Das Experiment
einem breiten Grinsen. »Dich kann man aber leicht auf die Palme bringen. Wenn ich es richtig verstehe, heißt das wohl, daß ihr euch ineinander verknallt habt. Sonst wärst du sicher nicht so empfindlich.«
»Du ziehst mal wieder voreilige Schlüsse«, entgegnete Edward mit einem leichten Stottern.
»Nun komm schon«, drängte Stanton seinen Freund. »Ich kenne dich doch. Du warst schon früher so. Wenn es um dein Labor oder um die Wissenschaft geht, spielst du dich auf wie ein kleiner Napoleon. Aber wehe, du begegnest einer Frau. Dann bist du ein richtiger Waschlappen. Ich begreife das nicht. Aber jetzt raus mit der Sprache. Euch hat’s erwischt, hab’ ich recht?«
»Kim ist großartig«, stammelte Edward. »Wir waren am Freitag abend zusammen essen.«
»Na bitte!« rief Stanton. »Das ist doch genauso gut, wie zusammen ins Bett zu gehen.«
»Warum mußt du nur immer so übertreiben?«
»Ich übertreibe nicht«, erwiderte Stanton. »Ich bin echt begeistert. Ich wollte, daß du mir einen Gefallen schuldest – und genau das habe ich erreicht. Der Preis dafür, daß ich dich mit meiner netten Cousine bekannt gemacht habe, ist gar nicht so hoch. Du mußt nur diese Broschüre lesen.«
Stanton nahm den Prospekt und drückte ihn Edward noch einmal in die Hand.
Edward seufzte. Diesmal hatte er verloren. »Okay«, willigte er ein, »ich werde mir die verdammte Broschüre irgendwann ansehen.«
»Wunderbar«, sagte Stanton. »Du solltest ein wenig über die Firma wissen, da ich dir fünfundsiebzigtausend Dollar im Jahr als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats zahlen würde; außerdem hättest du natürlich Anspruch auf einen Anteil der Aktien.«
»Ich habe keine Zeit, an irgendwelchen bekloppten Versammlungen teilzunehmen«, entgegnete Edward.
»Wer sagt denn, daß du jemals zu irgendeiner Versammlung kommen mußt?« wollte Stanton wissen. »Ich will einfach nur deinen Namen erwähnen dürfen, wenn ich mit Genetrix an die Börse gehe.«
»Aber warum in aller Welt?« fragte Edward. »Molekularbiologie und Biotechnologie sind doch nicht meine Fachgebiete.«
»Herrgott noch mal!« brüllte Stanton. »Wie kann man nur so naiv sein! Du bist eine wissenschaftliche Berühmtheit. Es ist doch völlig egal, ob du überhaupt was von Molekularbiologie verstehst. Das einzige, was zählt, ist dein Name.«
»Ein bißchen was von Molekularbiologie verstehe ich allerdings«, entgegnete Edward wütend.
»Nun reg dich doch nicht auf«, versuchte Stanton ihn zu besänftigen. Dann zeigte er auf den Chromatographen, an dem Edward herumbastelte. »Was, zum Teufel, ist das eigentlich für eine Maschine?«
»Das ist ein Kapillar-Elektrophorese-Gerät«, erwiderte Edward.
»Und was macht man mit so einem Ding?«
»Mit der Anlage kann man ein relativ neues Trennungsverfahren durchführen«, erklärte Edward. »Man wendet es an, um Verbindungen zu trennen und zu identifizieren.«
»Und was ist an dem Verfahren neu?« fragte Stanton und fingerte an der Plastikummantelung der Zentraleinheit herum.
»Es ist nicht vollkommen neu«, erwiderte Edward. »Vom Prinzip her funktioniert es genauso wie die herkömmliche Elektrophorese; allerdings erlaubt der geringe Durchmesser der Kapillare bei diesem Gerät, auf ein Antikonvektionsmittel zu verzichten, da die Wärmeabstrahlung voll ausgenutzt wird.«
Stanton machte eine abwehrende Handbewegung. »Okay, mir reicht’s«, sagte er. »Da kann ich beim besten Willen nicht mehr mitreden. Sag mir einfach nur, ob das Ding funktioniert.«
»Es funktioniert großartig«, erwiderte Edward und wandte sich wieder dem Gerät zu. »Normalerweise jedenfalls. Im Moment streikt es.«
»Vielleicht ist der Stecker nicht drin?« sagte Stanton.
Edward verdrehte verzweifelt die Augen.
»Ich wollte dir ja nur helfen«, scherzte Stanton.
Edward nahm den Deckel des Geräts ab und inspizierte das Karussell mit den vielen Glasfläschchen. Er sah sofort, daß eines der Probefläschchen nicht richtig in seiner Halterung steckte und deshalb die Drehung des Karussells verhinderte. »Ist das nicht wunderbar?« rief er erfreut. »Ein Handgriff nur, und schon ist das Problem gelöst!« Er steckte das Glasröhrchen an den vorgesehenen Platz, woraufhin sich das Karussell sofort in Bewegung setzte. Dann machte er den Deckel wieder zu.
»Ich kann mich also darauf verlassen, daß du dir die Broschüre ansiehst?« erinnerte Stanton seinen Freund noch einmal. »Und denk auch über mein Angebot nach.«
»Der Gedanke,
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