Das Exil Der Königin: Roman
glühte grün und orangefarben wie ein Feueropal im Sonnenlicht, während es sich vor ihren Augen drehte.
Das Amulett hatte die Gestalt einer filigranen Edelsteinschlange mit rubinroten Augen, die sich um einen Stab wand. An der Spitze des goldenen Stabes befand sich ein strahlender, rundgeschliffener Diamant. Die Schlange hatte ihr Maul geöffnet, und es war so detailliert dargestellt, dass Raisa sogar die Gifttropfen sehen konnte, die sich an den Spitzen der Fänge sammelten.
»Oh!« Sie streckte die Hand spontan danach aus, aber Han riss es zurück.
»Lieber nicht«, sagte er und schützte das Amulett mit der anderen Hand. »Es beißt.«
»Was? Du meinst, die … Schlange …?«
Er schüttelte den Kopf. »Dieses Amulett ist unberechenbar. Es hat schon ein paar neugierige Finger angekokelt.«
Raisa starrte das Zauberstück an und kramte in ihrem Gedächtnis. »Ich glaube, ich habe es schon mal irgendwo gesehen. Handelt es sich um die Nachahmung eines alten Amuletts? Von irgendwann vor der Großen Zerstörung?«
Han nickte. »Das hat man mir erzählt.« Er ließ das Amulett wieder unter sein Hemd gleiten. Dann fragte er, als wollte er das Thema wechseln: »Also, was machst du hier? Falls ich auch eine Frage stellen darf.«
Das klang wieder mehr nach dem alten Cuffs.
Raisa putzte sich die Nase. Der staubige Raum zeigte seine Wirkung. »Das Gleiche wie du. Ich gehe zur Schule. Ich bin in Wien House.«
»Wien House!« Han musterte sie von oben bis unten; Skepsis und Erheiterung machten sein Gesicht weicher und ließen ihn jünger aussehen; jetzt wirkte er eher wie der wilde Junge, den sie in Southbridge kennengelernt hatte. »Willst du eine Blaujacke werden? Oder zu den Highlandern gehen oder so?«
»Na ja, nicht ganz.« Raisa versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, welche Geschichten sie ihm bereits aufgetischt hatte. Sie sollte sich ihre Lügen wirklich besser merken. »Weißt du, mein Arbeitgeber hat mir angeboten, mich zur Schule zu schicken, wenn ich es schaffe, in Wien House aufgenommen zu werden.«
Hans Augen glitzerten plötzlich wie Saphirsplitter. »Du sprichst von Lord Bayar?«
Raisa verschluckte sich regelrecht am Tee. »Was?«
»Wieso sollten die Bayars ihre Hauslehrerin nach Wien House schicken? Zur Tempelschule, das würd ich noch einsehen, aber …«
Einen Moment lang verstand Raisa gar nichts. Dann erinnerte sie sich dunkel. In jener Nacht in Ragmarket hatte sie Cuffs erzählt, dass sie für die Bayars arbeitete. Wieso musste Han Cuffs Alister nur so ein verdammt gutes Gedächtnis haben?
Sie warf ihm einen Blick zu. Er starrte sie unergründlich an. Seine rechte Hand war zu dem Messer geglitten, das sich an seiner Taille befand. Unbewusst, wie sie glaubte.
»Arbeitest du immer noch für die Bayars, Rebecca?«, fragte er leise. Irgendetwas an seiner Stimme bereitete ihr eine Gänsehaut.
»Nun, nein, eigentlich nicht. Ich … äh … versuche mich weiterzubilden«, sagte Raisa. »Der Befehlshaber von Lord Bayars Leibgarde war der Ansicht, dass ich Potenzial habe. Er war derjenige, der das Schulgeld für mich bezahlt hat. Er sagte, wenn ich mich gut mache, hätte ich die Chance …« Ihre Stimme versiegte. Han wirkte abwesend, irgendwie gedankenverloren. »Warum?«, fragte sie. »Kennst du die Bayars?«
Han schwieg einen Herzschlag lang und sagte dann: »Zwei von ihnen sind in meiner Klasse. In Mystwerk. Micah und Fiona. Micah war bis vor Kurzem auch in meinem Wohnheim.«
Hanalea in Ketten , dachte sie. Sie sind also wirklich hier. Jetzt musste Han den Bayars gegenüber nur noch erwähnen, dass er Rebbecca getroffen hatte. Oder vorschlagen, dass sie alle sich auf der Brückenstraße zu einem Becher Apfelwein trafen.
Das allerdings kam ihr unwahrscheinlich vor. So, wie sie Micah und Fiona kannte, würden sie jemanden, der in Ragmarket großgeworden war, wie Dreck behandeln.
»Hör zu«, sagte sie und beugte sich näher zu ihm, während sie ihre Handflächen aneinanderlegte. »Sag ihnen bitte, bitte nicht, dass ich hier bin. Es würde alles … schwierig machen, verstehst du? Sie betrachten mich nicht gerade als eine von ihnen.«
Er blinzelte sie verständnislos an. »Aber du bist eine Blaublütige. Du sprichst wie sie, und du bist …«
»Ich bin ein Mischling«, unterbrach sie ihn. »Mein Vater ist von den Clans, und meine Mutter stammt aus dem Vale. Vielleicht hast du bemerkt, dass die Bayars von den Clan-Leuten nichts halten.«
»Ja«, sagte er und nickte; seine Verwirrung
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