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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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dass ich wieder frei herumlaufe.«
    »Meinen Sie nicht, dass Sie ein bisschen unter Verfolgungswahn leiden?«
    »Nein. Hören Sie, wenn Sie Informationen zu dem Mord haben wollen, kommen Sie in einer Stunde in den Fort Ward Park.« Der Park erinnerte an die Unionstruppen, die Washington gegen die Konföderierten verteidigt hatten. Er war gut erreichbar, und es gab dort sowohl freie Grünflächen als auch baumbestandene Areale.
    Angie blickte zwischen dem Aktenstapel auf ihrem Schreibtisch und der Digitaluhr hin und her. »Sie machen wohl Witze.«
    »Absolut nicht. Ms Carlson, dieser Mörder ist ein Irrer, und ich kann den Cops sagen, wer er ist.«
    »Was wollen Sie?«
    »Straffreiheit. Und zwar reichlich.«
    Sie nahm einen Kugelschreiber und kritzelte Kästchen auf ein Blatt Papier. »Lenny, das reicht nicht. Ich muss der Polizei mehr in die Hand geben.«
    »Sagen Sie ihnen, dass der Mörder seinem Opfer Verbrennungen zugefügt hat.«
    Angies Magen zog sich zusammen. Vor Jahren war ihrer Schwester von ihrem Angreifer ein regelrechtes Brandzeichen eingebrannt worden. »Was meinen Sie mit ›Verbrennungen zugefügt‹?«
    »Ich bin nicht sicher. Aber ich konnte es riechen. Ich habe sie schreien gehört.«
    Trotz ihrer Übelkeit nahm sie die Dringlichkeit in seiner Stimme wahr. »Wo ist das passiert?«
    »Bevor ich einen Deal mit den Cops habe, sage ich gar nichts.«
    »Welche Gerichtsbarkeit soll ich anrufen?« Nordvirginia bestand aus zwei Städten und mehreren Verwaltungsbezirken.
    Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Alexandria.«
    Das bedeutete Garrison. Scheiße. »Wenn Sie lügen, bring ich Sie um, das schwöre ich.«
    »Ich lüge nicht. Schaffen Sie die Cops dorthin, und ich gebe ihnen eine Adresse.«
    »Wer weiß, ob die sich auf einen Deal einlassen.«
    »Mit Ihnen verhandeln sie, Sie sind so was wie Superwoman.«
    »Superwoman.« In ihrer Stimme lag Bitterkeit. Vor langer Zeit war sie einmal eine unverbrauchte Anwältin gewesen, grün hinter den Ohren, voller Leidenschaft und entschlossen, die Unschuldigen zu verteidigen. Dann war ihr aufgegangen, dass die meisten Leute gar nicht so unschuldig waren, oder dass sie sich die Wahrheit zurechtbogen. Sie fühlte sich nicht mehr wie Superwoman.
    Lenny hob seine Stimme ein wenig. »Also, verhandeln Sie für mich?«
    »Sie haben mir nicht gerade viel erzählt.«
    »Das werde ich noch tun.«
    Zum ersten Mal seit langer Zeit dachte Angie mehr an das Opfer als an ihren Mandanten. »Okay, ich rufe ein paar Leute an.«
    »Machen Sie schnell. Fort Ward. In einer Stunde.« Er legte auf.
    Angie warf den Stift auf die Schreibtischplatte. »Verdammt.«
    »Was wollte er denn nun?«, fragte Iris.
    »Ein Treffen im Fort Ward Park. Mit der Polizei.«
    »Bitte sagen Sie, dass Sie sich nicht darauf eingelassen haben. Der Kerl ist ein Schwindler. Er trickst Sie nur aus.«
    »Diesmal bin ich mir nicht so sicher.«
    »Hören Sie, jeder, der lesen kann, weiß, dass Sie sich für Ihre Mandanten sämtliche Beine ausreißen. Die ganze Arbeit, die Sie ins Innocence-Projekt gesteckt haben, all die Jungs, die Sie aus dem Gefängnis geholt haben. Er verschaukelt Sie.«
    »Da wäre er nicht der Erste.« Wieder blickte sie auf ihre Unterlagen. Wenn sie in den Park ging, verlor sie mindestens zwei Stunden. Dann würde sie noch bis Mitternacht hier sitzen. Aber lieber arbeiten als zu Hause alleine trinken.
    Iris’ Stimme durchschnitt die Stille. »Wen wollen Sie denn bei der Polizei anrufen?«
    »Garrison.«
    »Oh, der wird sich freuen, mal wieder von Ihnen zu hören.« Ihre Worte klangen sarkastisch. »Kaum jemand hat den Mann jemals wütend erlebt, aber mit dem Freispruch für seinen Hauptverdächtigen haben Sie es geschafft.«
    Iris bezog sich auf den Fall Dixon. Garrison war nach dem Urteilsspruch zornig gewesen, aber es war sein Partner Malcolm Kier, der Angie später auf der Treppe des Gerichtsgebäudes abgepasst und sie als Abschaum beschimpft hatte. Sie war der Sache in Kiers Interesse nicht nachgegangen, doch die Worte des Detectives hatten bei ihr einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.
    »Wir sind alle erwachsene Leute, Iris. Ich biete ihnen nur Informationen an.«
    Sie suchte Garrisons Nummer in ihrem Handy und wählte. Er nahm beim zweiten Klingeln ab.
    »Detective Garrison.
    »Detective. Hier ist Angie Carlson von Wellington und James.«
    »Ja, Ms Carlson?« Die Stimme in der Leitung klang eisig. Ganz offensichtlich brodelten im Inneren des Detectives heftige Emotionen.

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