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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Er mußte gehorchen. Er tat es, mit zu sammengepreßten Zähnen. Sein Brief an Luisa Gil enthielt kein einziges Wort, das nicht wahr gewesen wäre: »Mit großem Bedauern und obwohl ich meinen Gefühlen Gewalt antue, muß ich auf meine Liebe zu Dir verzichten und Dir mit großem Schmerz mitteilen, daß wir nicht heiraten können. Die Obrigkeit untersagt es mir auf Grund der trujillofeindlichen Aktivitäten Deines Bruders, die Du vor mir verheimlicht hast. Ich verstehe, warum Du es getan hast. Aber aus eben diesem Grund hoffe ich, daß auch Du die schwierige Entscheidung verstehst, zu der ich mich gegen meinen Willen gezwungen sehe. Ich werde immer voll Liebe an Dich denken, aber wir werden uns nicht wiedersehen. Ich wünsche Dir Glück im Leben. Sei mir nicht böse.«
    Ob das schöne, fröhliche, schlanke Mädchen aus La Romana ihm wohl verziehen hatte? In seinem Herzen hatte niemand ihren Platz eingenommen, obwohl er sie nicht wiedergesehen hatte. Luisa hatte einen wohlhabenden Landwirt aus Puerto Plata geheiratet. Doch auch wenn sie ihm den Bruch tatsächlich verziehen hatte, das andere würde sie ihm nie verzeihen, wenn sie je davon erfahren sollte. Auch er würde es sich nie verzeihen. Selbst wenn in ein paar Augenblicken der von Schüssen durchlöcherte Leichnam des Ziegenbocks vor seinen Füßen läge – in diese kalten Leguanaugen wollte er die Kugeln seiner Pistole abfeuern –, würde er es sich nicht verzeihen können. ›Das zumindest wird Luisa niemals erfahren.‹Weder sie noch sonst jemand, außer denen, die den Hinterhalt gelegt hatten.
    Und natürlich Salvador Estrella Sadhalá, zu dessen Haus in der Mahatma Gandhi 21 Leutnant García Guerrero in jenem Morgengrauen gekommen war, verwüstet von Haß, Alkohol und Verzweiflung, direkt aus dem Bordell von Pucha Vittini alias Pucha Brazobán im oberen Teil der Galle Juana Saltitopa, wohin ihn Oberst Johnny Abbes und Major Roberto Figueroa Carrión nach der Geschichte geschleppt hatten, damit er die Unannehmlichkeit mit ein paar Gläsern und einem guten Arsch
    vergäße. »Unannehmlichkeit«, »Opfer für das Vaterland«, »Willensbeweis«, »Blutzoll für den Chef«: solche Dinge hatten sie ihm gesagt. Dann gratulierten sie ihm dazu, daß er sich der Beförderung würdig erwiesen habe. Amadito nahm einen Zug von der Zigarette und warf sie auf die Straße: ein winziges Feuerwerk beim Auftreffen auf den Asphalt. ›Wenn du nicht an etwas anderes denkst, wirst du gleich weinen‹, redete er sich zu, voll Scham angesichts der Vorstellung, Imbert, Antonio und Salvador könnten sehen, wie er in Tränen ausbrach. Sie würden glauben, ihn habe der Mut verlassen. Er preßte die Zähne zusammen, bis er Schmerz empfand. Niemals war er sich einer Sache so sicher gewesen wie dieser. Solange der Ziegenbock lebte, würde er selbst nicht leben, bliebe er die wandelnde Verzweiflung, zu der ihn jene Nacht im Januar 1961 gemacht hatte, in der die Welt für ihn zusammengebrochen und er, statt sich eine Kugel in den Mund zu schießen, in die Mahatma Gandhi 21 gelaufen war, um Schutz in Salvadors Freundschaft zu suchen. Er erzählte ihm alles. Nicht sofort. Denn als der Türke die Tür öffnete, aufgeschreckt durch das Klopfen im Morgengrauen, das ihn, seine Frau und die Kinder aus dem Bett und aus dem Schlaf riß, und der liederlichen, nach Alkohol stinkenden Gestalt Amaditos gegenüberstand, konnte dieser kein Wort hervorbringen. Er breitete die Arme aus und schlang sie um Salvador. »Was ist los, Amadito? Wer ist gestorben?« Sie brachten ihn in ihr Schlafzimmer, legten ihn ins Bett, ließen ihm Zeit, sich mit unzusammenhängenden, gestammelten Worten zu erleichtern. Urania Mieses bereitete ihm einen Pfefferminztee, den sie ihm wie einem kleinen Kind schluckweise einflößte.
    »Erzähl uns nichts, was du bereuen könntest«, unterbrach der Türke sein Gestammel.
    Er trug einen mit Ideogrammen verzierten Kimono über dem Pyjama. Er saß auf der Kante des Bettes und schaute Amadito liebevoll an.
    »Ich lass’ dich allein mit Salvador«, sagte seine Tante Urania, drückte ihm einen Kuß auf die Stirn und erhob sich. »Damit du
    offen sprechen kannst, damit du ihm sagen kannst, was du
    mir ungern erzählen würdest.«
    Amadito dankte es ihr. Der Türke löschte das Deckenlicht. Der Schirm der Nachttischlampe hatte ein Muster, das die Glühbirne rot aufscheinen ließ. Wolken? Tiere? Der Leutnant dachte, daß er sich nicht rühren würde, wenn ein Feuer ausbräche.
    »Schlaf,

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