Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
dann hätte er die Kirche tief greifender verändert als alle Heptarchen und Erzverweser in den letzten fünfhundert Jahren zusammen.
Oder sollte er die beiden Schwestern doch schonen? Wenn er immer höher in der Kirche aufstieg, mochte Michelle ihre vergangene Liebe zu ihm vielleicht wiederentdecken. Er war auch kein Krüppel mehr. Er hatte es erst zweimal seit seiner Heilung versucht, aber er wusste, er besaß nun wieder die Kraft, eine Frau zu lieben. Alles würde besser werden. Er stellte sich vor, wie er sich mit Michelle vergnügte und Lilianne
indes auf einen Feldzug nach Albenmark schickte. Auf dem Schlachtfeld vermochte die ehemalige Komturin Wunder zu vollbringen. Sie war zu kostbar, um sie wegen eines alten Grolls gegen ihre Schwester zu opfern. Vielleicht konnten durch Liliannes geschickte Kriegsführung die Elfen und die Brut ihrer Vasallenvölker vollständig vernichtet werden? Vielleicht konnte man sie gar zwingen, den Glauben an Tjured anzunehmen?
Honoré spürte sein Herz schneller schlagen. Kein Alkohol und kein Pfeifenkraut berauschten ihn so sehr wie seine Träume. Er konnte für Tjured und die Kirche eine ganze Welt gewinnen. Luc hatte ihm die Pforten dorthin geöffnet. Und auch wenn der Junge nicht mehr lebte, musste es möglich sein, diese Tat zu wiederholen! Sie würden neue Breschen in den magischen Schutzwall Albenmarks schlagen, so wie die Macht der Bronzeschlangen Breschen in die mächtigsten Festungswälle schlug. Albenmark war von nun an eine belagerte Festung!
Das Bild gefiel Honoré. Die Elfen hatten das Privileg verloren, allein den Weg von einer Welt in die andere zu finden. Nun konnten die Menschen es ihnen gleichtun. Zu schade, dass auch dieser weiße Fuchsmann verloren gegangen war! Sie mussten jemand anderes finden, der ihnen ein Tor öffnen konnte. Sie mussten mehr Gefangene machen! Die Fragenden würden ihnen schon ihre Geheimnisse entlocken.
Ein Hornsignal riss Honoré aus seinen Träumen. Der Türmer gab Alarm.
Honoré trat an seinen Arbeitstisch, um sein Fernrohr zu holen. Es war ein Beutestück. Die Handwerker der Anderen vermochten wahre Wunderdinge zu erschaffen. Man sollte nicht alle Kobolde töten. Sie mochten der Kirche noch sehr nützlich sein, wenn man sie erst überredet hatte, den Glauben an Tjured anzunehmen.
Der Primarch richtete das Glas auf den Horizont. Bald fand er die Umrisse eines kleinen Schiffs, das mit hoher Geschwindigkeit auf den Kriegshafen zuhielt. Das Schiff war seltsam besegelt. Und viel zu schnell! Suchten die Elfen nun nach Vergeltung?
Den meisten Offizieren war nicht bewusst, was auf der Rückkehr aus Albenmark geschehen war. Der kleine Segler, der so erfolgreich die Nachhut ihrer Flotte angegriffen hatte, war dem Gros der Streitkräfte verborgen geblieben. Und Honoré hatte alles dafür getan, dass diese Geschichte in der Flotte nicht die Runde machte. Offiziell befanden sich die fehlenden Schiffe auf einer Erkundungsmission in den Gewässern der fremden Welt. Niemand wäre verwundert, wenn sie nicht zurückkehrten.
Honoré hörte Schritte hinter sich auf der Treppe.
»Primarch!«
»Ich sehe das Schiff«, entgegnete er ruhig und senkte sein Fernrohr. Im Hafen wurden eine Galeasse und zwei Galeeren als Eskorte zum Auslaufen bereit gemacht. Schon wühlten die Ruder das stille Hafenwasser auf.
Der Primarch blickte zu dem Schemen am Horizont. Es würde knapp werden. Er sollte hinab in die Gewölbe unter dem Turm steigen. Selbst die Macht der Elfen würde sie nicht zum Einsturz bringen.
EIN SCHATTEN AM HORRIZONT
Außer Atem erreichte Alvarez die Windfänger. Kaum hatte er das Deck betreten, wurde die Laufplanke eingeholt. Der Capitano kam ihm entgegen. Und er schaffte es nicht, sein Mienenspiel unter Kontrolle zu halten.
»Mit Verlaub, Flottenmeister, glaubst du, es ist eine gute Idee, auf der Windfänger zu sein?«
Die große Galeasse nahm als letztes der drei Schiffe Kurs auf die Hafenausfahrt.
»Was willst du tun, Claude? Mich über Bord werfen lassen? «
Der Schiffskommandant zupfte nervös an seiner Nasenspitze. Dann wurde er sich der Geste bewusst und hakte die Hand an seiner Bauchbinde ein. »Bei Gott, ich sollte es tun. Und vielleicht würdest du mir schon in weniger als einer Viertelstunde dankbar dafür sein.«
Ein junger Deckoffizier eilte herbei. »Die Geschütze sind feuerbereit, Capitano.«
Claude blickte in Richtung des fernen Seglers, dessen Umrisse langsam im Dunkel der Dämmerung verschwammen. »Der verdammte
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