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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Stimme hörte.
    »Hallo.«
    »Ginger?«
    »Oh – Sie sind es. Was ist passiert?«
    »Sind Sie wohlauf?«
    »Selbstverständlich. Was sollte mir denn fehlen?«
    Eine heiße Welle der Erleichterung durchlief meinen Körper.
    Mit Ginger war alles in Ordnung. Ihre Stimme klang frisch und energisch wie immer. Wie hatte ich nur jemals befürchten können, dieser ganze lächerliche Humbug würde einen so normalen, gesunden Menschen wie Ginger zu beeinflussen vermögen?
    »Ich wollte nur wissen, ob Sie gut geschlafen haben«, erklärte ich ziemlich lahm.
    »Ehrlich gesagt, nicht besonders. Ich lag lange Zeit wach und wartete, ob etwas Sonderbares geschehe – und schließlich war ich fast ärgerlich, dass alles ganz ruhig blieb.«
    Ich lachte befreit auf.
    »Aber erzählen Sie mir doch – wie war es denn?«
    »Gar nichts Besonderes. Sybil lag auf einem Diwan und sank in Trance.«
    Ginger kicherte vergnügt. »Wie wundervoll. Eine Decke aus schwarzem Samt natürlich und Sybil ganz nackt.«
    »Keine Spur. Sie zelebrierten doch nicht die schwarze Messe. Sybil trug eines ihrer üblichen langwallenden Gewänder mit einer Menge eingestickter Symbole.«
    »Und was machte Bella?«
    »Das war tatsächlich widerlich. Sie tötete einen weißen Hahn und tauchte Ihren Handschuh in das Blut.«
    »O wie ekelhaft! Und was geschah weiter?«
    »Eine ganze Menge«, gab ich zu, doch hütete ich mich, die Sache dramatisch zu gestalten. »Thyrza ließ ihre neumodischen Tricks los. Sie zitierte auch einen Geist herbei… Macandal hieß er, soweit ich mich erinnere. Gedämpftes farbiges Licht und Musik. Auf manche Leute hätte es vielleicht Eindruck gemacht.«
    »Aber Sie erschraken nicht?«
    »Nun, Bella brachte mich einigermaßen außer Fassung – sie fuchtelte mit einem blitzenden Messer herum, und einen Augenblick befürchtete ich fast, sie würde den Kopf verlieren und mich als zweites Opfer ihrem Hahn beigesellen.«
    Ginger drängte: »Und das war wirklich alles?«
    »Nur noch das übliche Theater mit Händehalten und so weiter.«
    »Weshalb waren Sie denn so froh, dass mir nichts fehlt?«
    »Weil… weil…« Ich vermochte nicht fortzufahren.
    »Schön«, meinte Ginger entgegenkommend, »Sie brauchen mir nichts weiter zu sagen. Aber irgendetwas hat Sie doch beeindruckt.«
    »Eigentlich nur die Tatsache, dass Thyrza ihrer Sache so absolut sicher schien. Aber das ist natürlich lächerlich.«
    »War Bella auch so sicher?«
    Ich überlegte kurz, ehe ich antwortete. »Ich glaube, die gute Bella findet nur ihr Vergnügen darin, den Hahn umzubringen und sich selbst in eine Art wilder Ekstase zu steigern. Ihr Gekreisch: ›Das Blut… das Blut…‹ war wirklich allerhand.«
    »Schade, dass ich es nicht hören konnte«, lachte Ginger.
    »Ja«, bestätigte ich. »Es war wirklich sehenswert.«
    »Jetzt sind Sie doch wieder völlig beruhigt, nicht wahr?«
    »Was wollen Sie damit sagen, Ginger?«
    »Sie waren sehr nervös, als Sie anriefen – aber nun scheint alles wieder in bester Ordnung mit Ihnen.«
    Damit hatte sie völlig Recht. Der Klang ihrer hellen Stimme hatte Wunder gewirkt. Alle düsteren Gedanken waren wie fortgeblasen – Ginger ging es gut, sie hatte nicht einmal böse Träume gehabt.
    »Was unternehmen wir jetzt?«, fragte sie voller Tatendrang. »Muss ich wirklich noch eine ganze Woche in einsamer Zurückgezogenheit leben?«
    »Wenn ich die hundert Pfund von unserem lieben Mr Bradley kassieren will…«
    »Selbstverständlich werden Sie das!«, ereiferte sie sich. »Den Kerl halten wir fest. Bleiben Sie solange bei Rhoda?«
    »Ein paar Tage noch. Dann fahre ich vielleicht nach Bournemouth. Aber vergessen Sie nicht, dass ich jeden Tag bei Ihnen anrufen werde. Momentan bin ich in der Pfarrei.«
    »Was macht Mrs Dane Calthrop?«
    »Sie ist in ganz großer Form. Ich habe ihr übrigens alles ganz genau erzählt.«
    »Das dachte ich mir. Nun denn, Auf Wiedersehen! Das Leben wird sehr langweilig sein in den nächsten Tagen. Ich habe mir zwar Arbeit mitgenommen und ein paar Bücher, für die ich bisher nie Zeit hatte.«
    »Wie haben Sie in der Galerie Ihr Fernbleiben erklärt?«
    »Ich unternehme eine kurze Rundreise.«
    »Möchten Sie nicht, dass es wirklich der Fall wäre?«
    »Nun – nicht direkt…« Ihre Stimme klang etwas bedrückt.
    »Haben sich Ihnen irgendwelche verdächtigen Personen genähert?«
    »Nur das Übliche, was so tagsüber an die Wohnungstür kommt. Der Milchmann, ein Mann, der den Gaszähler ablas, eine Frau, die

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