Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
Vom Netzwerk:
möchte ihn jetzt nur noch loshaben. Der Student rührt sich nicht. Sie waren bis um drei unterwegs und haben eine Menge getrunken, und zum Schluss noch der Joint … Sina rüttelt an seiner Schulter und erreicht damit, dass er sich auf die andere Seite wälzt und weiterschläft.
    Sie beschließt, zu duschen und sich anzuziehen und es dann noch mal zu probieren. Das Ganze dauert eine Viertelstunde, und danach schläft er immer noch.
    Sie holt ein Glas Wasser und gießt es ihm über den Kopf. Das wirkt. Er fährt mit einem Schrei hoch und brüllt sie an. »Spinnst du, oder was?«
    Er war also doch wach! Der Geruch nach Alkohol und Dope steigt mit ihm aus den Laken. Es ist, als würde er ihn ausschwitzen. In der Nacht hat es ihr nichts ausgemacht, aber jetzt widert es sie an.
    »Steh auf und hau ab«, sagt sie so unfreundlich wie möglich.
    Zu der Unfreundlichkeit muss sie sich zwingen, aber Männer benehmen sich daneben, wenn man nett zu ihnen ist. Sina weiß nicht, warum das so ist oder ob das nur bei ihr so ist und andere Frauen bessere Tricks kennen als Unfreundlichkeit. Sie redet darüber nicht gern, sonst hätte sie es vielleicht schon lange erfahren.
    Er greift sich seine Zigaretten und zündet sich eine an, ohne sie zu fragen, ob sie das stört.
    »Hallo?«, sagt er mit blasierter Stimme. »Es ist Sonntag.«
    Sein Gesicht sieht blass aus im Schein der Nachttischlampe, er hat einen blonden Dreitagebart, die Augen sind gerötet undstehen ziemlich nah beieinander. Er hat einen geschwungenen Kussmund wie eine Frau.
    Er gefällt ihr nicht mehr.
    Dabei mochte sie gestern seinen Mund noch. Aber da war sie auch beschwipst und bekifft.
    »Na und?«, sagt sie. »Ich muss trotzdem arbeiten.«
    Natürlich hat sie ihm nicht erzählt, was sie wirklich macht. Jeder Mann in Leyden ist verdächtig, solange Salfelds Täterschaft nicht einwandfrei bewiesen ist. Rein theoretisch könnte auch der Student Anne umgebracht haben, und Sina kann ja nicht mit einem Verdächtigen ins Bett gehen.
    Jedenfalls nicht als Kommissarin Rastegar.
    »Du musst sonntags ins Büro?«
    Sina nickt. Sie hat ihm erzählt, dass sie Sekretärin ist, leider weiß sie nicht mehr, wo genau sie eigentlich angestellt ist.
    »Wir machen heute Inventur«, sagt sie. »Die ganze Belegschaft muss kommen.«
    Er hat sich auf seine Ellbogen gestützt und lässt sich jetzt wieder in die Kissen fallen. »Kann ich nicht hierbleiben?«
    »Nein. Steh jetzt auf.«
    »Sei nicht so.«
    »Nein!«
    Die Sonderkommission trifft sich jeden Tag um halb acht. Auch sonntags. Lauter übernächtigte Kollegen aus allen Ressorts, die ihre Erkenntnisse zusammentragen sollen.
    Meistens gibt es keine neuen Erkenntnisse. Der Hauptverdächtige ist flüchtig. Der T5 von der Familie Salfeld wurde gründlich von der Spurensicherung durchsucht, und sie fanden Blutspuren derselben Blutgruppe wie der von Anne Martenstein. Die DNA -Analyse steht noch aus.
    Es ließ sich nicht verhindern, dass die Medien sich auf Lukas Salfeld stürzten. Sie graben die alten Artikel und Fernsehbeiträge aus den Siebzigerjahren aus und tragen sämtlicheDetails über den Mord an der Bürgermeisterstochter Marion Wellershoff in die Öffentlichkeit. Sein Foto ist überall. Und trotzdem finden sie ihn nicht. Viele mutmaßen, dass er die Stadt längst verlassen hat. Seine Frau und seine beiden Töchter stehen unter Polizeischutz, sein Telefon wird abgehört. Es gibt keine Hinweise, dass sie Kontakt haben.
    Sina glaubt, er ist noch da. Man verlässt Leyden nicht einfach so. Sie spürt das: Leyden hält einen gefangen.
    Als sie ankommt, sitzen alle schon auf ihren Plätzen. Sie holt sich einen Stuhl aus einem Nebenraum und platziert ihn neben Gronberg, der in der Nacht Bereitschaft hatte. Er macht ein saures Gesicht. Sina fragt ihn leise, ob es etwas Neues gebe.
    »Wirst du schon sehen«, zischt er schlecht gelaunt zurück. Dabei müsste er sich freuen, immerhin ist er vom Pensionsanwärter auf dem Abstellgleis zu einer der Hauptpersonen innerhalb der Polizei befördert worden. Er hat in den letzten Tagen viele Interviewanfragen bekommen, weil auch die Medien gemerkt haben, welche Rolle er damals beim Fall Marion Wellershoff gespielt hat. Er hat sich trotzdem geweigert, mit jemandem zu reden, obwohl ihn die Pressestelle geradezu bekniet hat.
    Das findet Sina merkwürdig. Sonst wird immer so getan, als sei die Presse der natürliche Feind der Polizei, und plötzlich biedert man sich geradezu an bei den Journalisten. Woher

Weitere Kostenlose Bücher