Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
AKW-Mitarbeiter. Man kann es nicht mehr leugnen. Irgendwer hat es auf die Jungs abgesehen.« Mit seinen haarigen Knöcheln klopfte Barswick auf eine dicke Akte. »Und nur damit du mir jetzt nicht vorschlägst, deine Freundin Erika Saalfeld zu verhaften: Wir waren schon bei ihr. Die hat ein Alibi. Von Freitag auf Samstag saß sie bis morgens um halb fünf mit ihrem Sohn und einem Nachbarn im Garten. Sie haben angeblich bei ein paar schönen Flaschen Rotwein über die Energiewende diskutiert.«
»Sei’s drum.« Möhrs zuckte die Achseln. »Lippert ging den Angaben seiner Frau zufolge regelmäßig in Puffs oder zu Huren, wenn ich sie da richtig interpretiert habe. Ich habe Leute losgeschickt, die die Bordelle und Saunaclubs der Umgebung mal abklappern sollen. Vielleicht ist er am Freitagabend irgendwo gesehen worden. Ich könnte mir vorstellen, dass da möglicherweise die Verbindung liegt. Und weniger in der Tatsache, dass die drei Opfer alle im Kraftwerk gearbeitet haben. Was, wenn sie sich mit irgendjemandem im Rotlichtmilieu angelegt haben? Sie sind alle früher zur See gefahren, und Seeleute haben traditionell weniger Hemmungen, mal den einen oder anderen Abstecher zu machen, wenndu verstehst, was ich meine. Und es könnte sein, dass sie da jemandem auf die Füße gestiegen sind, dem man besser nicht auf die Füße steigt.«
»Nicht, dass uns das irgendwie entscheidend weiterbringt.« Barswick zog eine missmutige Miene. »Wenn die Herren aus dem AKW wüssten, warum es wer auf sie abgesehen hat, hätten sie uns das gesagt. Oder sie wissen es und haben ihre Gründe, es uns nicht zu sagen. Das Ergebnis ist das gleiche. Wir stehen völlig im Wald. Alles, was wir haben, sind drei Tote.«
»Drei Opfer.« Möhrs verwandelte die Vorlage, die sein Chef ihm geliefert hatte. »Man könnte also von einem Serienmörder sprechen.«
»Richtig. Wenn du es unbedingt so nennen willst.« Barswick ächzte und suchte Möhrs’ Blick. »Soll ich dir was sagen, Lukas?«
»Was?«
»Ich werde wirklich zu alt für diesen Job.«
»Komm, hör auf. Du – «
»Ich meine es ernst.« Barswick lächelte grimmig. »Ich werde nicht mehr ewig auf diesem Stuhl sitzen. Und ich könnte ruhiger schlafen, wenn ich wüsste, dass mein Nachfolger ein tüchtiger Mann ist.«
Möhrs schluckte. Warum erzählte er ihm das?
»Du weißt, dass ich große Stücke auf dich halte.«
Nein, das war Möhrs neu. Und wenn es stimmte, hatte Barswick eine sehr komische Art, es ihm zu zeigen.
»Ich würde mir wünschen, dass du meinen Posten übernimmst«, sagte Barswick mit fester Stimme. »Aber es gibt viel Konkurrenz, und meine inoffiziellen Empfehlungen haben zwar Gewicht, eine Garantie allerdings sind sie nicht.«
Möhrs musste sich richtiggehend anstrengen, dass seine Schultern nicht nach vorn sackten. Insgeheim hoffte er, Barswick wolle ihm bloß einen Bären aufbinden. Wenn er etwas jetzt nicht gebrauchen konnte, dann noch mehr Druck.
»Falls du es schaffst, diesen Irren zu erwischen, haben wir beide die Munition, die wir brauchen, damit ich sorgenfrei in Pension gehen kann.« Das war genau der Satz, vor dem Möhrs sich gefürchtet hatte.
45
Gernot Burmester wohnte in einem Haus, bei dessen Anblick Katja sofort an eine Festung denken musste. Oder an ein Gefängnis. Die schmalen, schießschartenartigen Fenster des zweistöckigen Flachdachbaus aus grauem Waschbeton waren auf beiden Etagen vergittert. Der Vorgarten war kein Vorgarten mehr, sondern ein Vorplatz, weil er komplett mit grauen Steinplatten ausgelegt war. Die Zufahrt links des Hauses war von einem hellgrün gestrichenen Metalltor geschlossen, das zu hoch war, als dass man einen Blick in den Garten dahinter hätte werfen können. Auch die Eingangstür war aus Metall – Stahl, den man auf eine Weise gebürstet hatte, dass auf der mattglänzenden Fläche ein Muster aus Kreisen entstanden war.
»Wenn ich das so sehe, bin ich mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist«, sagte Katja und machte keinerlei Anstalten, den am Straßenrand geparkten Jaguar zu verlassen. Der Vorschlag, Gernot Burmester einen Besuch abzustatten, war auf Bernds Mist gewachsen. »Du meintest, er wäre gestern Abend fast so weit gewesen, mit dir über Frigges Autounfall zu sprechen.« Die Eröffnung, dass die letzte Feier in Frigges Leben im »Hirschhof« abgehalten worden war, hatte ihn nicht weiter beeindruckt. »Irgendwo müssen die Leute hier ja feiern. Und die Scheune ist für genau solche Anlässe auch sehr nett
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