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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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die nicht dringend woanders gebraucht wurden, eilte Kim hinzu, um den neuen Patienten zu versorgen. Kinnard ließ den Kranken nicht aus den Augen; auch ein Anästhesist war noch hinzugekommen.
    Während Kim und Kinnard sich um den Patienten kümmerten, vermieden sie jeden Augenkontakt. Doch Kim spürte seine Anwesenheit mehr als deutlich. Kinnard war ein großer, drahtig wirkender Mann mit scharfen, kantigen Gesichtszügen. Er war achtundzwanzig Jahre alt und ständig in Bewegung. Man hätte ihn eher für einen trainierenden Boxer halten können als für einen Arzt, der mitten in seiner Fachausbildung zum Chirurgen steckte.
    Als der Patient versorgt war, machte Kim sich auf den Weg zur Stationsaufnahme. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrem Arm. Sie drehte sich um und blickte in Kinnards große, dunkle Augen.
    »Bist du mir immer noch böse?« fragte er. Ihm bereitete es offenbar keinerlei Probleme, auch heikle Themen mitten auf der Intensivstation anzusprechen.
    Kim sah zur Seite. Sie spürte, wie die Angst in ihr hochkroch. Sie war völlig durcheinander.
    »Jetzt sag bloß nicht, daß du nicht mal mehr mit mir reden willst«, blaffte Kinnard. »Ich weiß ja, daß du verletzt bist. Aber übertreibst du nicht ein bißchen?«
    »Ich habe dich gewarnt«, begann Kim, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. »Ich habe dir gesagt, daß sich einiges ändern wird, wenn du an diesem schwachsinnigen Angeltrip teilnimmst. Wir hatten den Ausflug nach Martha’s Vineyard lange genug geplant.«
    »Aber wir hatten doch noch nichts Konkretes vor«, entgegnete Kinnard. »Außerdem konnte ich ja nicht ahnen, daß Dr. Markey mich zu dem Campingausflug einladen würde.«
    »Natürlich hatten wir konkrete Pläne«, unterbrach ihn Kim. »Warum hätte ich mir sonst extra Urlaub genommen? Und wieso habe ich wohl die Freunde von meinen Eltern angerufen und gefragt, ob wir in ihrem Bungalow übernachten können?«
    »Wir haben nur ein einziges Mal ganz kurz darüber gesprochen«, insistierte Kinnard.
    »Zweimal«, widersprach Kim. »Und beim zweiten Mal habe ich dir auch von dem Bungalow erzählt.«
    »Jetzt reicht’s aber«, sagte Kinnard aufgebracht. »Dieser Ausflug war enorm wichtig für mich. Dr. Markey ist immerhin derzweite Mann in der Chirurgie. Es mag ja sein, daß wir uns mißverstanden haben, aber deshalb mußt du doch nicht gleich so ein Drama veranstalten.«
    »Indem du nicht mal die geringste Spur von Reue zeigst, machst du die Sache nur noch schlimmer«, antwortete Kim. Ihr Gesicht war inzwischen knallrot angelaufen.
    »Ich denke doch nicht daran, mich zu entschuldigen, wenn ich gar nichts falsch gemacht habe«, erwiderte Kinnard.
    »Wie du willst«, sagte Kim und unternahm einen weiteren Versuch, zur Stationsaufnahme hinüberzugehen. Doch Kinnard hielt sie wieder zurück.
    »Es tut mir leid, daß du dich über mich geärgert hast«, sagte er. »Aber ich hatte wirklich gehofft, daß du dich inzwischen beruhigt hast. Was hältst du davon, wenn wir Samstag abend darüber sprechen. Dann habe ich dienstfrei, und wir könnten zusammen Essen gehen und uns danach noch irgendeine Show ansehen.«
    »Tut mir leid, ich habe schon etwas anderes vor«, log Kim. Im gleichen Moment zog sich ihr Magen zusammen. Sie haßte jede Art von Konfrontation und wußte genau, daß sie bei Streitereien meistens den kürzeren zog. Wie immer schlug ihr die Auseinandersetzung sofort auf den Magen.
    Kinnard blieb vor Staunen der Mund offenstehen. »Daher weht also der Wind«, bemerkte er wütend. Seine Augen verengten sich.
    Kim schluckte. Mit dieser Lüge hatte sie Kinnard offensichtlich in Rage gebracht.
    »Dieses Spiel kann ich auch spielen«, schnaubte er. »Ich kenne eine Frau, mit der ich mich schon immer mal treffen wollte. Jetzt habe ich die Gelegenheit dazu.«
    »Wer ist die Frau?« wollte Kim wissen. Im selben Moment verfluchte sie sich dafür.
    Kinnard grinste nur höhnisch und verschwand.
    Kurz davor, die Fassung zu verlieren, flüchtete Kim in den abgeschiedenen Vorratsraum. Sie zitterte am ganzen Leib. Nachdem sie ein paarmal tief Luft geholt hatte, fühlte sie sich etwas besser. Sie wollte gerade wieder zurückgehen, als sich die Tür öffnete und ihre Mitbewohnerin Marsha Kingsley den Raum betrat.
    »Ich habe zufällig deine Unterhaltung mit Kinnard gehört«, sagte Marsha. Sie war eine kleine, quirlige Frau und hatte einerotbraune Mähne, die sie während der Arbeit auf der Intensivstation zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Kim

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