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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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habe mit dem Innenministerium in Kapstadt gesprochen. Dort liegen Informationen vor, die besagen, dass die Schwarzen eine Racheaktion für die elf Toten planen. Einige heimliche SWAPO -Mitglieder, darunter vielleicht auch der selbst ernannte Historiker Horatio Mwasube, sollen bereits mit der Planung befasst sein. Er gibt sich offenbar als Angestellter der Universität in Windhoek aus, aber das ist er im Grunde nicht; er arbeitet meist nur kleinere Aufträge ab. Er hat auch nie regulär in Windhoek studiert.«
    »Horatio hat Abitur«, warf Ruth ein. »Außerdem hat er mir gegenüber nie behauptet, an der Universität eingeschrieben gewesen zu sein. Er ist dort als Hausmeister angestellt.« Sie hatte nicht vergessen, dass er von Schwierigkeiten gesprochen hatte, die ein Schwarzer an einer Universität hatte. Und auch nicht, dass sich bis heute kein Doktorvater für sein Projekt gefunden hatte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Was hat meine Großmutter damit zu tun, ob Horatio studiert hat oder nicht?«, fragte sie. »Im Augenblick ist mir wirklich gleichgültig, in wessen Diensten er steht. Ich möchte nur meine Großmutter zurück.«
    »Begreife doch, Liebes. Alles hängt mit allem zusammen. Jetzt jedenfalls wird Horatio womöglich von der SWAPO in Südafrika bezahlt. Und es heißt, diese plant einen Aufstand der Schwarzen in Namibia.«
    »Schön und gut, aber was hat meine Großmutter mit dem Aufstand der Schwarzen zu tun?«, wiederholte Ruth trotzig. »Warum in aller Welt hat Horatio sie entführt?«
    »Warum wohl? Weil sie das ›Feuer der Wüste‹ hat. Eine Revolution, ein Aufstand kostet Geld, Liebes. Und die Armen mögen Stolz und Wut und Kraft haben, aber an Geld mangelt es ihnen nun einmal.«
    »Sie hätten den Diamanten auch stehlen können, ohne Großmutter zu verschleppen. Es gibt einfach keinen Grund dafür, Henry.«
    Kramer zuckte mit den Schultern. »Was weiß denn ich, was in den Köpfen der Schwarzen vor sich geht? Haben sie jemals logisch gehandelt? Du denkst wie eine Weiße und misst ihr Handeln an deinem Handeln. Aber ein schwarzes Gehirn funktioniert nun einmal anders.«
    »Und was nun?«, fragte Ruth. Ihre Enttäuschung war so groß, dass sie regelrecht zusammensackte.
    Henry lächelte und zog sie eng an sich. »Jetzt musst du erst einmal etwas essen. Dann sehen wir weiter. Ich habe noch einige Leute auf die Sache angesetzt. Später, am Abend, erwarte ich Neuigkeiten.«
    »Also gehen wir raus?«, fragte Ruth, begierig darauf, endlich dieses trostlose Zimmer zu verlassen, begierig darauf, endlich etwas tun zu können, und sei es nur, auf der Straße die Augen aufzuhalten.
    »Ja, ich habe einen Tisch für uns reserviert.« Er sah auf seine Uhr. »Aber wir haben noch ein bisschen Zeit für etwas anderes.«
    Er zog Ruth in seine Arme und küsste sie lange und lustvoll. Seine rechte Hand griff nach ihrer Brust, streichelte sie.
    Ruth stand der Sinn nicht nach einem Schäferstündchen, doch sie wagte es nicht, sich Henry zu widersetzen. Sein Kuss und sein Griff nach ihrer Brust waren fordernd. Außerdem hatte er so viel für sie getan, dass Ruth glaubte, ihm etwas schuldig zu sein. Eine Hand wäscht die andere, dachte sie und knöpfte ihre Bluse auf, obwohl sie sich insgeheim wünschte, er möge etwas feinfühliger sein.
    Sie fuhren in ein Lokal, das nur wenige Straßenzüge vom Verwaltungsgebäude des Diamond World Trust entfernt lag. Ruth war entsetzt, wie lieblos, ja hässlich die Gastwirtschaft eingerichtet war. Halb verwelkte Blüten lagen als Dekoration auf den Tischen, sodass der ganze Raum wie eine Friedhofskapelle roch. Die Wände waren mit großblumigen grün-braunen Tapeten verziert, die eine düstere, beinahe bedrohliche Urwaldatmosphäre schufen. Selbst die Kellnerinnen trugen Schürzen mit floralen Mustern. Ruth fühlte sich wie lebendig begraben. Begraben unter einem Berg halbwelker Blumen und Kränze, erstickt vom Geruch des Vergänglichen.
    Auf der Speisekarte fehlten – wie immer, wenn sie mit Henry ausging – die Preise, und die Gerichte trugen seltsame Namen: »Meister Lampe in Wildthymian«.
    Zwar wusste Ruth sofort, dass mit »Meister Lampe« ein Hase oder ein Kaninchen gemeint war, doch die Vermenschlichung des Tieres ließ ihr die Haare zu Berge stehen. Sie war doch kein Kannibale!
    Sie entschied sich schließlich für ein Lammgericht, das mit Lavendelblüten und orangeroter Kapuzinerkresse serviert wurde, mit grüner Minze belegt war und einfach nur »Lamm im bunten Rock«

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