Das Fest
gewesen und ganz aufgeregt. Ich habe ihm schon von Weihnachten hier erzählt — von dem Baum, den Dekorationen, Frosty auf dem Dach, der Weihnachtsparty. einfach von allem. Schneit es bei euch, Daddy? Enrique hat noch nie weiße Weihnachten erlebt.«
»Nein, Liebes, es schneit noch nicht. Ich gebe dir mal deine Mutter.« Luther reichte Nora das Telefon. Sie nahm es entgegen, obwohl das eigentlich unnötig war.
»Blair — wo bist du, Schatz?«, fragte Nora und schaffte es tatsächlich, begeistert zu klingen.
»Im Flughafen von Miami, Mom. Wir werden um kurz nach sechs zu Hause sein. Enrique wird dir bestimmt gefallen, er ist so lieb, und außerdem sieht er einfach umwerfend aus! Wir sind vollkommen verrückt nacheinander. Die Hochzeit können wir ja alle zusammen besprechen, sobald wir da sind. Ich hatte an nächsten Sommer gedacht, was meinst du?«
»Ah, wir werden sehen.«
Luther ließ sich wie vom Schlag getroffen auf das Sofa fallen.
Blair plapperte überschwänglich weiter. »Ich habe ihm alles über Weihnachten in der Hemlock Street erzählt, über die Kinder, die Frostys, die große Feier in unserem Haus. Ihr gebt doch auch in diesem Jahr die Party, nicht wahr, Mom?«
Luther stöhnte, dem Tode nahe, und Nora beging den ersten Fehler. Angesichts der Panik des Augenblicks konnte man ihr keinen Vorwurf aus ihrer Verwirrung machen. Was sie hätte erwidern sollen und wovon sie hinterher wünschte, sie hätte es gesagt, und was Luther im Nachhinein als einzig mögliche Antwort bezeichnete, war Folgendes: »Nein, Schatz, wir geben dieses Jahr keine Party.«
Aber in jenem Moment war überhaupt nichts klar, deshalb sagte Nora: »Selbstverständlich.«
Luther stöhnte noch einmal auf. Nora starrte ihn an, den gefallenen Strandgigolo in seinem lächerlichen Kostüm, der dalag wie angeschossen. Sie hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.
»Wie schön! Enrique wollte immer schon einmal Weihnachten in den Staaten miterleben. Ist das nicht eine wundervolle Überraschung, Mom?«
»Oh, Liebling, ich freue mich so«, presste Nora hervor — gerade überzeugend genug. »Wir werden viel Spaß haben.«
»Aber bitte keine Geschenke, Mom. Das musst du mir versprechen. Ich wollte euch mit meiner Heimkehr überraschen, aber ich möchte nicht, dass du und Daddy jetzt noch in der Stadt herumrennt und einen Haufen Geschenke kauft. Versprochen?«
»Versprochen.«
»Super. Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen.«
Du bist doch erst seit einem Monat fort, hätte Luther am liebsten gerufen.
»Und das ist auch wirklich in Ordnung, Mom?« Als hätten Luther und Nora eine Wahl. Als könnten sie sagen: »Nein, Blair, du kannst zu Weihnachten nicht nach Hause kommen. Kehr um und geh zurück in den Dschungel, Schatz.«
»Ich muss los. Wir fliegen von hier nach Atlanta und dann weiter nach Hause. Könnt ihr uns am Flughafen abholen?«
»Natürlich, Schatz«, antwortete Nora. »Kein Problem. Sagtest du, er sei Arzt?«
»Ja, Mutter, und er ist so wundervoll!«
* * *
Luther saß auf der Sofakante, vergrub das Gesicht in den Händen und schien zu weinen. Nora umklammerte mit der einen Hand das Telefon, stemmte die andere in die Hüfte, starrte den Mann auf dem Sofa an und überlegte, ob sie ihm den Apparat an den Kopf werfen sollte oder nicht.
Wider besseres Wissen entschied sie, es nicht zu tun.
Er öffnete die Hände gerade weit genug, um fragen zu können: »Wie viel Uhr ist es?«
»Es ist Viertel nach elf am vierundzwanzigsten Dezember.«
Sie hielten lange wie erstarrt inne, bis Luther bemerkte: »Warum hast du ihr gesagt, dass die Party stattfindet?«
»Weil die Party stattfinden wird.«
»Oh.«
»Ich habe zwar keine Ahnung, wer unsere Gäste sein werden und was sie essen sollen, aber wir geben die Party.«
»Ich bin nicht sicher.«
»Sei bloß still, Luther! Schließlich war das deine blöde Idee.«
»Gestern hast du sie noch nicht blöd gefunden.«
»Tja, aber heute stehst du da wie ein Idiot. Wir werden diese Party schmeißen, Mr. Strandgigolo, und wir werden einen Baum aufstellen, mit Schmuck und Lichterketten, und du wirst deinen kleinen gebräunten Hintern auf das Dach schwingen, um Frosty zu montieren.«
»Nein!«
»Doch!«
Lange Zeit herrschte Schweigen. Luther hörte lediglich das laute Ticken der Küchenuhr. Vielleicht handelte es sich aber auch um sein pochendes Herz. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Shorts. Es war erst wenige Minuten her, dass er sie angezogen hatte, in
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