Das Flammende Kreuz
Mund auf - Philip Wylies Großmutter genannt zu werden, beleidigte mich genauso sehr wie die Beschuldigung, ich hätte ihn ermuntert.
»Ihn ermuntert? Oh, du verdammter Idiot! Du weißt ganz genau, dass ich ihn nicht ermuntert habe!«
»Deine eigene Tochter hat dich mit ihm in den Stall gehen sehen! Schämst du dich denn gar nicht? Muss ich mich bei allem anderen, das es zu erledigen gilt, auch noch gezwungen sehen, den Mann herauszufordern?«
Ich spürte einen leisen Gewissensbiss, als ich an Brianna dachte, und einen schärferen bei der Vorstellung, dass Jamie Wylie zum Duell auffordern könnte. Im Augenblick trug er zwar kein Schwert, aber er hatte es mitgebracht. Entschlossen verdrängte ich beide Gedanken.
» Meine Tochter ist weder ein Dummkopf noch ein gemeines Klatschweib«, sagte ich immens würdevoll. »Sie würde sich nicht das Geringste dabei denken, dass ich mir ein Pferd anschauen gehe, und warum auch? Warum sollte sich überhaupt jemand etwas dabei denken?«
Er atmete mit geschürzten Lippen langsam aus und funkelte mich an.
»Ja, warum überhaupt? Vielleicht weil alle Welt gesehen hat, wie du auf dem Rasen mit ihm kokettiert hast? Weil aufgefallen ist, dass er dir gefolgt ist wie ein Rüde einer läufigen Hündin?« Er muss gesehen haben, wie sich mein Gesichtsausdruck nach diesen Worten gefährlich veränderte, denn er hustete kurz und redete hastig weiter. »Ich bin bereits von mehr als einer Person darauf angesprochen worden. Glaubst du, ich lasse mich gern öffentlich zum Gespött machen?«
»Du - du -« Ich bekam kaum Luft vor Wut. Am liebsten hätte ich auf ihn eingeschlagen, doch ich konnte sehen, dass man uns interessiert die Köpfe zuwandte. »Läufige Hündin? Wie kannst du es wagen, so etwas zu mir zu sagen, du verdammter Mistkerl!«
Er besaß den Anstand, ein leicht beschämtes Gesicht zu machen, obwohl er immer noch finster dreinblickte.
»Aye, nun gut. Ich hätte es nicht so ausdrücken dürfen. Ich wollte nicht - aber du bist mit ihm gegangen, Sassenach. Als hätte ich nicht genug zu bewältigen, muss meine eigene Frau... und wenn du zu meiner Tante gegangen wärst, wie ich dich gebeten hatte, wäre das alles gar nicht geschehen. Jetzt sieh, was du angerichtet hast!«
Ich hatte meine Meinung geändert, was das Duell betraf. Ich wünschte
mir, dass Jamie und Philip Wylie sich gegenseitig umbrachten, und zwar auf der Stelle, öffentlich und unter größtmöglichem Blutvergießen. Es war mir auch egal, wer uns zusah. Ich unternahm einen ernsthaften Versuch, ihn mit bloßen Händen zu kastrieren, und er packte meine Handgelenke und riss sie abrupt hoch.
»Himmel! Die Leute beobachten uns doch, Sassenach!«
»Das... interessiert... mich... nicht!«, zischte ich, während ich versuchte, mich zu befreien. »Lass mich verdammt noch mal los, und ich gebe ihnen etwas zu beobachten!«
Ich wandte den Blick nicht von seinem Gesicht ab, war mir jedoch auch bewusst, dass sich in der Menge auf dem Rasen eine ganze Reihe anderer Gesichter in unsere Richtung gedreht hatten. Auch Jamie merkte das. Er zog einen Augenblick die Brauen zusammen, dann setzte er plötzlich eine entschlossene Miene auf.
»Nun gut«, sagte er. »Sollen sie zusehen.«
Er schlang die Arme um mich, presste mich fest an sich und küsste mich. Da ich mich nicht befreien konnte, stellte ich meine Gegenwehr ein und erstarrte stattdessen wutentbrannt. In einiger Entfernung konnte ich ermunterndes Gelächter und ausgelassenes Johlen hören. Ninian Hamilton rief etwas auf Gälisch, und ich war froh, dass ich es nicht verstand.
Schließlich löste er seine Lippen von den meinen, hielt mich jedoch weiterhin fest. Er senkte ganz langsam den Kopf, bis seine Wange kühl und fest an der meinen lag. Sein Körper war ebenfalls fest und alles andere als kühl. Seine Hitze übertrug sich durch mindestens sechs Stoffschichten auf meine Haut: Hemd, Weste, Rock, Kleid, Hemd und Korsett. Ob aus Wut oder Erregung oder einer Mischung aus beidem; er war angefacht und brannte wie ein Glutofen.
»Es tut mir Leid«, sagte er leise, und sein heißer Atem kitzelte mich im Ohr. »Ich hatte nicht vor, dich zu beleidigen. Wirklich. Soll ich ihn umbringen, und mich dazu?«
Ich entspannte mich ein wenig. Meine Hüften waren fest an ihn gepresst, und da wir dort nur fünf Stoff schichten zwischen uns hatten, wirkte dies sehr beruhigend.
»Vielleicht nicht sofort«, sagte ich. Mir war schwindelig durch den Adrenalinstoß, und ich holte tief Luft, um
Weitere Kostenlose Bücher