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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gestört«, sagte Midge zu Edward, als sie nach dem Essen in den Wald hinaufschlenderten.
    Die Rebhühner und das Soufflé waren grandios gewesen, und das Ende der Ermittlungen hatte die Stimmung erheblich entlastet.
    Nachdenklich antwortete Edward: »Ich habe immer gedacht, dass Lucys Hirn brillant ist, aber funktioniert wie ein Gesellschaftsspiel, wer zuerst das fehlende Wort ergänzen kann. Als ob sie sich von Wort zu Wort hangelt, aber jedes Mal den Nagel auf den Kopf trifft.«
    »Trotzdem«, sagte Midge ganz sachlich, »manchmal macht Lucy mir Angst.« Und mit einem leisen Schauder fügte sie hinzu: »Auch das Haus hier macht mir neuerdings Angst.«
    »Das ›Eulenhaus‹?« Edward sah sie erstaunt an. »Mich erinnert es ein bisschen an ›Ainswick‹«, sagte er, »obwohl es natürlich nicht das wirkliche – «
    Midge fiel ihm ins Wort. »Das ist es ja, Edward. Mir macht alles Angst, was nicht wirklich ist. Man weiß immer nicht, was dahinter steckt. Das ist wie – ach, wie bei Masken.«
    »Du hast aber eine blühende Fantasie, kleine Midge.«
    Der alte Tonfall, der nachsichtige Ton, in dem er schon vor Jahren gesprochen hatte. Damals hatte er ihr gefallen, jetzt empfand sie ihn als unangenehm. Sie gab sich alle Mühe, um klar zu machen, was sie meinte – um ihm zu beweisen, dass hinter dem, was er als Fantasie bezeichnete, eine nur schwach erkennbare Wirklichkeit lag.
    »In London hatte ich das nicht mehr, aber jetzt, wo ich wieder hier bin, scheint es auch wieder da zu sein. Dieses Gefühl, alle wissen, wer John Christow umgebracht hat. Und die Einzige, die keine Ahnung hat – bin ich.«
    »Müssen wir uns mit John Christow beschäftigen?«, fragte Edward gereizt. »Er ist tot. Tot und weg.«
    Midge zitierte leise:
     
    »Er ist lange tot und hin,
    tot und hin, Fräulein !
    Ihm zu Häupten ein Rasen grün,
    ihm zu Fuß ein Stein.«
     
    Sie legte Edward ihre Hand auf den Arm. »Wer hat ihn denn nun umgebracht, Edward? Wir dachten doch Gerda – aber Gerda war es nicht. Wer war es dann? Sag mir, was du glaubst? War es jemand, von dem wir nie gehört haben?«
    »Die ganze Spekuliererei bringt doch nichts ein«, antwortete er, immer noch gereizt. »Wenn die Polizei das nicht herausfindet oder genug Beweise hat, dann muss man die ganze Angelegenheit fallen lassen und wir sind sie los.«
    »Na ja – aber dieses Nichtwissen.«
    »Warum sollten wir etwas wissen wollen? Was hat John Christow denn mit uns zu tun?«
    Mit uns, dachte Midge, mit Edward und mir? Gar nichts! Ein beruhigender Gedanke – sie und Edward verbunden in Zweieinigkeit. Und doch – und doch – war John Christow trotz der großen Beerdigung und all der Worte an seinem Grab nicht tief genug begraben. Er ist tot und hin, Fräulein… Doch John Christow war nicht tot und fort – auch wenn Edward sich das noch so sehr wünschte. John Christow war noch immer anwesend im »Eulenhaus«.
    »Wo wollen wir denn hingehen?«, fragte Edward.
    Etwas an seinem Tonfall gab ihr zu denken. »Lass uns oben auf dem Hügelkamm entlanggehen. Ja?«
    »Wenn du möchtest.«
    Aus irgendeinem Grund wollte er nicht recht. Sie hätte gern gewusst, warum nicht. Eigentlich war das sein Lieblingsspaziergang. Er war doch fast immer mit Henrietta – Der Gedanke machte klick und brach ab. Er mit Henrietta! »Warst du in diesem Herbst schon mal da?«, fragte sie.
    »Ich bin am ersten Nachmittag mit Henrietta hier hochgegangen«, antwortete er steif.
    Schweigend gingen sie weiter. Schließlich waren sie oben und setzten sich auf einen umgestürzten Baum.
    Midge dachte: Hier hat er vielleicht mit Henrietta auch gese s sen. Sie drehte wieder und wieder den Ring an ihrem Finger. Der Diamant warf ihr kalte Blitze zu. Keine Smaragde, hatte er gesagt. Sie gab sich einen kleinen Ruck und sagte: »Wieder Weihnachten in ›Ainswick‹ zu feiern wird wunderbar.«
    Er schien sie nicht zu hören. Er war ganz woanders.
    Er denkt an Henrietta und an John Christow, dachte sie.
    Sie hatten hier gesessen, und er hatte etwas zu Henrietta gesagt, oder sie hatte etwas zu ihm gesagt. Vielleicht wusste Henrietta wirklich, was sie nicht wollte, aber er gehörte noch immer zu Henrietta. Er würde, dachte Midge, immer zu Henrietta gehören…
    Schmerz fiel über sie her. Die ganze glückliche Seifenblasenwelt, in der sie die letzte Woche gelebt hatte, zitterte und platzte entzwei.
    Ich kann so nicht leben, dachte sie, wenn Henrietta ihm ständig im Kopf herumgeht. Dagegen komme ich nicht an. Das kann

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