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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er zu mir gesagt. Wieder und wieder. ›Sie ist tot, du kannst ihr nicht helfen‹, hat er gesagt und mich festgehalten, damit ich mich nicht vor Verzweiflung aus der Kutsche warf.«
    Langsam zog sie ihre Hand von Brianna fort; sie hatte Unterstützung gebraucht, um ihre Geschichte zu beginnen, doch beenden konnte sie sie allein. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und drückten sich fest gegen das weiße Leinen ihres Hemdes, als wollte sie die Blutung des entweihten Mutterleibes stillen.
    »Inzwischen war es dunkel geworden«, sagte sie und ihre Stimme klang abwesend und fern. »Im Norden konnte ich das Glühen von Feuern am Himmel sehen.«
    Cumberlands Truppen verteilten sich, brandschatzend und plündernd. Sie erreichten auch Rovo, wo sich Clementina und Seonag mit ihren Familien aufhielten, und steckten das Gutshaus in Flammen. Jocasta erfuhr nie, ob sie bei dem Brand ums Leben gekommen waren oder später in der Kälte des Highlandfrühlings verhungert und erfroren waren.
    »Also hat Hector seine Haut gerettet - und die meine, was auch immer mir das damals bedeutet hat«, sagte sie, immer noch abwesend. »Und natürlich
hat er das Gold gerettet.« Ihre Finger suchten erneut nach dem Ring und drehten ihn langsam auf dem Holzstab, so dass die Steine im Schein der Lampe glitzerten.
    »In der Tat«, murmelte Jamie. Sein Blick war fest auf das blinde Gesicht gerichtet und beobachtete sie gebannt. Es kam mir plötzlich unfair vor, dass er sie so beobachtete, geradezu kritisch, während sie seinen Blick weder erwidern konnte, noch überhaupt wusste, wie er sie ansah. Ich berührte ihn, und er wandte das Gesicht zur Seite und sah mich an. Dann ergriff er meine Hand und drückte sie fest.
    Jocasta legte die Ringe beiseite und erhob sich, ruhelos jetzt, da der größte Teil ihrer Geschichte erzählt war. Sie trat an die Fensterbank, kniete sich dort hin und schob die Vorhänge zur Seite. Es war schwer zu glauben, dass sie blind war, wenn man sah, wie zielsicher sie sich bewegte - und doch war dies ihr Zimmer, ihr Raum, und jeder Gegenstand darin war gewissenhaft so positioniert, dass sie sich zurechtfinden konnte. Sie presste ihre Hände gegen das Glas und die Nacht dahinter, und rings um ihre Finger flammte ein weißer Nebel aus Kondenswasser auf wie kaltes Feuer.
    »Hector hat dies hier mit dem Gold gekauft, das wir mitgebracht haben«, sagte sie. »Das Land, die Mühle, die Sklaven. Um fair zu sein -« Ihr Tonfall ließ ahnen, dass sie nichts dergleichen vorhatte. »Ihren jetzigen Wert verdankt die Plantage zum Großteil seiner Arbeit. Aber es war das Gold, mit dem der Grundstein gelegt wurde.«
    »Und sein Eid?«, fragte Jamie leise.
    »Was soll damit sein?«, sagte sie und lachte kurz auf. »Hector hat stets praktisch gedacht. Die Stuarts waren am Ende; wozu hätten sie das Gold brauchen sollen, in Italien?«
    »Praktisch gedacht«, wiederholte ich und überraschte mich damit selbst; ich hatte nicht vorgehabt, etwas zu sagen, aber ich hatte den Eindruck gehabt, dass etwas Seltsames an der Art war, wie sie das sagte.
    Offensichtlich stimmte das auch. Sie wandte sich zu uns um und drehte sich meiner Stimme zu. Sie lächelte, doch mir lief bei diesem Anblick ein kalter Schauer über den Rücken.
    »Aye, er hat praktisch gedacht«, sagte sie und nickte. »Meine Töchter waren tot; er sah keinen Grund, eine Träne an sie zu verschwenden. Er hat nie mehr von ihnen gesprochen und hat auch nicht geduldet, dass ich es tat. Er war einmal ein Mann von Bedeutung gewesen und würde es wieder sein - das wäre hier nicht leicht gewesen, wenn jemand seine Geschichte gekannt hätte.« Sie atmete aus, ein heftiges Geräusch unterdrückter Wut. »Ich möchte behaupten, dass es niemanden in diesem Land gibt, der überhaupt weiß, dass ich einmal Mutter war.«
    »Du bist immer noch Mutter«, sagte Brianna leise. »So viel weiß ich genau. Mütter hören niemals auf, Mütter zu sein - ganz gleich, was geschieht.« Sie warf einen Blick in meine Richtung, und ihre blauen Augen begegneten
den meinen, dunkel und wissend. Ich spürte das Brennen der Tränen unter dem Lächeln, mit dem ich ihren Blick erwiderte. Ja, so viel wusste sie, und ich wusste es auch.
    Jocasta ging es nicht anders; ihre Gesichtszüge entspannten sich, und Sehnsucht trat an die Stelle der Wut und Verzweiflung ihrer Erinnerungen. Sie ging langsam zu Briannas Hocker hinüber und legte ihre freie Hand auf Briannas Kopf. Dort ruhte sie kurz, bevor sie hinunterglitt und ihre

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