sie glauben, dass ich – es getan habe? Sie glauben mir nicht, wenn ich Ihnen sage, ich würde nie – ich könnte nie jemanden umbringen?«
    Poirot antwortete nicht sofort. Schließlich sagte er nachdenklich: »Mir war von Anfang an bewusst, dieses Verbrechen war entweder sehr einfach – so einfach, dass es schwerfällt, an die Einfachheit zu glauben, denn Einfachheit, Mademoiselle, kann seltsam täuschend sein. Oder es war äußerst komplex. Das heißt, wir stritten gegen ein Hirn, das zu komplizierten und scharfsinnigen Ideen fähig ist, sodass wir jedes Mal, wenn wir der Wahrheit näher zu kommen schienen, in Wirklichkeit auf eine Fährte geführt worden waren, die sich von der Wahrheit wegbewegte und – im Nichts endete. Diese scheinbare Sinnlosigkeit, diese Fruchtlosigkeit ist aber nicht wirklich – sie ist künstlich, sie ist geplant. Ein sehr raffiniertes, ingeniöses Hirn erfindet die ganze Zeit Tricks gegen uns – und zwar mit Erfolg.«
    »Und?«, fragte Henrietta. »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Das Hirn, das uns diese Tricks inszeniert, ist ein kreatives Hirn, Mademoiselle.«
    »Aha – und damit bin ich im Spiel, ja?« Sie kniff bitter die Lippen zusammen und schwieg. Sie hatte einen Stift aus der Jackentasche gezogen und zeichnete jetzt stirnrunzelnd auf dem weiß lackierten Holz der Bank herum. Es war der Umriss eines Fantasiebaums.
    Poirot sah ihr zu. Irgendetwas schoss ihm durchs Hirn – wie er am Nachmittag nach der Tat in Lady Angkatells Salon gestanden und auf einen Stapel Bridgezettel geguckt hatte, wie er am nächsten Morgen vor dem lackierten Eisentisch gestanden hatte, und was er Gudgeon gefragt hatte.
    »Das hatten Sie

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