Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
auszusprechen, die Möhrs höchstwahrscheinlich zu seinem Nachfolger machen würde. Die brenzlige Situation mit Klaws hatte er auch gelöst, ohne dass er sich irgendetwas vorzuwerfen hätte. Eigentlich war alles in Butter. Aber warum stand ihm dann nach wie vor der kalte Schweiß auf der Stirn? Und warum zitterten seine Hände? Das Aufheulen eines Motors versetzte Möhrs einen leichten Schrecken, auf den er gut hätte verzichten können.
Ein grüner Polo mit Lübecker Kennzeichen brauste die Straße hinunter und parkte schwungvoll in eine schmale Lücke vor der Feuerwache ein. Als Möhrs erkannte, wer hinterdem Steuer saß, ahnte er, dass dieser fast vergangene Tag noch mindestens eine weitere Überraschung für ihn bereithielt.
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Als Katja zuschaute, wie die Rücklichter des Toyotas hinter der nächsten Kurve verschwanden, beschäftigte sie eine schwierige Frage. Hätte sie Thilo zum Abschied küssen sollen? Nur auf die Wange, nicht auf den Mund natürlich. Man musste es ja nicht gleich übertreiben. Geschadet hätte es sicher nicht. Doch was hätte sie davon gehabt? Er würde nach Marburg gehen, um sein Studium zu beenden, sobald seine Mutter wieder aus der Klinik war. Ihre eigene Zeit in Güstrin war so gut wie vorüber. Vor ihrer Heimkehr nach Hamburg stand nur noch die Beerdigung von Frieder an. Und danach? Sie war nicht der Typ für Fernbeziehungen. Sie hatte es ausprobiert. Zweimal. Erst mit einem charmanten Grafikdesigner aus München, den sie übers Internet kennengelernt hatte, und danach mit einem älteren Journalistenkollegen, der in London lebte. Beide Male hatte es nicht geklappt, und das lag eindeutig an ihr. Sollte sie Thilo das Gleiche antun?
Im »Hirschhof« brannte noch Licht in der Rezeption. Veronika stand hinter dem Tresen, in einem schwarzen Mantel mit Schulterlitzen und Messingknöpfen. Dass sie das Haus verlassen wollte, war nicht zu übersehen.
»Hallo. Wartest du auf mich?«, fragte Katja eher im Scherz.
Veronika nickte ernst. »Ich muss dir etwas zeigen. Es hat mit Thies zu tun. Ich hätte Bernd gefragt, aber er schläft.«
Katja fühlte sich ein wenig überrumpelt und gleichzeitig genervt, dass Lüdersen sie scheinbar noch aus dem Totenreich überallhin verfolgte. Veronikas gerötete Wangen und der gehetzteAusdruck in ihren Augen hielten sie jedoch von einer schnippischen Bemerkung ab. Die Frau vor ihr war vollkommen aufgewühlt. Wurde ihr erst jetzt richtig bewusst, was für Konsequenzen ihre Affäre mit Lüdersen für ihr eigenes Leben haben könnte? Oder hatte sie den Bullen absichtlich etwas verheimlicht und bereute das nun zutiefst? »Bist du sicher, dass du das nicht mit der Polizei regeln solltest?«
»Nein, das ist es ja.« Veronika spielte nervös mit einem Schlüsselbund, den sie in der Hand hielt wie einen Rosenkranz. »Ich will erst wissen, was du davon hältst.«
Katja zögerte nur eine Sekunde. Sie konnte nicht aus ihrer Haut. Ihre natürliche Neugier als Journalistin vermischte sich mit ihrer persönlichen Betroffenheit, was Lüdersen und seine Taten anging. »Was ist es?«
»Es ist schwer zu beschreiben.« Veronika schluckte. »Ich habe Angst, dass du mich für verrückt hältst, wenn du es nicht mit eigenen Augen siehst.«
In Katja regte sich ein Verdacht, woher Veronikas Besorgnis rührte. »Hat es was mit den Dingen zu tun, an die er geglaubt hat?«
»O ja.« Veronikas Stimme war scharf und schneidend. »Und damit, was für ein abgrundtief verkommener Mensch er war.«
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Aysel Özen hatte an alles gedacht. Auf ihrer Fahrt von Lübeck nach Güstrin hatte sie sogar einen kleinen Zwischenstopp eingelegt, um Möhrs ein Abendessen zu besorgen. Zwei Cheeseburger. Ohne Gurke, so wie er sie am liebsten aß. Sie waren zwar kalt, aber trotzdem lecker. In dieser Hinsicht war er kein Kostverächter.
Er hatte sich auf den Beifahrersitz ihres Polos gequetscht. Das war immer noch besser, als das anstehende Gespräch über die ersten Ergebnisse ihrer Obduktion der Leiche von Thies Lüdersen mitten auf dem Bürgersteig vor der Feuerwache zu führen.
»Warum bist du hergekommen? Warum hast du mich nicht angerufen?«, wollte er als Erstes wissen.
»Um mir zwei Dinge zu ersparen, Lukas«, antwortete sie gereizt. »Erstens, dass du mir wieder das Gefühl gibst, ich hänge mich an einem unwichtigen Detail auf. Wie bei der Sache mit dem Glasauge. Und zweitens hatte ich keine Lust darauf, abgewürgt zu werden, weil du etwas Dringenderes zu tun hast. Zum Beispiel, dich von
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