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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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als Rojer und Leesha sich dort einfanden, obwohl der neue Gasthof doppelt so groß war wie der alte, der im vergangenen Jahr abgebrannt war.
    Als sie eintraten, nickte Smitt ihnen zu und deutete dann mit dem Kinn auf das Hinterzimmer. Hastig drängelten sie sich durch die Menge und schlüpften möglichst unauffällig in den Raum, der durch eine schwere Tür von der Schankstube getrennt wurde.
    Der Tätowierte Mann war da und wanderte unruhig wie ein Tier auf und ab.
    »Ich sollte jetzt draußen sein und nach weiteren Überlebenden suchen, bevor die Nacht anbricht, anstatt auf eine Ratsversammlung zu warten«, murrte er.
    »Wir werden uns beeilen«, versprach Leesha, »aber dieses Gespräch ist sehr wichtig.«
    Der Tätowierte Mann nickte, doch an der Art, wie er seine Hände zu Fäusten ballte, erkannte sie seine Ungeduld. Im nächsten Moment öffnete Smitt die Tür und lotste Marick, Stefny, Fürsorger Jona, Erny und Elona in den Raum.
    Marick starrte den Tätowierten Mann an, obwohl der die Kapuze tief in sein Gesicht gezogen hatte und seine tätowierten Hände in den weiten Ärmeln seines Gewandes versteckte.
    »Bist du … derjenige?«, fragte Marick.
    Der Tätowierte Mann schlug seine Kapuze zurück und entblößte seinen völlig mit Siegeln bedeckten Kopf. Marick schnappte hörbar nach Luft.

    »Bist du wirklich der Erlöser, wie alle behaupten?«, japste er.
    Der Tätowierte Mann schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin nur ein Mann, der gelernt hat, Dämonen zu töten.«
    Jona stieß ein Schnauben aus.
    »Ist dir was im Hals stecken geblieben, Fürsorger?«, erkundigte sich der Tätowierte Mann.
    »Die anderen Erlöser haben sich selbst nie so bezeichnet«, erklärte Jona. »Es waren immer andere Menschen, die sie in diesen Rang erhoben haben.«
    Der Tätowierte Mann verzog widerwillig das Gesicht, doch Jona neigte lediglich sein Haupt vor ihm und schwieg.
    »Ich denke, das spielt keine Rolle«, meinte Marick, obwohl er ein wenig enttäuscht klang. »Im Übrigen hatte ich auch nicht erwartet, dass du einen Heiligenschein trägst.«
    »Was ist passiert?«, wollte der Tätowierte Mann wissen.
    »Vor zwölf Tagen überfielen die Krasianer Fort Rizon«, erzählte Marick. »Sie kamen in der Nacht, umgingen die Dörfer und überwältigten die Männer, die die Stadtmauer bewachten. Sobald der Morgen graute, öffneten sie dann die Tore der Hauptstadt. Wir lagen alle noch in unseren Betten, als das Morden anfing.«
    »Sie kamen in der Nacht?«, vergewisserte sich Leesha. »Wie ist das möglich?«
    »Sie besitzen Waffen mit Siegeln, die Dämonen vernichten können«, erklärte Marick. »Genauso wie ihr Talbewohner eure Waffen mit Siegeln verseht. Sie reden, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt als das Vernichten von Dämonen, und die Eroberung von Rizon war wohl eher etwas, womit sie sich bis zum Dunkelwerden die Zeit vertreiben konnten.«
    »Sprich weiter«, forderte der Tätowierte Mann ihn auf.
    »Nun ja, sie hatten es eindeutig auf die zentralen Getreidesilos abgesehen, denn die nahmen sie zuerst ein. Die Krieger
töteten jeden Mann, der sich zur Wehr setzte, und sie bestiegen jede Frau, die alt genug aussah, um schon zu bluten.« Er streifte die anwesenden Frauen mit einem verlegenen Blick und errötete.
    »Wir wissen, wozu Männer fähig sind, wenn sie glauben, sie kämen ungestraft davon«, versetzte Elona bitter. »Fahre mit deinem Bericht fort, Kurier.«
    Marick atmete tief durch. »An diesem ersten Morgen müssen sie Tausende umgebracht haben, und sie besetzten die Stadtmauer, um die anderen einzusperren. Wir wurden geschlagen, aneinander gefesselt und wie Vieh in Lagerhäuser getrieben.«
    »Wie gelang dir die Flucht?«, fragte der Tätowierte Mann.
    »Anfangs glaubte ich nicht, dass eine dieser Wüstenratten irgendeine zivilisierte Sprache spricht. Ich kenne ein paar Brocken dieses Wüstendialekts, die ich von anderen Kurieren aufgeschnappt habe, aber das sind hauptsächlich Flüche, nichts, um ein richtiges Gespräch anzufangen. Ich hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen, doch einen Tag später erschien ein Fettwanst auf der Bildfläche, der fließend Thesanisch sprach, wie ein Einheimischer. Er fing an, die Adligen, die Landbesitzer und die Handwerker auszusortieren und schleppte sie dann vor den krasianischen Herzog. Ich gehörte dieser Gruppe an.«
    »Du hast ihren Anführer gesehen?«, erkundigte sich der Tätowierte Mann.
    »Oh, und ob ich diesen verfluchten Dreckskerl gesehen habe! Sie

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