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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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doch etwas wehgetan ...«
    DeBries nickte.
    »Wie hieß der Junge?«, fragte Moreno.
    »Das weiß ich nicht mehr«, sagte Irmgard Gellnacht. »Ich glaube, es war einer der Brüder Leisse. Oder Kollerin, der ist heute Schlachter. Ja, ich glaube, der war es.«
    DeBries wechselte das Thema.
    »Beatrice Holden. Können Sie sich an sie erinnern?«
    »Aber sicher«, sagte Frau Gellnacht und richtete sich im Liegestuhl auf.
    »Und wie würden Sie sie beschreiben?«
    »Gar nicht. Über die Toten nur Gutes, wie man sagt.«
    »Aber wenn wir Sie nun ein wenig unter Druck setzen?«
    Irmgard Gellnacht lachte kurz.
    »Ja dann«, sagte sie. »Beatrice Holden war eine Schlampe. Ich glaube, damit ist sie recht gut charakterisiert.«
    »War sie das schon zur Schulzeit?«, fragte Assistentin Moreno.

    »Von Anfang an«, sagte Irmgard Gellnacht. »Bitte, halten Sie mich nicht für eine prüde Moraltante. Beatrice war ein schrecklich vulgärer Mensch. Von der billigsten Sorte. Ihr Aussehen sprach für sie, und sie konnte die Männer um den kleinen Finger wickeln... oder damals die Jungs.«
    »Sie waren in sie verliebt?«
    »Allesamt. Und auch der Lehrer, glaube ich. Er war jung und unverheiratet, eigentlich war es ziemlich traurig.«
    »Danach ist sie von hier weggezogen, oder?«
    Frau Gellnacht nickte.
    »Verschwand mit einem Kerl, als sie noch keine siebzehn war. Ist dann zwei oder dreimal umgezogen, glaube ich ... kam einige Jahre später mit einem Kind zurück.«
    »Mit einem Kind?«
    »Ja. Einem Mädchen. Die Mutter hat sich darum gekümmert. Beatrices Mutter, meine ich.«
    »Wann war das? War das lange, bevor sie sich mit Verhaven zusammengetan hat?«
    »Nein, nicht sehr lange, ich glaube, das war um 1960, also ungefähr zu der Zeit, als er zurückgekommen ist... sie zog auf jeden Fall mit ihrer Kleinen zu ihrer Mutter, für ein halbes Jahr oder so... der Vater fuhr zur See, hieß es, aber niemand hat ihn je gesehen. Weder früher noch später. Ja, und nach einigen Monaten zog sie dann zu Verhaven in den Großen Schatten.«
    »Den Großen Schatten?«
    »Ja, so wurde das Haus genannt. Der Große Schatten ... fragen Sie mich nicht, warum.«
    DeBries nickte und notierte.
    »Und die Tochter?«, fragte Moreno. »Hat sie sie mitgenommen?«
    »Nicht doch«, wehrte Irmgard Gellnacht ab. »Durchaus nicht. Die hat sie bei der Großmutter gelassen... und das war im Grunde vielleicht die beste Lösung. Aus ihr ist dann sogar noch etwas geworden.«

    »Wie war ihre Beziehung?«, fragte deBries. »Die von Verhaven und Beatrice, meine ich.«
    Frau Gellnacht antwortete nicht sofort.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie dann. »Später wurde ja schrecklich viel über die beiden geredet. Einige wollten von Anfang an gewusst haben, wie es enden würde... oder dass es böse enden würde, aber ich weiß nicht. Es ist ja so leicht, alles zu durchschauen, wenn wir das Ergebnis in der Hand halten, nicht wahr?«
    »Zweifellos«, sagte deBries.
    »Sicher ist allerlei vorgefallen, ehe er sie umgebracht hat, sie haben wohl recht viel getrunken, aber er war ja auch fleißig. Arbeitete hart, verdiente gar nicht schlecht an seinen Hühnern... aber sie hatten viel Streit. Das kann ich nicht leugnen.«
    »Ja, das haben wir schon verstanden«, sagte Moreno.
    Dann folgte eine kleine Pause, und Frau Gellnacht goss Kaffee nach. DeBries beugte sich vor und stellte die wichtige Frage:
    »Wie war die Zeit vor Verhavens Verhaftung? Nachdem Beatrice gefunden worden war... diese zehn Tage oder wie lang das nun war. Können Sie sich daran erinnern?«
    »Mja«, Irmgard Gellnacht zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe...«
    »Was dachten die Leute?«, erklärte Moreno. »Wer wurde verdächtigt, wenn im Ort darüber gesprochen wurde? Ehe man Bescheid wusste.«
    Frau Gellnacht schwieg und machte sich an ihrer Kaffeetasse zu schaffen.
    »Ja«, sagte sie dann. »Die Diskussionen gingen wohl in diese Richtung.«
    »In welche Richtung?«, fragte deBries.
    »Dass es Verhaven gewesen war, natürlich. Hier in Kaustin war bei seiner Verhaftung zumindest niemand sonderlich überrascht... und auch nicht, als dann das Urteil fiel.«

    DeBries notierte etwas in seinem Block.
    »Und wie sieht es heute aus?«, fragte er. »Sind Sie sicher, dass er es war?«
    »Absolut«, war die Antwort. »Kein Zweifel. Wer sollte es denn sonst gewesen sein?«
    Eine Frage, die durchaus näheres Nachdenken verdient hätte, dachte er, als sie wieder im Auto saßen.
    Weil es eigentlich

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