Das Fest des Ziegenbocks
Salvador. »Egal, zu welcher.« Er würde sich Gott empfehlen und, wenn möglich, die Beichte ablegen. Wenn er sein Gewissen erleichtert hätte, würde er den Pfarrer bitten, die Polizei zu rufen. Aber nachdem sie eine Weile durch Straßen, in denen die Schatten länger wurden, in Richtung Zentrum gefahren waren, warnte der Fahrer ihn:
»Dieser Typ hat Sie denunziert. Die caliés sind da.« »Halt an«, befahl ihm Salvador. »Bevor die dich auch umbringen.«
Er bekreuzigte sich und stieg aus dem Taxi, mit erhobenen Armen, um den mit Maschinenpistolen und Revolvern bewaffneten Männern der Volkswagen zu bedeuten, daß er keinen
Widerstand leisten würde. Sie legten ihm Handschellen an, die ihm in die Handgelenke schnitten, und quetschten ihn auf den Hintersitz einer der Wannen; die beiden caliés, die halb auf ihm saßen, stanken nach Schweiß und ungewaschenen Füßen. Sie starteten. Da sie die Straße nach San Pedro de Macorís nahmen, vermutete er, daß sie ihn nach El Nueve bringen würden. Er schwieg die ganze Fahrt über, versuchte zu beten, war traurig, weil es ihm nicht gelang. Sein Kopf war ein brodelndes Chaos, in dem nichts an seinem Platz blieb, kein Gedanke und kein Bild: alles zerplatzte, wie Seifenblasen.
Da war das berühmte Haus, tatsächlich bei Kilometer neun, umgeben von einer hohen Mauer aus Beton. Sie durchquerten einen Garten, und er sah ein großzügiges Anwesen mit einer alten, von Bäumen umstandenen Villa und rustikalen Nebengebäuden. Sie stießen ihn aus der Wanne. Er lief durch einen dunklen Gang mit Zellen, in denen Trauben nackter Männer lagen, und dann ließen sie ihn eine lange Treppe hinuntersteigen. Ein säuerlicher, scharfer Geruch nach Exkrementen, Erbrochenem und versengtem Fleisch bereitete ihm Übelkeit. Er dachte an die Hölle. Am Ende der Treppe war kaum Licht, aber er konnte im Halbdunkel eine Reihe von Zellen mit Eisentüren und vergitterten kleinen Fenstern erkennen, in denen sich Köpfe drängten, die etwas sehen wollten. Am Ende des unterirdischen Gangs rissen sie ihm die Hose, das Hemd, die Unterhose, die Schuhe und die Strümpfe vom Leib. Er stand nackt da, nur die Handschellen an den Handgelenken. Er spürte, daß seine Fußsohlen naß waren von einer klebrigen Substanz, die den ganzen Boden aus groben Steinplatten bedeckte. Unter Stößen trieben sie ihn in einen anderen Raum, der fast völlig dunkel war. Dort setzten sie ihn auf einen aus den Fugen geratenen, mit Metallplatten bedeckten Sessel – er spürte einen Schauer –, der Riemen und Metallringe für Hände und Füße hatte, und banden ihn daran fest.
Eine ganze Weile geschah gar nichts. Er versuchte zu beten. Einer der Typen in Unterhosen, die ihn gefesselt hatten – seine Augen begannen das Dunkel zu durchdringen –, machte sich
daran, etwas zu versprühen, und er erkannte das billige Parfüm Nice, für das Werbung im Rundfunk gemacht wurde. Er spürte die Kälte der Metallplatten an den Oberschenkeln, den Hinterbacken, am Rücken, und zugleich schwitzte er, halb erstickt durch die glühende Luft. Jetzt konnte er die Gesichter der Leute ausmachen, die sich um ihn drängten; ihre Gestalten, ihre Gerüche, einige Gesichtszüge. Er erkannte das wabbelige Gesicht mit dem Doppelkinn, das einen mißgestalteten, dickbauchigen Körper krönte. Er saß auf einer Bank, zwischen zwei Personen, in geringer Entfernung.
»Was für eine Schande! Ein Sohn von General Piro Estrella, in diesen Schlamassel verwickelt«, sagte Johnny Abbes. »Du hast verfluchtnochmal keine Dankbarkeit im Blut.«
Er wollte ihm antworten, daß seine Familie nichts zu tun hatte mit dem, was er getan hatte, daß weder sein Vater noch seine Brüder, noch seine Frau und schon gar nicht Luisito und die kleine Carmen Elly etwas davon wußten, als der Stromstoß ihn hochhob und gegen die Fesseln und Ringe schmetterte, die ihn festhielten. Er spürte Nadeln in den Poren, sein Kopf explodierte in kleinen Feuerkugeln, und er pinkelte, schiß und erbrach, was er in seinen Eingeweiden hatte. Ein Eimer Wasser brachte ihn wieder zu sich. Sogleich erkannte er die andere Gestalt, rechts von Abbes García: Ramfis Trujillo. Er wollte ihn beschimpfen und zugleich anflehen, er möge seine Frau, Luisito und Carmen freilassen, aber aus seiner Kehle kam kein Laut.
»Stimmt es, daß Pupo Roman zum Komplott gehört?«
fragte Ramfis mit überkippender Stimme.
Ein weiterer Eimer voll Wasser gab ihm die Sprache
zurück.
»Ja, ja«, brachte er hervor, ohne
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