Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
fortmuss. Er schreibt mir einfach nur einen Zettel, den er mir an die Tür hängt. ›Bin auf Landgang.‹ Mehr nicht. Das reicht mir auch schon.« Mit einer Geschwindigkeit, die Möhrs nach all der Trägheit ihrer Bewegungen schier zusammenzucken ließ, stand sie auf, wandte sich zum Fenster und schlang die Arme um den Oberkörper. »Seien Sie ehrlich zu mir, Herr Kommissar. Er ist es. Der Tote, den Sie in der Asche gefunden haben. Das ist mein Mann, oder?«
»Die Leiche ist noch nicht identifiziert.« Er rang kurz mit sich und fügte dann hinzu: »Es spricht jedoch manches dafür, dass es sich bei dem Toten um ihn handelt.«
Sie nahm die Nachricht mit einem knappen Nicken zur Kenntnis. »Wissen Sie«, sagte sie nachdenklich, »vielleicht war es nur eine Frage der Zeit, bis ihm etwas zustößt.«
»Wie meinen Sie das?«
Sie drehte sich zu ihm um, und ihr Gesicht zeigte einen verhaltenen Vorwurf. »Ermitteln Sie etwa nur in diesem Fall?«
»Nein.« Möhrs entschloss sich, den Köder zu schlucken, den sie da ausgeworfen hatte. »Ich ermittle auch im Fall Frieder Jakobs. Kannten Sie ihn?«
»Flüchtig.« Sie griff nach einem Apfel in einer Obstschale, in der alle Früchte so perfekt und makellos aussahen, dass man sie mit Plastikobst hätte verwechseln können. »Und was ist mit dem Unfall von Peter Frigge? Ermitteln Sie da auch?«
Die besondere Betonung auf »Unfall« war Möhrs nicht entgangen, aber er war trotzdem nicht bereit, Lippert gegenüberalle Karten auf den Tisch zu legen. »Sollte ich da denn auch ermitteln?«
»Mein Mann hat nicht an einen Unfall geglaubt.« Sie zog ein großes Messer aus einem Block auf der Anrichte. »Er meinte, etwas wäre da nicht mit rechten Dingen zugegangen.«
Möhrs ließ die glatte Stahlklinge nicht aus den Augen. »Peter Frigge wäre nicht der Erste, der bei einer Feier einen über den Durst trinkt und anschließend an einem Baum landet. So etwas passiert fast jeden Tag irgendwo, ganz ohne Fremdverschulden.«
»Hm.« Lippert legte den Apfel auf ein Brettchen und schnitt ihn in der Mitte durch. Die beiden Hälften klappten auseinander. »Kann schon sein.« Sie hielt das Messer schräg. Der Saft der geteilten Frucht, der noch an ihm haftete, rann der Spitze entgegen. »Mein Mann hatte andere Erklärungen. Manchmal werden Leute auch von der Straße abgedrängt. Oder man mischt ihnen etwas in ein Getränk, das ihre Reflexe verlangsamt.« Lippert nahm eine der Apfelhälften. »Möchten Sie ein Stück?«
Möhrs lehnte dankend ab. »Wie kam Ihr Mann darauf, dass ihm jemand nach dem Leben trachtet?«
»Das habe ich ihn auch gefragt.« Sie spülte das Messer gründlich ab und rieb es mit einem Geschirrhandtuch trocken. »Und wissen Sie, was er zu mir gesagt hat?« Mit einem tiefen Seufzer steckte sie das Messer zurück in den Block. »Es wäre besser, wenn ich es nicht weiß. So, wie es besser wäre, dass ich nicht weiß, was er treibt, wenn er auf einem seiner Landgänge ist.«
44
Der Wackeldackel auf seinem Schreibtisch grinste Möhrs dämlich an, als er in der Adressdatenbank seines Rechners nach der privaten Handynummer von Aysel Özen suchte. Die Pathologin nahm den Anruf nach dem zweiten Klingeln entgegen.
»Mit dir habe ich schon gerechnet, Lukas«, war ihre heitere Begrüßung.
»So?«
»Ja. Weißt du, Güstrin findet nicht jeden Tag bei ›Spiegel online‹ Erwähnung. Ich hoffe, dein Lokalpatriotismus überlebt das. Warum rufst du eigentlich auf meiner privaten Nummer an?«
»Es ist Ostersonntag.«
»Eben. Der perfekte Tag für den Bereitschaftsdienst. Ich stehe nicht so auf Eiersuchen.«
Möhrs sparte sich eine anzügliche Bemerkung. »Dass du so arbeitswillig bist, trifft sich gut. Ich wollte dich nämlich darum bitten, ob du die Leiche übernehmen könntest, die gerade auf dem Weg zu euch ins Institut ist.«
»Ganz ehrlich jetzt, Lukas«, ächzte sie. »Ich würde mich wirklich freuen, wenn du mir einmal ein normales Geschenk machen würdest. So eins, wie es sich Freunde machen, weißt du.«
»Ich schau mal, ob ich an irgendeiner Tankstelle noch einen Schokohasen für dich organisiert kriege«, bot er ihr an.
»Aber bloß keinen mit Nüssen. Dagegen bin ich allergisch.«
»Keine Nüsse.« Er fragte sich, wie sie sein Grinsen gedeutet hätte. »Ist gebongt. Ich hätte da noch eine andere Bitte, wenn es nicht zu viel verlangt ist.«
»Für dich tue ich doch alles.«
»Sehr nett. Ist auch wirklich nichts Großes. Es wäre mir sehr recht, wenn du dir
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