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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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weil sie im Unterbewusstsein keine Lust haben, zur Arbeit zu gehen. Sie simulieren nicht, sie haben alle Symptome der Krankheit mit Fieber und Schmerzen. Die Ärzte haben sich jahrelang die Köpfe darüber zerbrochen.«
    »Langsam fange ich an zu begreifen.«
    »Um das Opfer zu zerstören, muss man über sein Unterbewusstsein Macht gewinnen. Die Todessehnsucht, die in jedem von uns lebt, muss verstärkt werden.« Ihre Erregung wuchs. »Eine wirkliche Krankheit wird erzeugt, hervorgerufen im Bewusstsein des Menschen. Er will krank sein, er will sterben… und so wird er auch krank – und stirbt.«
    Mit hocherhobenem Kopf stand sie da, triumphierend und siegessicher. Mir wurde auf einmal eiskalt. Natürlich war alles Unsinn, versuchte ich mir einzureden; diese Frau muss geistesgestört sein… Und dennoch…
    Plötzlich lachte Thyrza Grey.
    »Sie wollen mir natürlich nicht glauben?«
    »Die Theorie ist bestechend, Miss Grey, sie liegt ganz auf der Linie der modernen Psychologie, das gebe ich ohne Weiteres zu. Doch wie wollen Sie diese Todessehnsucht anregen, ich meine, wie hat man sich das praktisch vorzustellen?«
    »Das ist mein Geheimnis… Es gibt jedenfalls Mittel und Wege…«
    »Können Sie es?«
    Miss Grey antwortete nicht sofort, aber dann wandte sie sich zum Gehen und bemerkte leichthin: »Mr Easterbrook, Sie müssen nicht alle meine Geheimnisse kennen.«
    Ich folgte ihr durch die Bibliothek zur Tür.
    »Weshalb haben Sie mir das alles erzählt?«, fragte ich.
    »Sie sind einer der wenigen Menschen, die meine Bücher zu schätzen wissen. Und manchmal braucht man jemanden, mit dem man offen sprechen kann. Außerdem… Ich hatte das Gefühl – und auch Bella hat es –, dass Sie uns brauchen.«
    »Brauchen?«
    »Bella glaubt, Sie seien hergekommen, um uns zu finden. Sie irrt sich selten.«
    »Aus welchem Grunde sollte ich Sie ›finden‹ wollen, wie Sie sich ausdrücken?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Thyrza Grey sanft,»… noch nicht, wenigstens.«

15
     
    » H ier sind Sie also! Wir haben uns schon gewundert, wo Sie stecken.« Rhoda trat durch die offene Tür und die anderen folgten ihr. Sie blickte sich um. »Hier halten Sie wohl Ihre Séance ab, nicht wahr?«
    »Man hat Sie gut informiert.« Thyrza Grey lachte kurz auf. »In diesem Dorf weiß jeder nur allzu genau über den anderen Bescheid. Wir drei erfreuen uns eines besonders schlechten Rufs, wie ich gehört habe. Vor hundert Jahren hätte das wahrscheinlich den Scheiterhaufen für uns bedeutet. Meine Urgroßtante – oder noch ein paar ›Ur‹ mehr – ist als Hexe verbrannt worden, und zwar in Irland, soviel ich weiß. Ja, das waren noch Zeiten!«
    »Ich dachte immer, Sie seien Schottin?«
    »Nur väterlicherseits – daher das zweite Gesicht. Meine Mutter war jedoch Irin. Sybil ist unsere Pythia griechischer Abstammung und Bella repräsentiert das echte ›Old England‹.«
    Wir schlenderten langsam über den Hof zu einer Seitentür.
    »Sie haben eine Menge Geflügel«, bemerkte Despard und sah sich um.
    »Ich hasse Hennen«, erklärte Ginger. »Sie gackern so aufreizend.«
    »Es sind fast ausschließlich Hähne«, mischte Bella sich ein, die aus der Küchentür getreten war.
    »Und zwar nur weiße, wie ich sehe«, fügte ich hinzu.
    »Für Ihren Sonntagsbraten?«, lachte Despard.
    Bella stieß den Atem ärgerlich zischend aus. »Sie sind uns sehr nützlich«, erklärte sie geheimnisvoll. Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, die Augen glitzerten schlau.
    »Hähne sind Bellas Spezialgebiet«, meinte Thyrza leichthin.
    Wir dankten für die Gastfreundschaft und verabschiedeten uns. Sybil Stamfordis war ebenfalls herausgekommen, um uns die Hand zu schütteln.
    »Ich mag diese Frau nicht«, murmelte Mrs Oliver, sobald wir uns entfernt hatten. »Nein, ich mag sie gar nicht!«
    »Sie dürfen die gute alte Thyrza nicht zu ernst nehmen«, meinte Colonel Despard beschwichtigend. »Es macht ihr einfach Vergnügen, all diesen Unsinn zu produzieren und zu sehen, wie stark er die Leute beeindruckt.«
    »Ich meine nicht Miss Grey«, gab Mrs Oliver zurück. »Sie ist eine gewissenlose Frau, die nur auf ihren Vorteil aus ist. Aber sie ist bei Weitem nicht so gefährlich wie die andere.«
    »Bella? Ich gebe zu, sie ist etwas unheimlich.«
    »Auch an sie habe ich nicht gedacht – ich meine diese Sybil. Sie scheint bloß albern mit ihrem Perlenklimbim und all dem Geschwätz über Hexenkult und Reinkarnation. Übrigens merkwürdig, dass man nie von

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