Das Experiment
daß ich mit Nichtstun soviel Geld verdienen soll, behagt mir nicht besonders«, bemerkte Edward.
»Warum denn nicht?« wollte Stanton wissen. »Wenn sich Spitzenathleten von Turnschuhfirmen verpflichten lassen – warum sollen Wissenschaftler sich ihren guten Namen nicht auch vergolden lassen?«
»Ich denke darüber nach«, versprach Edward.
»Mehr kann ich wohl nicht verlangen«, sagte Stanton resigniert. »Ruf mich an, wenn du den Prospekt gelesen hast. Und vergiß nicht: Ich kann dich reich machen.«
»Bist du mit dem Auto gekommen?« wollte Edward wissen.
»Nein, mit der Concorde«, entgegnete Stanton spitz. »Natürlich bin ich mit dem Auto hier. Was für ein kläglicher Versuch, das Thema zu wechseln!«
»Kannst du mich vielleicht bis zum Hauptgebäude mitnehmen?« fragte Edward.
Fünf Minuten später saß er neben Stanton in dessen Mercedes 500 SEL. Stanton startete und machte eine schnelle Hundertachtzig-Grad-Wendung. Er hatte auf der Huntington Avenue in der Nähe der Countway Medical Library geparkt. Sie fuhren über den Fenway und bogen dann in den Storrow Drive ein.
»Ich möchte dich etwas fragen«, begann Edward, nachdem sie eine Weile wortlos nebeneinandergesessen hatten. »Bei unserem Abendessen neulich hast du doch von Kims Vorfahrin Elizabeth Stewart gesprochen. Bist du sicher, daß man sie wegen Hexerei gehängt hat? Oder beruht die ganze Geschichte auf einem Gerücht, das sich so lange gehalten hat, bis die Familie schließlich daran geglaubt hat?«
»Beschwören kann ich es nicht«, erwiderte Stanton. »Ich weiß nur, was man mir erzählt hat.«
»Ich kann ihren Namen nämlich in keinem der gängigen Bücher finden«, erklärte Edward. »Und es gibt jede Menge Abhandlungen über das Thema.«
»Meine Tante hat mir die Geschichte erzählt«, sagte Stanton. »Wie sie sagt, hüten die Stewarts die Affäre schon seit Menschengedenken wie ein Staatsgeheimnis. Jedenfalls haben sie die Geschichte nicht erfunden, um sich interessant zu machen.«
»Okay«, sagte Edward. »Nehmen wir mal an, Elizabeth ist wirklich gehängt worden. Warum, zum Teufel, sollte sich die Familie heute noch dafür schämen? Es ist doch eine Ewigkeit her. Bei den Kindern und Enkeln von Elizabeth hätte man das ja noch verstehen können, aber doch nicht dreihundert Jahre später.«
Stanton zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, ich hätte den Mund gehalten. Meine Tante wird mir den Kopf abreißen, wenn sie erfährt, daß ich die Geschichte ausposaunt habe.«
»Am Anfang wollte nicht einmal Kim mit mir darüber reden«, sagte Edward.
»Das liegt wahrscheinlich an ihrer Mutter«, erklärte Stanton. »Sie hat es mit dem Ruf der Familie und all dem Firlefanz der besseren Gesellschaft immer peinlich genau genommen. Sie ist eine sehr eigentümliche Dame.«
»Ich war mit Kim in Salem, und sie hat mir das Familienanwesen gezeigt«, berichtete Edward. »Wir haben sogar das Haus besichtigt, in dem Elizabeth wahrscheinlich damals gelebt hat.«
Stanton starrte Edward entgeistert an. Dann schüttelte er bewundernd den Kopf. »Alle Achtung«, sagte er. »Du hast sie ja verdammt schnell rumgekriegt, Tiger!«
»Es war alles ganz harmlos«, wehrte Edward ab. »Offenbar geht deine schmutzige Phantasie mal wieder mit dir durch. Für mich war der Besuch ziemlich faszinierend, und Kim ist seitdem Feuer und Flamme, alles über Elizabeth zu erfahren.«
»Ihre Mutter wird davon wahrscheinlich nicht sehr angetan sein«, warf Stanton ein.
»Vielleicht kann ich dazu beitragen, daß die Stewarts mit dieser Geschichte endlich ins reine kommen«, fuhr Edward fort. Er öffnete die Tasche auf seinem Schoß und holte einen der Plastikbehälter heraus, die er und Kim aus Salem mitgebracht hatten. Er erklärte Stanton, was sich in dem Gefäß befand.
»Du mußt dich wirklich bis über beide Ohren verliebt haben«, bemerkte Stanton. »Sonst würdest du nicht soviel von deiner kostbaren Zeit investieren.«
»Ich glaube, daß ich die Hexenhysterie erklären kann, die damals in Salem herrschte«, erläuterte Edward. »Wahrscheinlich haben die Menschen an einer Krankheit gelitten, die man Ergotismus nennt. Wenn ich diese Theorie beweisen könnte, wäre endlich Schluß mit der Stigmatisierung, unter der so viele Leute noch immer zu leiden scheinen. Und auch die Stewarts müßten sich nicht mehr ihrer Vorfahrin schämen.«
»Ich glaube immer noch, daß du dich ziemlich verknallt haben
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