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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sehr gut. Der SIM hat Ihre Beförderung empfohlen. Wegen Ihrer militärischen und zivilen Verdienste. Ich werde Ihnen ein Geheimnis verraten. Von den Offizieren, denen man die Erlaubnis zur Eheschließung verweigert hat, sind Sie einer der wenigen, die gehorcht haben, ohne eine Überprüfung zu verlangen. Deshalb belohnt der Chef Sie, indem er Ihre Beförderung ein Jahr vorzieht. Darauf einen Juanito Caminante!« Amadito nahm einen langen Schluck. Oberst Abbes García hatte ihm fast das ganze Glas mit Whisky gefüllt und nur ein bißchen Wasser nachgegossen, so daß die Flüssigkeit etwas wie eine elektrische Entladung in seinem Gehirn
    bewirkte.
    »In dieser Situation, an diesem Ort und Johnny Abbes, der dir einschenkt, hast du da nicht geahnt, was auf dich zukommt?« murmelte Salvador. Der junge Mann spürte den Verdruß, der in den Worten seines Freundes lag. »Daß es hart und abscheulich sein würde, ja, Türke«, erwiderte er zitternd. »Aber niemals das, was dann geschah.« Der Oberst schenkte eine weitere Runde aus. Alle drei hatten zu rauchen begonnen, und der Chef des SIM sprach davon, wie wichtig es sei, den inneren Feind nicht hochkommen zu lassen, ihn zu zerschmettern, sobald er sich regte.
    »Solange nämlich der innere Feind schwach und uneinig ist, kommt es nicht darauf an, was der äußere tut. Daß die Vereinigten Staaten wettern, daß die OAS protestiert, daß Venezuela und Costa Rica bellen, ficht uns nicht an. Es schließt die Dominikaner vielmehr nur noch dichter um den Chef zusammen.«
    Er hatte eine leise schleppende Stimme und mied den Blick seines Gesprächspartners. Seine kleinen dunklen, flinken, ausweichenden Augen waren in ständiger Bewegung, als würden sie bei den anderen verborgene Dinge aufspüren. Von Zeit zu Zeit trocknete er sich den Schweiß mit einem großen roten Taschentuch.
    »Vor allem die Militärs.« Er machte eine Pause, um die Asche seiner Zigarette auf den Boden zu schnippen. »Und vor allem die Creme der Militärs, Leutnant García Guerrero. Zu der Sie schon gehören. Der Chef wollte, daß Sie das wissen.«
    Er machte erneut eine Pause, schenkte sich das Glas voll, nahm einen Schluck. Erst in diesem Augenblick schien er die Existenz von Major Figueroa Carrión zu bemerken: »Weiß der Leutnant, was der Chef von ihm erwartet?« »Das braucht ihm keiner zu sagen, er ist der Offizier mit dem meisten Grips seines Jahrgangs.« Der Major hatte ein Krötengesicht; seine verquollenen Gesichtszüge waren durch den Alkohol aufgetrieben und rötlich verfärbt. Amadito hatte den Eindruck, daß der Dialog eine einstudierte Komödie war. »Ich stelle mir vor, daß er es weiß; wenn nicht, dann verdient er diese neue Litze nicht.« Es folgte eine weitere Pause, während der Oberst die Gläser
    zum dritten Mal füllte. Er tat die Eiswürfel mit den Fingern hinein. »Prost«, und er trank, und sie tranken. Amadito sagte sich, daß er tausendmal lieber einen Rum mit CocaCola hätte als den bitteren Whisky. Und erst in diesem Augenblick begriff er das mit Juanito Caminante. ›Wie dumm von mir, daß ich es nicht kapiert habe‹, dachte er. Wie merkwürdig dieses rote Taschentuch des Obersts! Er hatte weiße, blaue, graue Taschentücher gesehen. Aber rote! Wie ausgefallen.
    »Sie werden immer größere Verantwortung zu tragen haben«, sagte der Oberst mit feierlicher Miene. »Der Chef will sicher sein, daß Sie dem gewachsen sind.« »Was soll ich tun, Herr Oberst?« Amadito irritierten so viele Umschweife. »Ich habe immer getan, was meine Vorgesetzten mir befohlen haben. Ich werde den Chef nie enttäuschen. Es geht um den Treuebeweis, nicht wahr?« Der Oberst betrachtete mit gesenktem Kopf den Tisch. Als er das Gesicht hob, bemerkte der Leutnant einen zufriedenen Glanz in diesen unsteten Augen. »Es stimmt, den Offizieren mit Mumm in den Knochen, den Trujillisten bis ins Mark, versüßt man die Pille nicht.« Er stand auf. »Sie haben recht, Leutnant. Bringen wir diese dumme Angelegenheit hinter uns, damit wir die neue Litze bei Puchita Brazobán feiern können.« »Was solltest du tun?« Salvador sprach mit Mühe, seine Kehle war rauh und sein Gesichtsausdruck niedergeschlagen.
    »Einen Verräter mit meinen eigenen Händen umbringen. So sagte er: Und ohne daß sie Ihnen zittern, Leutnant.« Als sie auf den Hof der Cuarenta hinausgingen, spürte Amadito, daß es in seinen Schläfen rauschte. Nah am großen Bambusstock, neben dem Wohnhaus, das man zum Gefängnis und Folterzentrum des

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