Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
zurückgewonnene Kontrolle über sein Leben. Kräfte, die gegenüber all seinen Hoffnungen und Träumen absolut teilnahmslos waren, packten ihn und löschten ihn samt seiner erträumten Zukunft restlos aus.
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Bernd stellte fest, dass die Mohnschnecke überraschend lecker war. Dafür ließ der Cappuccino etwas zu wünschen übrig, aber was sollte man da machen? Er saß eben nicht in seinem Lieblingscafé am Alsterufer in Hamburg, sondern in der Güstriner Fußgängerzone in einer Bäckerei, deren Inhaber einen Batzen Geld in die Hand genommen hatte, um einen Teil seines Ladens in einen modernen Coffeeshop umzubauen.
Vielleicht war es einmal mehr eine falsche Entscheidung von ihm gewesen, Katja allein losziehen zu lassen. Doch er war eben ein Mann mit festen Prinzipien, auch wenn es nicht sehr viele waren. Eines davon war, anderen Menschen möglichst nicht vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatten. Ein anderes – und das war in diesem Fall sicher das entscheidendere – bestand darin, sich nicht wissentlich in Situationen hineinzubegeben, in denen er Gefahr lief, dieBeherrschung über sich zu verlieren. Ein Treffen mit diesem Spinner Thies Lüdersen wäre genau in diese Kategorie gefallen. Außerdem hatte er seine bestellten Bücher bei dem netten Mädchen mit den rosa Haaren abgeholt. Es hatte ihm sogar dabei geholfen, sie zum Auto zu tragen. Bevor er sich aufgemacht hatte, nach einem Ort für einen Mittagsimbiss zu suchen, und dabei in diesem Coffeshop gelandet war, hatte er sich aus einem der drei großen Kartons wahllos ein Buch gegriffen. ›Kreuz, Halbmond, Davidstern – Religiöse Symbole und ihre Bedeutung‹ hieß es, und es war ungefähr so trockene Lektüre, wie sein Titel vermuten ließ. Noch dazu hatte es eindeutig nicht genug Illustrationen, als dass man es eben entspannt zum Cappuccino hätte durchblättern können, um einen groben Überblick über den Inhalt zu bekommen. Trotz der Anschaffung seiner kleinen Fachbibliothek war sich Bernd generell nicht sicher, ob Katja sich da nicht in etwas verrannte. Wie sollte es ihnen bei der Suche nach Frieders Mörder denn weiterhelfen, wenn sie wussten, was es mit der Rune auf sich hatte, die ihm in die Stirn geritzt worden war? Er hatte nicht gewagt, Katja danach zu fragen, was sie sich von dieser Erkenntnis erhoffte, nachdem sie von ihrem Gespräch mit Erika Saalfeld zurück war. Sie war ziemlich geladen gewesen, und er hätte sich nur einen dummen Spruch von ihr abgeholt.
Bernd klappte das Buch zu und beschloss, sich auf eine andere Idee zu konzentrieren, auf die ihn Thilo Saalfeld gebracht hatte. Eine »Spur« wollte er das Ganze noch nicht einmal sich selbst gegenüber nennen. Er war ja nicht seine Patentochter, die in ihrem Eifer dazu übergegangen war, sich auf jeden noch so winzigen Anhaltspunkt zu stürzen wie der Habicht auf die Feldmaus. Noch während er überlegte, welcher seiner alten Freunde und Kontakte ihm die passenden Auskünfte liefern könnte, klingelte sein Handy. Der Name auf dem Display war eine Überraschung. Ob es eine böse war, würde sich erst noch zeigen.
»Hallo, Susanne. Geht deine Tochter nicht ran, oder warum versuchst du es bei mir?«, begrüßte er Katjas Mutter.
»Mir war nur danach, mich mit einem arroganten Schnösel zu unterhalten«, gab sie zurück. »Hast du einen Moment Zeit?«
»Für meine glühendste Verehrerin doch immer.«
»Ich mache mir Sorgen«, sagte Susanne ernst, ein klares Signal, dass das Vorgeplänkel für sie vorüber war. »Wie geht es ihr?«
»Warum fragst du sie nicht selbst?«
»Du weißt, wie sie ist.« Ein Seufzen. »Sie redet nicht gern über ihre Gefühle.«
»Von wem sie diesen zauberhaften Charakterzug wohl hat …«
»Bernd, bitte.«
Bernd horchte auf. Susanne war normalerweise nicht der Typ Mensch, der das Wort »bitte« verwendete.
»Ich bin im Moment auch neben der Spur«, gestand sie.
»Wahrscheinlich aus den gleichen Gründen wie Katja. Frieders Tod nimmt sie richtig mit.« Er zweifelte keine Sekunde daran, dass Katja ihm für diese Einschätzung eine schallende Ohrfeige verpasst hätte – noch dazu, weil er sie ausgerechnet mit ihrer Mutter teilte. Darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Katja wäre so oder so völlig ausgerastet, wenn sie auch nur geahnt hätte, worauf sich seine Schwierigkeiten gründeten, Susanne gegenüber die Klappe zu halten. Er hätte es ihr nicht übel genommen. Was damals zwischen ihren Eltern und ihm passiert war, war weder leicht zu
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