Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
Vom Netzwerk:
wollte.
    »Für das, was ich morgen vorhabe, brauche ich einen größeren Wagen, und außerdem muss meiner ohnehin in die Werkstatt. Wir steigen also kurz um, und dann geht es auch sofort in deine Pension«, erklärte er. Er half Ruth aus dem Wagen, schloss das Mercedes-Cabriolet ab, nahm Ruth bei der Hand und steuerte auf einen schwarzen Pick-up zu.
    Ruth zuckte zusammen, als sie die Marke des Wagens erkannte. Es war ein Chevrolet, ein schwarzer Chevy-Pick-up, ein Bakkie, wie ihn die Farmer fuhren. Sie beugte sich vorsichtig ein wenig nach vorn, um nach Kratzern Ausschau zu halten, die von einem Baum herrühren konnten, doch es war viel zu dunkel, um etwas zu erkennen.
    »Ist das dein Auto?«, fragte sie und konnte ein leichtes Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
    Henry Kramer schüttelte den Kopf. »Es ist ein Firmenwagen. Um im Sperrgebiet gut durchzukommen, braucht man einen Wagen wie diesen, mit starkem Antrieb und Ladefläche.«
    Obwohl ihr diese Erklärung einleuchtete, beschlich Ruth ein merkwürdiges Gefühl. Diesen Wagen hatte sie schon einmal gesehen, da war sie sich beinahe sicher.
    Kaum waren sie eingestiegen, gab Henry Gas, als wäre der Teufel hinter ihm her. Er fegte über die Hauptstraße, ohne nach links und rechts zu schauen, und fuhr auch an der Seitenstraße zur Pension vorbei.
    »Was hast du vor?«, fragte Ruth. »Wohin fahren wir?«
    »Mir ist gerade eine Idee gekommen«, sagte Henry. »Es gibt einen verlassenen Stollen bei unseren Minen. Viele Arbeiter, auch ehemalige Arbeiter, kennen ihn. Er wurde schon des Öfteren als Versteck für Schmugglerware oder Diebesgut benutzt. Womöglich ist auch deine Großmutter dort.«
    Ruth keuchte überrascht. Natürlich! Wo sollte man eine alte Frau mit einem Diamanten besser verstecken als in einem alten Diamantenstollen? »Schnell, schneller!«, drängte sie Henry und rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her.
    Horatio fiel ihr ein. Ob er von einem solchen Stollen wusste? Oder dieser Enkel von Davida Oshoha?
    Henry hielt den Wagen an einer Stelle, die so dunkel war, dass Ruth kaum die Hand vor Augen erkennen konnte. Aus der Ferne hörte sie das Meer rauschen.
    »Wo sind wir? Sind wir am Stollen?«, fragte sie und erschrak, als sie merkte, wie schrill ihre Stimme in der Stille der hereinbrechenden Nacht klang.
    »Ja.« Henry knipste eine Taschenlampe an, doch noch immer erkannte Ruth nichts, nur eine Landschaft mit aufgerissenem Bauch. Schwarz lag die Erde unter ihr, schwarz und sternenlos der Himmel darüber.
    Wie zwischen Himmel und Hölle, dachte sie.
    Henry nahm sie hart bei der Hand. »Komm!«
    »Au, du tust mir weh«, beklagte sich Ruth.
    »Ich werde dir gleich noch viel mehr wehtun.«
    Ruth erstarrte. Sie glaubte, sich verhört zu haben. »Was? Was hast du gesagt?«
    »Du hast mich schon richtig verstanden.« Seine Stimme klang auf einmal hart und feindselig. »Ich habe das Theater satt. Oder meinst du etwa, es hat mir Spaß gemacht, mich in der ganzen Stadt mit einem Moppel wie dir, einem ungezogenen Landei an der Hand, lächerlich zu machen?«
    Ruth war wie vor den Kopf geschlagen. Sie stand ganz starr, unfähig, zu denken oder zu handeln. Ganz hinten in ihrem Bewusstsein aber wuchs der Gedanke, dass dies hier kein Spiel war, ganz hinten dämmerte ihr, dass Henry nicht der war, für den sie ihn gehalten hatte. Sie löste sich aus ihrer Starre, trat nach ihm, wand sich, strampelte, schlug, doch er war stärker.
    Er packte ihre Arme, riss ihr die Beine weg und schleuderte sie grob auf den Boden. Als Ruth aufschrie, lachte Henry nur höhnisch. »Schreie nur, so laut du kannst. Hier hört dich ja doch niemand. Keiner, kein Schwein, verstehst du? Und abhauen kannst du auch nicht. Alles hier ist voller Löcher. Bis zum Morgengrauen wärst du mit Sicherheit in einem ehemaligen Stollen verschüttet. Nicht, dass mir das leidtun würde. Aber noch brauche ich dich. Die Alte will das Geheimnis des Diamanten nicht rausrücken.«
    » Du? Du hast meine Großmutter?« Ruth war so fassungslos, dass sie aufhörte, sich zu wehren, und es zuließ, dass Henry ihr die Hände auf dem Rücken fesselte.
    Rüde zerrte er sie hoch und stieß sie vor sich her bis zum Eingang des Stollens.
    » Du! Du hast also meine Großmutter entführt? Du warst das.« Ruth konnte es noch immer nicht fassen.
    »Natürlich. Was dachtest du denn? Es war einfach, den kleinen Jungen abzupassen und ihn mit dem Auto zu seinem Stamm zu fahren. Ich habe ihn sogar ans Steuer gelassen. Er

Weitere Kostenlose Bücher