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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ich nicht ertragen.
    Der Wind schickte Seufzer durch die Bäume – die Blätter fielen jetzt schnell herunter, es gab fast keine goldenen Blätter mehr, nur noch braune.
    »Edward!«, sagte sie.
    Die Dringlichkeit in ihrer Stimme schreckte ihn auf. Er drehte sich zu ihr. »Ja?«
    »Tut mit leid, Edward.« Ihre Lippen bebten, aber sie zwang sich, ruhig und beherrscht zu sprechen. »Ich muss es dir sagen. Es hat keinen Sinn. Ich kann dich nicht heiraten. Es würde nicht gut gehen, Edward.«
    »Aber Midge«, sagte er, ›»Ainswick‹ – ist doch – «
    »Ich kann dich nicht nur wegen ›Ainswick‹ heiraten, Edward. Das – das musst du doch einsehen.«
    Er seufzte auf. Es war ein langer, weicher Seufzer. Er klang wie ein Echo der toten Blätter, die weich von den Asten segelten. »Ich verstehe, was du meinst«, sagte er schließlich. »Ja, wahrscheinlich hast du Recht.«
    »Es war lieb mich zu bitten, lieb und süß. Aber es reicht nicht. Es würde nicht gut gehen.«
    Sie hatte die leise Hoffnung gehabt, er würde ihr widersprechen, würde versuchen, sie zu überreden, aber er hatte offenbar selbst genau dasselbe Gefühl wie sie. Hier, wo der Schatten Henriettas nah bei ihm war, schien es auch ihm vorzukommen, als könne das nicht gut gehen.
    »Nein«, sagte er, fast wie ein Echo, »es würde nicht gut gehen.«
    Sie zog den Ring vom Finger und hielt ihn ihm hin.
    Sie würde Edward immer lieben, und Edward würde Henrietta immer lieben, und das Leben war nun mal einfach die schiere Hölle.
    »Ein wunderbarer Ring, Edward«, sagte sie, mit einem kleinen Schluchzer in der Stimme.
    »Behalt ihn doch bitte, Midge. Ich möchte, dass du ihn hast.« Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht.«
    Mit einem leise süffisanten Zug um den Mund sagte er: »Ich gebe ihn bestimmt nie jemand anderem.«
    Es passierte in aller Freundschaft. Er hatte keine Ahnung, was sie empfand, und würde auch nie eine haben. Der Himmel auf dem Silbertablett – aber das Tablett war zerbrochen und der Himmel ihr durch die Finger gerutscht. Oder vielleicht nie in ihrer Hand gewesen.
     
    Poirot empfing seinen dritten Besuch an diesem Nachmittag.
    Henrietta Savernake und Veronica Cray waren bereits da gewesen. Jetzt erschien Lady Angkatell. Sie kam in ihrer gewohnten Art Körperlosigkeit den Gartenweg entlanggeschwebt.
    Er öffnete die Tür, und sie stand lächelnd vor ihm.
    »Ich bin gekommen, um Sie zu besuchen«, verkündete sie.
    So wie eine Fee einem gewöhnlichen Sterblichen einen Wunsch erfüllen würde.
    »Enchanté, Madame.«
    Er führte sie in das Wohnzimmer, und sie nahm auf dem Sofa Platz und lächelte wieder.
    Hercule Poirot dachte: »Sie ist zwar alt, ihre Haare sind grau, sie hat Falten im Gesicht. Aber sie ist dennoch zauberhaft – sie wird diesen Zauber auch nie verlieren…«
    Lady Angkatell sprach mit sanfter Stimme. »Ich möchte, dass Sie etwas für mich tun.«
    »Ja, Lady Angkatell?«
    »Zunächst mal muss ich mit Ihnen reden – über John Christow.«
    »Über Dr. Christow?«
    »Ja. Nach meinem Dafürhalten kann man jetzt nur noch einen dicken Strich unter die ganze Sache machen. Sie verstehen doch, was ich meine, ja?«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was Sie meinen, Lady Angkatell.«
    Sie schenkte ihm wieder ihr entzückendes, betörendes Lächeln und legte ihm eine lange weiße Hand auf den Ärmel. »Lieber Monsieur Poirot, das wissen Sie ganz genau. Die Polizei wird noch ein bisschen hinter dem Besitzer dieser Fingerabdrücke herjagen, aber finden werden sie ihn nicht, und am Ende lassen sie die ganze Geschichte fallen. Aber Sie, verstehen Sie, Sie werden sie nicht fallen lassen.«
    »Nein, ich werde sie nicht fallen lassen«, sagte Hercule Poirot.
    »Das habe ich mir gedacht. Und deshalb bin ich jetzt hier. Sie wollen doch die Wahrheit erfahren, nicht?«
    »Gewiss will ich die Wahrheit erfahren.«
    »Ich habe mich wohl nicht ganz richtig ausgedrückt. Ich versuche herauszufinden, warum Sie diese Angelegenheit nicht fallen lassen wollen. Das hat nichts mit Ihrem Prestige zu tun – oder damit, dass Sie einen Mörder aufknüpfen möchten. Eine unangenehme Art zu sterben, fand ich immer – so mittelalterlich. Nein, ich glaube, Sie wollen es einfach wissen. Jetzt verstehen Sie doch, was ich meine, nicht? Wenn Sie die Wahrheit erfahren würden – wenn man sie Ihnen sagen würde, dann glaube ich – dann wären Sie, glaube ich, zufrieden, ja? Wären Sie damit zufrieden, Monsieur Poirot?«
    »Ist das ein Angebot,

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