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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Nummernkonten in der Schweiz und in New York eröffnet und gemästet, von denen er bisweilen durch reinen Zufall etwas erfuhr. Früher hatte er nicht viel Aufhebens gemacht und sich darauf beschränkt, ihr ein paar Flüche an den Kopf zu werfen, um dann angesichts der WechseljahrLaunen der Alten, der er als legitimer Ehefrau Respekt schuldete, die Schultern zu zucken. Jetzt war es etwas anderes. Er hatte ausdrücklich Befehl gegeben, daß kein Dominikaner, einschließlich der Familie Trujillo, auch nur einen einzigen Peso außer Landes bringen durfte, solange die Sanktionen andauerten. Er würde ihn nicht zulassen, diesen Wettlauf der Ratten, die versuchten, ein Schiff zu verlassen, das am Ende tatsächlich sinken würde, wenn die gesamte Besatzung, angefangen bei den Offizieren und dem Kapitän, die Flucht ergriffe. Nein, verdammtnochmal. Hier hatten sie zu bleiben, Verwandte, Freunde und Feinde, mit allem, was sie besaßen, um zum Kampf anzutreten oder die Knochen auf dem Feld der Ehre zu lassen. Wie die marines, verdammt. Blöde alte Vettel. Es wäre ungleich besser gewesen, sie zu verstoßen und eine der herrlichen Frauen zu heiraten, die durch seine Arme gegangen waren; die schöne, fügsame Lina Lovatón zum Beispiel, die er auch für dieses undankbare Land geopfert hatte. Er würde die Vortreffliche Dame heute abend zur Rede stellen und sie daran erinnern müssen, daß Rafael Leónidas Trujillo Molina nicht Batista war oder das Schwein Pérez Jiménez oder der Frömmler Rojas Pinilla, nicht einmal der pomadisierte General Perón. Er würde seine letzten Jahre nicht als pensionierter Staatsmann im Ausland verbringen. Er würde bis zur letzten Minute in diesem Land leben, das dank seiner aufgehört hatte, eine Stammesgesellschaft, eine Horde, eine Karikatur zu sein, und sich in eine Republik verwandelt hatte.
    Er bemerkte, daß der Flüssige Verfassungsrechtler noch immer zitterte. Schaumiger Speichel klebte auf seinem Mund. Seine kleinen Augen hinter den beiden Fettwülsten seiner Lider öffneten und schlössen sich hektisch. »Da ist also noch etwas. Was?«
    »In der letzten Woche habe ich Sie darüber informiert, daß es uns gelungen war, die Blockade der Zahlung der Lloyd’s Bank in London für die in Großbritannien und in den Niederlanden verkaufte Zuckerlieferung zu vermeiden. Ein unerheblicher Betrag. Etwa sieben Millionen Dollar, von denen vier auf Ihre Unternehmen entfallen und die übrigen auf die Zuckermühlen der Vicini und die Central Romana. Ihren Anordnungen folgend habe ich Lloyd’s gebeten, diese Devisen an die Zentralbank zu überweisen. Heute morgen teilte man mir mit, man habe einen Gegenbefehl erhalten.«
    »Von wem?«
    »Von General Ramfis, Chef. Er telegrafierte, man solle den Gesamtbetrag nach Paris schicken.«
    »Und Lloyd’s in London ist voll von Schwachköpfen, die den Gegenbefehlen von Ramfis gehorchen?« Der Generalissimus sprach langsam, bemüht, nicht zu explodieren. Dieser alberne Unsinn kostete ihn viel zu viel Zeit. Außerdem schmerzte es ihn, daß die Gebrechen seiner Familie vor Fremden bloßgestellt wurden, auch wenn diese sein Vertrauen genossen. »Sie sind dem Ansinnen von General Ramfis noch nicht gefolgt, Chef. Sie sind unsicher, deshalb haben sie mich angerufen. Ich habe sie noch einmal daraufhingewiesen, daß das Geld an die Zentralbank überwiesen werden muß. Aber da General Ramfis Vollmachten von Ihnen besitzt und andere Male Gelder abgehoben hat, wäre es das beste, Lloyd’s mitzuteilen, es habe ein Mißverständnis gegeben. Um das Image zu wahren, Chef.«
    »Ruf ihn an, und sag ihm, er soll sich bei Lloyd’s entschuldigen. Noch heute.«
    Chirinos rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. »Wenn Sie es befehlen, werde ich es tun«, murmelte er. »Aber erlauben Sie mir eine Bitte, Chef. Von Ihrem alten Freund. Vom treuesten Ihrer Diener. Ich habe mir schon den Groll von Doña Maria zugezogen. Machen Sie mich nicht auch noch zum Feind Ihres ältesten Sohnes.« Sein Unbehagen war so offensichtlich, daß Trujillo ihm zulächelte.
    »Ruf ihn an. Hab keine Angst. Ich werde noch nicht sterben. Ich werde noch zehn Jahre leben, um mein Werk zu vollenden. Das ist die Zeit, die ich brauche. Und du wirst bis zum letzten Tag bei mir sein. Denn du bist einer meiner besten Mitarbeiter, auch wenn du häßlich, betrunken und schmutzig bist.« Er machte eine Pause und fügte etwas hinzu, das ungewöhnlich war in seinem Mund, während er den Lebenden Dreck mit der

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