Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
lassen, damit du nicht allein …«
»Das wirst du nicht, mein Freund. Ich will jetzt allein sein!« Sie trat zur Seite und wartete, dass er ihr Gemach verließ.
DIE TAT EINER KÖNIGIN
Gishild warf einen langen Blick in den silbernen Handspiegel. Ganz gegen ihre Gewohnheiten hatte sie ein wenig Puder aufgelegt. Sie konnte das nicht! Sie sah aus wie eine Leiche, und dabei wollte sie königlich wirken. Sie hätte eine ihrer Damen rufen können … Aber das wollte sie nicht. Sie wollte niemanden sehen. Schon gar nicht irgendwelche Zofen oder Hofdamen, die sich über sie das Maul zerreißen würden, sobald sie durch die Tür hinaus waren.
Sie wusste, dass Erek dort draußen stand. Seit drei Tagen. Und obwohl sie auch ihn nicht sehen wollte, gab ihr das Halt. Es war gut, ihn zu haben. Jetzt fühlte sie sich wegen dieses Gedankens nicht mehr schäbig, nein … fast nicht mehr. Es war kein Verrat an Luc, so sollte sie das nicht sehen.
Sie biss die Zähne zusammen. Sie musste sich beherrschen. Sie war eine Königin und kein kleines Mädchen! Und doch reichte ein einziger Gedanke an Luc, und ihr standen erneut die Tränen in den Augen.
Sie hatte sich daran gewöhnt, von ihm getrennt zu sein. An ihn zu denken hatte nicht mehr geschmerzt. Sie war sich seiner Liebe immer sicher gewesen. Sie war da gewesen, in jedem Augenblick. Dieses Gefühl hatte in ihr leben können, ohne dass sie Luc sehen musste. Selbst in der Ferne war er ihr näher gewesen als die meisten Männer und Frauen bei Hofe, die täglich um sie waren. Dass er sterben könnte, daran hatte sie niemals gedacht. Er war ihr Ritter, der ihr ewige Treue geschworen hatte. Jetzt war ihr klar, wie kindisch sie gewesen war. Die Welt richtete sich nicht nach ihren Wünschen. Auch nicht, wenn sie Königin war.
Nun war es an der Zeit, so zu handeln wie eine Königin. So, wie Emerelle es sie gelehrt hatte! »Lasst sie hinein«, sagte sie mit lauter Stimme.
Die Tür zu ihrem Schlafgemach war nicht mehr verriegelt. Das war nicht mehr nötig. Alle dort draußen hatten inzwischen hingenommen, dass diese Kammer nur betreten würde, wen sie hier sehen wollte.
Als Yulivee eintrat, wurde es Gishild bewusst, wie lange sie ihre Freundin aus Kindertagen nicht mehr richtig angesehen hatte. Die Elfe war barfuß. Silberne Fußkettchen wanden sich um den linken Knöchel. Die weiße Seidenhose wurde von einem roten Wickelgürtel gehalten, der ihre mädchenhafte Taille betonte. Wo Krieger Dolche getragen hätten, steckten bei ihr Flöten im Gürtel. Aber der friedlich verspielte Eindruck täuschte. Sie war neben Emerelle und der Trollschamanin Skanga eine der mächtigsten Zauberinnen Albenmarks.
Über einer weißen Seidenbluse trug sie eine rote Weste mit
Goldstickereien. Ihr langes Haar war zu zwei Zöpfen geflochten, die sie zu einer eigenwilligen Turmfrisur gedreht hatte. Sie sah seltsam aus. Anders als die anderen Elfendamen.
Das Lächeln, mit dem sie Gishild bedachte, war echt. Vor langer Zeit einmal waren sie Freundinnen gewesen.
Die Königin blickte zu dem Brief, der auf der Kommode neben ihr lag. Sie straffte sich.
»Was ist geschehen?«
»Emerelle hat Luc töten lassen.« Gishild beobachtete sie genau. Hatte sie es gewusst? War ihr Erschrecken gespielt? Gishild war sich nicht sicher.
»Das kann nicht sein«, sagte Yulivee und klang dabei von ihren eigenen Worten überzeugt. »Ich weiß, die Königin hat noch Pläne mit ihm gehabt. Aus welchem Grund sollte sie ihn töten?«
»Er war bei dem Angriff auf Vahan Calyd dabei.«
Yulivee stutzte. »Ich habe davon gehört, dass einige Ritter und Soldaten hingerichtet wurden. Ich war erschüttert davon, dass Emerelle …«
Gishild lachte auf. Es war ein bellender Laut ohne Fröhlichkeit. »Wie großherzig von dir, erschüttert zu sein.«
Die Elfe wirkte verwundert. »Gishild, du …«
»Nein, ich habe euch Elfen lange genug zugehört.« Sie deutete auf Lucs letzten Brief. »Ich habe drei Tage lang über dein Volk nachgedacht, Yulivee. Euch als Freunde zu haben, das hat dem Fjordland über die Jahrhunderte nichts als Krieg und Tod gebracht. Schon zu Zeiten meines Urahnen Alfadas war es so. Das Fjordland musste bluten, weil er der Königin Emerelle in aussichtsloser Lage beigestanden hat. Und was ist nach all den Jahrhunderten der Dank? Deine Königin wusste um meine Liebe zu Luc. Warum musste er sterben? Ich bin mir ganz sicher, dass er kein Verbrechen begangen hat, für das er den Tod verdient hat. Diese Hinrichtung war
Weitere Kostenlose Bücher